Ein Pilotversuch

IDA OCHSNER

Als ich die Kolumne von Laura Kälin sah und genüsslich über die erste Nacktbeiz in Basel gelesen hatte, konnte ich köstlich schmunzeln. Ich stelle mich selber in dieser Nacktbeiz vor, wie ich lässig mit einem Whisky Special Rye Malt und füdliblutt (aber mit Strohhalm) einen tollen Abend verbringe. Vroni, meine beste Freundin, möchte am liebsten bei einem Speeddating mitmachen! Aha? Das ist doch eher für junge Singles um 30 Jahre? Im Gegenteil, meinte Vroni. Die Nachfrage von Senioren-Speeddating wird immer grösser. «Komm, wir gehen zusammen. Ich brauche einen Chauffeur.» Vroni, schon lange Witwe, stürzte sich schon mit dem zweiten Sekt ins Getümmel. Nervosität und Aufregung lagen in der Luft. «Wo sind die schönsten Damen? – Bin ich nicht zu alt? – So grosse Konkurrenz!» Damit sich alle wohlfühlten, wurde einiges geboten. Ein Buffet, romantische Musik und überall Blumen. Die Idee war einfach: Fünf Minuten lang sollte ein Paar miteinander ins Gespräch kommen, danach stand ein Platztausch an. Wenn einem eine Dame oder ein Herr besonders gut gefiel, konnte der Name auf einem Zettel notiert werden. Die Nacht vor dem Event hätten viele Senioren vor lauter Aufregung kaum geschlafen. Erst recht, wenn sich tatsächlich ein Pärchen findet. Nicht allen geht es um die «grosse Liebe». Manche suchen einen Gefährten für Spaziergänge, Theaterbesuche oder einfach ein geselliges Beisammensein. Für ältere Menschen ist die Einsamkeit ein grosses Thema. Vroni kommt und fühlt sich um Jahre jünger und pudelwohl. Sie hat zwei Adressen, die sie «ausprobieren» werde und auf jeden Fall alle Speeddatings besuchen. Einfach herrlich!

* Ida Ochsner (62) verlobt mit Heiri Strohmayer (65) Winzer aus der Steiermark, verwitwet. Heiri hat keine Ahnung, dass Ida auf Auswegen zu finden war – wenn auch nur als Chauffeur.

ZWISCHENLUEGETEN 3