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«Das haben wir zusammen erreicht»

«Das haben wir zusammen erreicht» «Das haben wir zusammen erreicht»

Sonja Gubser und «Indiro» arbeiten bei der Kantonspolizei Schwyz – bestens trainiert und bestens eingespielt

Sie ist Polizeihundeführerin, er ein mehrfach geschulter Vierbeiner. Aufspüren, Schützen und Suchen sind die fachlichen Qualitäten des achtjährigen Rüden.

VICTOR KÄLIN – TEXT UND BILDER

Wie begegnet man einem fremden Hund? Und wie erst einem fremden Polizeihund? Keine Bewegung? Ist das der Schlüssel? Ich entscheide mich für Abwarten und Distanz, als Sonja Gubser mit ihrem «Indiro» bei der Redaktion vorfährt. Nur keine Hektik, kein Lärm, keine Nervosität. Diesem Polizeihund traue ich ziemlich viel zu, ein achtjähriger Deutscher Schäferhund, «voll im Saft», und nicht nur ausgebildet, um ruhig neben der Chefin zu sitzen.

«Säg grüezi» Das Begrüssungsritual ist kurz und schmerzlos. Sonja Gubser sagt offensichtlich etwas Nettes zu «Indiro», nimmt ihn von der Leine, er trottet schnurstracks auf mich zu, mein Herz rutscht runter, der Hund schnüffelt eine halbe Sekunde an meiner rechten Hand (meine Schreibhand!) und «findet ab sofort alles aufregender als Sie», wie Sonja Gubser nüchtern erklärt. Fürwahr interessiert sich der Hund, für den ich mich explizit interessiere, für unsere Büros, die Stühle, die Tische, selbst die Pflanzen. Nur mich lässt er links liegen. Und während des langen Interviews «chillt» er genüsslich zu unseren Füssen und gibt höchstens dann ein Lebenszeichen von sich, wenn er seinen Namen hört. Aber mehr als ein Ohrenstellen gibts auch da nicht.

Ich hätte es ja wissen müssen: Polizeihunde gehören zu den am besten ausgebildeten Hunden überhaupt. Trotzdem hätte es mir leid getan um meine Schreibhand. Mit acht Wochen fing es an

«Indiro» ist der Held meiner Geschichte. Ein adeliger Held, ist er doch ein Rassehund aus österreichischer Zucht, ein «vom Weinbergblick ». Als der Welpe acht Wochen alt ist, beginnt Sonja Gubser mit ihm zu arbeiten. Gemeinsam durchlaufen sie die Welpenund Junghundeausbildung, dann folgen die dienstlichen Fachausbildungen als Betäubungsmittelspürhund, als Schutzhund und «unfriedlichem Mantrailer», was bedeutet, nach mutmasslichen Tätern zu suchen.

«Nach acht Jahren sind wir ein gut eingespieltes Team», sagt Sonja Gubser. Im Rang einer Polizeikorporalin arbeitet sie zu 100 Prozent als Sachbearbeiterin Ermittlungsdienst im Sicherheitsstützpunkt Biberbrugg; die Arbeit mit dem Hund ist ein Nebenjob. Dabei ist dieser «voll im Saft und wir können jetzt ernten. Man müsste», sinniert Sonja Gubser, «die Zeit anhalten können». Zu Hause gibts noch zwei Katzen, aber «ein Diensthund, mit dem man Fälle bestritten hat, ist schon etwas anderes: Das schweisst zusammen».

Aufgrund seiner breiten Ausbildung erfüllt «Indiro» bei der Kantonspolizei eine Triple-Aufgabe. Er schützt die Diensthundeführerin und deren Polizeikollegen. Er sucht Täter auf der Flucht oder im Versteck und spürt letztlich verbotenen Betäubungsmitteln nach. Wobei Sonja Gubser die Mär aus der Welt schaffen will, die Hunde würden in der Ausbildung mit Betäubungsmitteln süchtig gemacht: «Da sind keine Drogen im Körper meines Hundes.» Man glaubt es ihr aufs Wort.

«Indiro» leistet seinen Dienst gerne – doch wenn nichts läuft, kann ihm schon langweilig werden. «Er ist es seit ‹Pfüdi› gewohnt, dass man regelmässig mit ihm arbeitet», erklärt die Polizeihundeführerin. «Wenn er keine Einsätze leisten kann, dann übe ich privat mit ihm.» Die Einsatzzahlen variieren von zweimal in einer Nacht bis zu einer dreiwöchigen Pause. «Indiro» ist einer von acht Polizeihunden in Diensten der Schwyzer Kantonspolizei – jener mit der vielfältigsten Ausbildung.

«Für jede Situation bereit sein»

Bei der Kapo Schwyz, zu der sie, nach einem Dutzend Jahren bei der Stadtpolizei Zürich, vor anderthalb Jahren gestossen ist, hat das Duo Gubser/«Indiro» noch keine lebensbedrohlichen Einsätze erlebt. «Ich muss im Kopf dennoch für jede Situation bereit sein», kommt die 38-Jährige auf jenen Moment zu sprechen, in welchem man den eigenen Hund ins Gebäude schickt oder er den Trail aufnimmt: «Man weiss nie, was passiert, wenn man auf den Täter trifft.» Nicht immer muss es letztlich so ungefährlich enden wie mit jenem Sprayer in der Ausserschwyz, der auf der Flucht seine Utensilien fortwarf und deswegen von «Indiro» aufgespürt werden konnte. «Das war cool, ein tolles Zusammenspiel mit allen involvierten Einsatzkräften», erinnert sich Sonja Gubser.

Wenn man die Polizeihundeführerin mit ihrem Hund sieht, und sei es nur zwei Stunden für Interview und Fotos, spürt man eine Vertrautheit. Und zwar auf eine angenehme, ungekünstelte Art: Obwohl das Arbeitsverhältnis professionell zu sein hat und «Indiro» im Polizeijargon als «Einsatzmittel» gilt, ist er privat ein Hund mit Schalk und eigenen Ideen. Beim Fotoshooting an der Alp konnte der Schäfer überallhin gucken – bloss nicht in die Linse des Fotografen. Wie die Chefin ihren Vierbeiner kameratauglich machen wollte, hatte etwas Rührendes und Liebevolles. «Ich habe tatsächlich nie erwartet, dass die emotionale Bindung derart stark wird», sagt Sonja Gubser. «Indiro» sei «loyal, selbstsicher, manchmal dickköpfig und absolut freudig». Sie empfindet «Freude und Stolz», wenn sie auf den gemeinsam zurückgelegten Weg blickt. «Das haben wir zusammen erreicht. Und darob vergesse ich, wie streng die Ausbildung eigentlich war.»

«Miteinander im Einsatz – das schweisst zusammen.»

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