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«Es braucht innovative Angebote»

«Es braucht innovative Angebote» «Es braucht innovative Angebote»

Interview mit Einsiedelns Tourismusmanager Simon Elsener zur Gästesituation in Zeiten von Corona

Viele Schweizer werden diesen Sommer angesichts der Corona-Krise ihre Ferien in der Schweiz verbringen. Kann Einsiedeln mit dem Kloster und der wunderschönen Natur von dieser Situation touristisch profitieren? Simon Elsener, Geschäftsführer der Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG, zeigt sich im Interview eher skeptisch.

Anzahl ausländischer Gäste. Die Reisebeschränkungen werden sich nur sehr langsam lockern. Besonders Italien aber auch China und USA werden nur sehr langsam wieder in Bewegung kommen.

«Viele der traditionellen Pilgerfahrten sind jedoch bereits für 2020 aufgrund von Covid-19 abgesagt.»

Simon Elsener, Einsiedeln Tourismus

Und wie viele ausländische Gäste pilgern im Schnitt nach Einsiedeln?

In den letzten Jahren waren es rund 25 Prozent ausländische Gäste. Viele der traditionellen Pilgerfahrten sind jedoch bereits für 2020 aufgrund von Covid- 19 abgesagt. Zudem werden sich Personen der Risikogruppe in den kommenden 6 bis 12 Monaten äusserst zurückhaltend bei der Reiseplanung verhalten. Es besteht in diesem Sommer für Einsiedeln die Krux darin, dass viele internationale Pilger nicht ins Klosterdorf kommen werden. Wird es denn möglich sein, diesen Gästemangel durch Schweizer Gäste zu kompensieren?

Schweizer Tages- und Wochenendgäste werden das Klosterdorf Einsiedeln bestimmt in grösserer Zahl besuchen. Eine Kompensation der fehlenden ausländischen Gäste, welche in Einsiedeln auch ein Hotelzimmer buchen, wird nicht einfach werden. Durch die Verschiebung des Welttheaters auf 2021 werden zudem potenzielle Übernachtungsgäste auch aus der Schweiz fehlen.

«Ein Reka-Dorf oder Hotel wäre mittelfristig sicher ein Gewinn, um vermehrt auch Familien für die Region zu begeistern.»

Aufgrund der vorhandenen, touristischen Angebote sowie abgesagten Events kann Einsiedeln also nur teilweise von den Reisebeschränkungen ins Ausland und damit von zusätzlichen Schweizer Gästen profitieren. Touristen aus dem Inland kommen vor allem an den schönen Spitzentagen, wie Experten in der «Neuen Zürcher Zeitung » feststellen. Für eine genügende Kostendeckung brauche ein Tourismusbetrieb aber eine gute Durchschnittsauslastung. Diese würden oft ausländische Gäste bringen, die auch in der Zwischensaison kommen und deren Nachfrage weniger wetterabhängig ist. Welche Möglichkeiten sehen Sie generell, den Inlandtourismus nach Einsiedeln anzukurbeln und neue Gäste zu generieren? Wie wäre es denn in Zeiten von Corona mit Packages nach dem Motto: Natur, Gesundheit, Sport und Spiritualität?

Touristische Produkte werden mehrheitlich direkt durch die Leistungsträger der DestinationsowiedieHotelsangeboten.

Einen Hotelbesuch einer Familie mit dem Alpamare oder dem Kinderzoo zu verbinden, ist bestimmt eine gewinnbringende Möglichkeit. Neben den traditionellen Kloster-Führungen und der Weinkeller-Führung im Kloster wird die Einsiedeln- Ybrig-Zürichsee AG gemeinsam mit einigen Partnern auf den Herbst den bereits in der Schweiz bekannten «Food-Trail» neu auch in Einsiedeln realisieren und somit das Angebot im Bereich Genuss und Erlebnis um eine weitere Attraktion ausbauen.

Fehlen in Einsiedeln für den Inlandtourismus in grösserem Stil einfach die Hotelkapazitäten?

Passende Angebote für die entsprechenden Zielgruppen sind der Kern des Erfolgs. Hotels bilden den passenden Rahmen zum Übernachten und sie steigern dadurch die Wertschöpfung in der Region. Falls die Hotels in Einsiedeln ausgebucht sind, ergänzen weitere Betriebe in der Region wie zum Beispiel das Holiday Inn in Schindellegi , die Roggenstock Lodge im Ybrig oder das Seedamm Plaza in Pfäffikon das lokale Angebot in bester Qualität. Ein Reka- Dorf oder Hotel wäre mittelfristig sicher ein Gewinn, um vermehrt auch Familien für die Region zu begeistern. Was Urnäsch anbietet, kann unsere Region zwischen Zürichsee und Einsiedeln locker auch.

Könnte man durch noch mehr Carreisen einen Touristenschub nach Einsiedeln bewirken, oder lebt das Klosterdorf mehr vom individuellen Tagestourismus? In Zeiten von Corona wird sich zeigen, wie schnell Carreisen im grossen Stil realistisch sind. Der individuelle Gast ist für die kommenden Monate sicher gewinnbringender, jedoch braucht es auch mehr Energie, ihn zu akquirieren. Grundsätzlich ist in Einsiedeln auch in Zukunft ein gesunder Mix sinnvoll. Tendenziell ist Qualität vor Quantität nachhaltiger. Wie würde der Traumsommer für Sie als Tourismusmanager in Einsiedeln aussehen? Es braucht innovative Angebote und Übernachtungsmöglichkeiten, welche konsequent auf die Zielgruppen zugeschnitten sind. Dank eines top Preis-Leistungs- Verhältnisses und einem hohen Qualitätsstandard sind die Gäste begeistert und empfehlen unsere Region weiter. Bund und Öffentlichkeit müssen laut NZZ-Experten aber zur Kenntnis nehmen, dass mit einer Öffnung des Tourismus die Probleme der Branche nicht beseitigt sind. Viele Betriebe werden sich überlegen müssen, ob sie es sich überhaupt leisten können, den Betrieb aufzunehmen. Der Betrieb in Zeiten von Corona wird bestenfalls etwas Liquidität, in den wenigsten Fällen aber Kostendeckung bringen.

Wie viele Touristen aus der Schweiz hat eigentlich Einsiedeln im Schnitt pro Jahr? Die Mehrheit der rund 55’000 Gäste in Einsiedeln kommen aus der Schweiz – bis zu 75 Prozent. Danach folgen Touristen aus Deutschland, Österreich, Italien, USA und China.

Simon Elsener: Diesen Sommer werden Einsiedeln die ausländischen Touristen fehlen. Foto: zvg

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