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«Von mir aus könnte es ungefähr gleich weiterlaufen»

«Von mir aus könnte es ungefähr gleich weiterlaufen» «Von mir aus könnte es ungefähr gleich weiterlaufen»

40 Jahre nach der Gründung der HPK Architekten AG tritt Hanspeter Kälin ins zweite Glied zurück. Er bleibt zwar im Team, freut sich aber auf die gewonnenen Freiheiten.

VICTOR KÄLIN

Wer mit Hanspeter «James» Kälin über dessen 40 Berufsjahre sprechen möchte, gerät vom Hundertsten ins Tausendste. Er erzählt vom Studium an der Kunstgewerbeschule, der heutigen ZHDK, seiner Arbeit beim renommierten Büro von Trix und Robert Haussmann und vom Studienaufenthalt an der Columbia Universität in New York. Und dann erzählt er über den Moment, wo er sich selbstständig gemacht hat.

Zuerst das Büro, dann die Aufträge … 40 Jahre her sind es, als er zusammen mit Benno Weber den Grundstein für das Architekturbüro HPK legte. Da sein Kompagnon in dieser Zeit aus Männedorf wegzügelte, wurde dessen 2,5-Zimmer-Wohnung kurzerhand zum ersten Sitz der noch jungen Firma. «Wir hatten zwar ein Büro», kann heute Hanspeter Kälin schmunzeln, «aber noch keinen einzigen konkreten Auftrag!» Das änderte sich zwar kontinuierlich; dennoch war Kälin froh, eine Lehrbefähigung für Zeichnen und Gestalten zu haben, welche ihm in der Ostschweiz eine Teilzeit-Anstellung einbrachte – und damit zahlreiche neue persönliche Kontakte. Einer davon führte ihn nach Winterthur: Als das Technorama 1982 ein neues Konzept für seine Ausstellungsgestaltung entwerfen und umsetzen wollte, war der Einsiedler der richtige Mann. Nachträglich erwies sich dieser schweizweit beachtete Neuauftritt des Museums «als Türöffner für unser Architekturbüro», resümiert Kälin.

Karriereplanung à la Zufall Diese Geschichte ist bezeichnend für das schicksalsoffene Verständnis des heute 67-jährigen Einsiedlers. Betrachtet man seine vielfältigen beruflichen Stationen, hat sich das eine aus dem anderen beinahe organisch entwickelt. Hanspeter Kälin war nicht nur am richtigen Ort, er war auch der richtige Mann.

Für das Technorama organisierte er 1984 eine Ausstellung über den legendären Designer Luigi Colani, was ihm eine Teilzeitanstellung beim grossen Meister bescherte. «Das war», so Kälin, «eine sagenhafte Zeit.» 1990 entwickelte er für die damalige Möbelfabrik Kuriger das Programm «Profile», dessen erste Exemplare für die Pressekonferenz extra ins Hölloch geschleppt wurden! Ein Jahr später war Kälin für den Festplatz der 700-Jahr-Feier in Schwyz verantwortlich. Er gestaltete später eine ganze Reihe von Auftritten des Kantons Schwyz, so am Winzerfest in Yverdon, an der Luga oder am Sechseläuten.

Kälin war zuständig für die Gesamtsanierung der Landwirtschaftlichen Schule in Pfäffikon oder für die Renovation und Neukonzeption des Bundesbriefmuseums in Schwyz. Als «Meilenstein » bezeichnet er die 1996 erfolgte Berufung durch Abt Georg Holzherr zum Berater und ausführenden Architekten für Renovationen und Umbauten im Kloster Einsiedeln. In diese elfjährige Tätigkeit fielen zahlreiche Projekte wie der Abschluss der Kirchenrestaurierung Beichthaus, Magdalenenkapelle und Oratorium, Rektorat und Mensa oder auch die Reithalle im Marstall. In Zusammenarbeit mit Mario Botta war er auch für die Realisierung der Bibliothek Oechslin zuständig.

«Das Optimalste entwickeln» Fliessend wie seine beruflichen Tätigkeiten ist auch Kälins Auffassung von Architektur, Innenarchitektur und Design. «Da mir die Funktionalität sehr wichtig ist, versuche ich, die Häuser von innen heraus zu entwickeln.» So wurden Anbauten und Umnutzungen zu seinem eigentlichen Markenzeichen. Mit hoher Kreativität und einem sicheren Gespür für die Unterscheidung in alt und neu gelangen ihm überzeugende Lösungen – unter anderem für das Einsiedler Chärnehus.

«Sich in die Aufgabenstellung hineinzudenken und wach zu sein für die Bedürfnisse und die Möglichkeiten» hätte ihn in all den Jahren an seinem Beruf fasziniert. Sein Antrieb war, «für die Kunden das Optimalste zu entwickeln», sei dies nun für die eindrückliche Western-Riding- Halle am Fusse des Schnabelsbergs, das Restaurant Grüne Gans im Tierpark Goldau oder die Grossüberbauung Obere Allmeind an der Alp.

Als diplomierter Innenarchitekt und Designer fiel und fällt es ihm nicht schwer, spartenübergreifend zu arbeiten, sei es am Design des von Peter Braschler entworfenen Elektromotorrads oder als «Design Consultant» der «Switzerland Global Enterprise», für die er im Auftrag des Staatssekretariates für Wirtschaft im Rahmen des Wirtschaftsförderungsprogramms «Sippo» während 16 Jahren vor allem in Indonesien, Vietnam, Ghana, Südafrika oder auch Südosteuropa als Berater und Leiter von Design- Workshops unterwegs war. In diesem Zusammenhang war er auch verantwortlich für die Standgestaltung und Betreuung der Firmen an internationalen Möbelmessen – zum Beispiel in Köln. Einige der involvierten Firmen sind heute auch dank der Förderung auf dem europäischen Markt etabliert.

Daraus haben sich «dauerhafte Freundschaften entwickelt». Hanspeter Kälin träumt davon, diese Menschen «ausserhalb der beruflichen Tätigkeit zu besuchen ». Womit der 67-Jährige in der Gegenwart angekommen ist. Kreativität und Kundenpflege

Denn nach 40 Jahren HPK Architekten AG tritt der Gründer kürzer. Bereits 2013 hat Hanspeter Kälin alle Anteile an seiner Firma an seinen langjährigen Geschäftsführer Jochen Tillack sowie Christian Kälin (Inhaber KHT Trachslau) verkauft. Den definitiven Wechsel vollzogen hat er im Herbst dieses Jahres, als er sich auch aus der Geschäftsleitung verabschiedete und Kälin und Tillack sowie dem gebürtigen Einsiedler Christian F. Kälin Platz machte (EA 88/19). «Eine gute Lösung, die viele Synergien ermöglicht», ist Kälin überzeugt. Er selbst bleibt dem Unternehmen treu, wenn auch in einem reduzierten Mass, das sich derzeit bei rund 70 Prozent eingependelt hat. «Ich geniesse die Freiheit, unabhängig der administrativen Arbeit mich auf das Kreative konzentrieren und langjährige Kunden weiterhin mit Musse betreuen zu können », freut sich Kälin. Zudem hat er aktuell ein von ihm designtes Regalsystem auf dem Markt und für eine thailändische Teakplantage und Manufaktur entwirft er laufend Accessoires und Kleinmöbel.

Ja und dann möchte er eben die weltweiten Freundschaften pflegen, die sich als «Design Consultant» im Laufe der Jahre ergeben haben. Für längere Reisen dürfte es vermutlich etwas länger dauern. 2020 findet das Welttheater statt. Hanspeter Kälin ist nichts weniger als der Präsident der durchführenden Gesellschaft … Langweilig wird es dem Tausendsassa auch in naher Zukunft nicht. Was ihn in keiner Weise zu beunruhigen scheint: «Ich hätte nichts dagegen, wenn es in Zukunft ungefähr nochmals gleich laufen würde. Irgendwie bin ich wohl unverbesserlich.» Sagts und setzt sein schelmisches Lächeln auf.

«Eine sagenhafte Zeit»: Hanspeter Kälin über die Zusammenarbeit mit Designer-Ikone Luigi Colani, hier mit dem «Versuchsfahrzeug C4».

Fotos: zvg

«Ein unverbesserlicher Sammler»: Hanspeter Kälin mit dem Entwurf des in Einzelteile zerlegten Döschwos, mit dem Original umgesetzt 1982 im Technorama Winterthur zum Thema «Materialvielfalt an einem Gebrauchsobjekt».

Foto: Victor Kälin

Als Consultant und Referent in fernen Ländern – hier zum Beispiel in Jakarta (Indonesien).

Ein Blickfang: das Café Schwyter in St. Fiden (St. Gallen) – ebenfalls ein Werk der HPK Architekten AG.

Weitherum bekannt: Das multifunktionale Restaurant Grüne Gans im Tierpark Goldau. Ein Werk der HPK Architekten Einsiedeln.

Das von Hanspeter Kälin entworfene «Profile»-Programm der Möbelfabrik Kuriger wurde 1990 im Hölloch präsentiert.

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