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80 Prozent der Senioren wissen, wie und wo sie dereinst sterben wollen

80 Prozent der Senioren wissen, wie und  wo sie dereinst sterben wollen 80 Prozent der Senioren wissen, wie und  wo sie dereinst sterben wollen

Die Corona-Gefahr lässt die Nachfrage nach Patientenverfügungen markant steigen.

JÜRG AUF DER MAUR

Es sind ethisch heikle Fragen, die durch die Corona-Krise zum Alltag werden. Und sie beschäftigen insbesondere Angehörige der diversen Risikogruppen. Falls ich positiv getestet würde: Will ich mich ins Spital einweisen lassen? Möchte ich auf der Intensivstation behandelt oder allenfalls gar an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden?

Solche und ähnliche Fragen beschäftigen viele Leute auch im Kanton Schwyz. Das Bedürfnis nach Patientenverfügungen, um für den Fall der Fälle gerüstet und Angehörigen und Ärzten bei ihren schwierigen Entscheiden helfen zu können, ist in den letzten Wochen schweizweit grösser geworden.

Gesteigerte Nachfrage

Auch im Kanton Schwyz, wie Pro-Senectute-Geschäftsleiterin Edith Dürst auf Anfrage festhält. Sie und ihre Mitarbeiterinnen stellen jedenfalls eine viel stärkere Nachfrage nach dem «Dokupass» fest, der neben der Patientenverfügung etwa auch Anleitungen und Hilfen für die Nachlass- und Testamentregelungen enthält. «Die erhöhte Nachfrage zeigt, dass sich mehr Menschen Gedanken zum Tod machen – ob sie dann aber auch eine Patientenverfügung ausfüllen, wissen wir nicht», schränkt Dürst ein. Immerhin: Dauerte es früher jeweils mehrere Tage, bis eine Anfrage bei der Pro Senectute in Brunnen eintraf, erhält die Sektionszentrale heute täglich einen Anruf.

Schwyz kennt Richtlinien, aber keinen Zwang

Detaillierte Angaben zu den Patientenverfügungen, etwa wie viele es im Kanton Schwyz gibt und ob diese eher von jüngeren oder eher älteren Personen sind, gibt es nicht zuletzt aus Datenschutzgründen keine.

«Im Kanton Schwyz gibt es schon länger Richtlinien für die Heime», erklärt Roland Wespi vom Amt für Gesundheit. Er managt derzeit die gesundheitlichen Aspekte der Schwyzer Corona-Krise an vorderster Front. 2016 sei erstmals ein neues Qualitätssicherungsinstrument für Alters- und Pflegeheime im Kanton Schwyz eingeführt worden, so Wespi. Die Dokumentation zur Patientenverfügung sei dabei ein integraler Bestandteil. Von einem Zwang dazu, wie das offenbar im Kanton Zürich nun eingeführt werden soll, ist im Kanton Schwyz aber nicht die Rede.

Wie die kantonalen Richtlinien an der Front umgesetzt werden, erklären Rita Bruhin, Geschäftsleiterin im Alterszentrum Rubiswil, und Ivo Tschümperlin als zuständiger Schwyzer Gemeinderat. Beim Eintritt ins Rubiswil werden die Neueintretenden befragt, ob sie bereits eine Patientenverfügung haben oder nicht.

Schwyzer Richtlinien funktionieren gut «Wenn sie keine haben, aber eine erstellen möchten, bieten wir unsere Hilfe an», sagen die beiden. Sollte jemand aber Corona- Symptome zeigen oder allenfalls positiv getestet worden sein, würde die Zentrumsleitung «gezielter» nachfragen, ob jemand ins Spital will und dort im schlimmsten Fall sich beatmen lassen möchte. «Bis jetzt war das hier glücklicherweise aber noch nicht notwendig.» Die Richtlinien funktionieren gut. «Momentan haben wir 126 Bewohner im Alterszentrum Rubiswil. Davon haben aktuell 105 eine Patientenverfügung. Das sind 83 Prozent», so Ivo Tschümperlin.

In anderen Schwyzer Altersheimen ist die Quote durchaus vergleichbar. Auch Roger Muther, Heimleiter in Feusisberg und Co-Präsident von Curaviva Schwyz, dem Dachverband der Schwyzer Heime, geht für das Alterszentrum von rund 80 Prozent aus, die eine Verfügung bereit hätten. Auch er nennt keine Zahlen, doch er weiss: «Die meisten Bewohner wollen im Heim sterben, solange sie keine Schmerzen, Angst und Atemnot haben müssen.»

Die Nachfrage nach Patientenverfügungen steigt (Symbolbild Gerbe Einsiedeln). Foto: Victor Kälin

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