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«Gleichstellung hat in der Schwyzer Regierung null Priorität»

«Gleichstellung hat in der Schwyzer  Regierung null Priorität» «Gleichstellung hat in der Schwyzer  Regierung null Priorität»

Der Versuch des Schwyzer Regierungsrats, in einer Antwort auf eine Interpellation zu erklären, warum Frauen in der kantonalen Verwaltung massiv weniger verdienen als Männer, ist für SP-Frau Karin Schwiter unglaublich enttäuschend.

ANJA SCHELBERT

Der Schwyzer Regierungsrat versuchte kürzlich in einer Antwort auf eine Interpellation auf 18 Seiten überzeugend zu erklären, weshalb Frauen bei der kantonalen Verwaltung durchschnittlich 20’000 Franken weniger verdienen als ihr männliches Pendant und rund 85 Prozent aller Kaderstellen mit Männern besetzt sind (wir berichteten). Nur eine einzige Gegenmassnahme wurde erwähnt – wie und wann sie handfest umgesetzt werden soll, bleibt offen. Die Lachnerin Karin Schwiter, ehemalige Kantonsratspräsidentin und Geschäftsleitungsmitglied der Schwyzer SP, zieht ein vernichtendes Fazit. Der Status quo sei verhältnismässig, weil es zu wenige Bewerberinnen gebe. Die Lohndifferenzen bestünden, weil Frauen vorwiegend in Niedriglohnklassen arbeiteten, so die Regierung. Was halten Sie davon? Die Interpellationsantwort ist unglaublich enttäuschend. Sie zeigt auf, dass das Problem in der Schwyzer Verwaltung nicht bei gleichem Lohn für gleiche Arbeit liegt, sondern in der Frage, wer welche Arbeiten macht: Frauen verbleiben in Untergebenenpositionen. Wenn es dem Regierungsrat ernst wäre mit der Erhöhung des Frauenanteils im Kader, so müsste er Massnahmen ergreifen, keine Erklärungsversuche starten. Die Aussagen haben also zu wenig Fleisch am Knochen, schaffen für Sie zu wenig Verbindlichkeit?

Ja. Die Erhöhung des Frauenanteils im Kader ist das einzige, klar definierte Ziel in der Antwort. In allen anderen Gleichstellungsthemen sieht die Regierung keinen Handlungsbedarf. Auch hier formuliert sie aber keine einzige Massnahme, wie sie dies erreichen will. Im Gegenteil: Sie bemerkt, man könne halt nichts machen, wenn sich keine Frauen bewerben. Die Möglichkeit, fähige Frauen im vorhandenen Personal zu identifizieren und mit Förderung auf Kaderpositionen vorzubereiten, kommt ihr nicht in den Sinn.

Nicht einmal die Aussage, dass sie bei gleicher Qualifikation und Eignung die Person des untervertretenen Geschlechts berücksichtigen wird, kommt der Regierung über die Lippen. Das ist traurig, wirklich traurig. Klares Fazit: Gleichstellung hat in der Schwyzer Regierung null Priorität. Nun seien aber auch die Gegebenheiten auf dem Arbeitsmarkt mitschuldig. Eine faule Ausrede? Es gibt viele erfolgreich erprobte Massnahmen zur Frauenförderung. So beispielsweise das proaktive Ansprechen von möglichen Bewerberinnen für einen Job. Hinzu kommen Sensibilisierungsmassnahmen, die Personalverantwortliche anleiten, eigene geschlechterspezifische Stereotypen bei der Selektion der Bewerbungen zu hinterfragen.

Sie sprechen von Personalförderung. Mangelt es dem Kanton Schwyz an Bewerberinnen, weil er für Frauen kein attraktiver Arbeitgeber ist? Es gibt in ganz vielen Bereichen riesigen Nachholbedarf. Der Kanton Schwyz hat in jüngsten Jahren mehrere ausgezeichnete Frauen verloren, weil er ihnen auf anspruchsvollen Stellen etwa keine Teilzeitarbeit ermöglichte und sich auch heute noch gegen Homeoffice und mobiles Arbeiten stellt. Damit verliert er nicht nur gute Frauen, sondern auch an Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt.

Aber die Schwyzer Gleichstellungskommission, die unabhängig agieren muss, stellt sich ausnahmslos hinter die Argumente der Regierung. Wie erklären Sie das?

Die Aussage, die Gleichstellungskommission habe eine Berechtigung als «passive Anlaufstelle », sagt eigentlich alles über ihre Wirksamkeit aus. Die Regierung hat mit ihr ein weitgehend wirkungsloses Feigenblatt geschaffen, an das er die Verantwortung für die Gleichstellung abschieben kann. Stattdessen bräuchten wir eine Regierung, die sich konkrete Gleichstellungsziele setzt, und eine Fachstelle, die die Kompetenz hat, diese Ziele zu verfolgen und konkrete Massnahmen umzusetzen. Die Aussage der Regierung, Gleichstellung könne man nicht messen, ist ein Witz.

Karin Schwiter: «Wenn es dem Regierungsrat ernst wäre mit der Erhöhung des Frauenanteils, so müsste er Massnahmen ergreifen, keine Erklärungsversuche starten.» Archivfoto: Hans-Ruedi Rüegsegger

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