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«Lokführerin war nicht mein Traumberuf»

«Lokführerin war nicht mein Traumberuf» «Lokführerin war nicht mein Traumberuf»

Morgen ermöglicht die Südostbahn SOB am Bahnhof Einsiedeln einen Blick in den Führerstand. Dabei erhalten Interessierte die Chance, das Innenleben eines solchen näher kennenzulernen. Der EA hat sich vorgängig mit zwei Lokführern unterhalten.

Wer heute ein Kind nach seinem Traumberuf fragt, hört Tierärztin, Fussballspieler oder gar Influencer. Gänzlich vom Radar ist der «Zugspilot» bei den jungen Menschen verschwunden. Früher war er einer der grössten Traumberufe: der Lokführer beziehungsweise die Lokführerin. In der Rangliste ganz oben waren aber auch Pilot oder Astronaut. Die Anforderungen an das Lokpersonal waren ausbildungstechnisch sehr hoch. Galt es doch, zuerst einen technischen Beruf zu erlernen und einige Jahre Berufserfahrung zu sammeln. Erst dann konnte eine Bewerbung bei einer Bahnunternehmung gemacht werden. Und dennoch waren die Bewerbungen zahlreich, nicht alle konnten berücksichtigt werden. In letzter Zeit hat sich dies stark gewandelt, der Run blieb aus. Um den entgegenzuwirken, zeigen die Verantwortlichen die Attraktivität des Berufs auf.

Anforderungen

«DieheutigenAnforderungensetzen nicht zwingend einen technischen Hintergrund voraus», erklärt auch Fabian Lacher, Oberlokführer und Standortleiter des Lokpersonals in Einsiedeln. Als berufliche Grundvoraussetzung ist eine abgeschlossene dreijährige Berufslehre oder die Matura. «Eine technische Affinität ist aber sicherlich von Vorteil », führt er weiter aus. Ergänzend sagt er: «Eine hohes Sicherheits- und Verantwortungsbewusstsein runden das Profil ab. Im Weiteren wird eine Lernbereitschaft für Neues und gute Kommunikation vorausgesetzt.» Wer dies alles hat, kann sich gerne auf der Webseite der SOB darüber informieren, welche Bewerbungsunterlagen eingereicht werden müssen. Nach einer positiven Sichtung der Unterlagen werden Interessierte zu einem Gespräch eingeladen. Verläuft auch dieses zum besten, steht noch ein medizinischer und psychologischer Check an. Und dann sollte der Ausbildung zum Lokführer beziehungsweise zur Lokführerin nichts mehr im Wege stehen.

Die Ausbildung dauert 11 bis 12 Monate und beinhaltet neben Theorie auch viel Praxis. «Die künftig zu bedienenden Maschinen müssen ja kennengelernt werden», gibt der Oberlokführer lachend zu. Nach verschiedenen Quartalsprüfungen steht die abschliessende Prüfung durch das Bundesamt für Verkehr BAV an. Diese sind wie beim Autoführerausweis theoretisch und praktisch. Und dann steht den Absolventen die grosse SOB-Welt der Eisenbahn offen.

Zu Hause

Das zweite Gespräch, mit Lokführerin Sandra Cavelti, startete im Lokführerstand eines flinken, leichten, innovativen und regionalen Triebzug, kurz FLIRT. Gespräch ist leicht übertrieben, aus Sicherheitsgründen durfte das Gespräch erst nach Ankunft geführt werden. Die 28-jährige Cavelti lernte zuerst Logistikerin Lager und arbeitete später als Briefträgerin. Da sie auswärts arbeitete, suchte sie in der Region eine neue Arbeitsstelle. «Lokführerin war früher nicht mein Traumberuf », gab sie auch unumwunden zu. Dennoch bewarb sie sich auf die Stelle und startete die Ausbildung. Anfänglich hatte sie Respekt vor den technischen Sachen rund um die Lok. Sie gestand sich ein: «Bei Autos interessierten mich solche Sachen nie.» Beim Büffeln der Fahrdienstreglemente war für sie alles logisch, und sie hatte damit keine Mühe. Der Höhepunkt bei ihrer Zweitausbildung war dann auch die erstmalige Fahrt mit einem Zug. «Der Blick aus dem Führerstandfenster war unbeschreiblich», ch

umschrieb sie diesen Moment. Obwohl die Lokführerin alleine auf der Lok sitzt, fühle sie sich niemals einsam. Bei Problemen habe sie immer eine Ansprechperson. Und dann geniesst sie die Fahrten quer durch die halbe Schweiz. Am Gesprächstag startete sie mit einer Dienstfahrt nach Arth-Goldau und übernahm einen Traverso, welcher von Locarno kam und das Endziel Basel hatte. Zurück ging es wieder mit diesem «Treno Gottardo» nach Arth-Goldau, wo sie die S31 nach Biberbrugg fuhr. Danach wäre es nach Rapperswil und wieder zurück nach Einsiedeln gegangen. Aufgrund des Gesprächs mit dem EA fuhr sie aber direkt zurück an ihren Ausgangspunkt.

Augenblicke Sie findet es momentan schön, durch die Schweizer Landschaft zu fahren, wo im Moment alles zu blühen beginnt und das Vieh noch auf den Wiesen grast. Aber auch bei garstigem Wetter gefällt es ihr auf der Lok. «Da schalte ich einfach die Fussheizung ein und bin froh, im Trockenen zu sit-zen », erzählt sie schmunzelnd. Seit rund einem Jahr ist sie stolze Mutter und hat darum ihr Pensum reduziert. Ihr Partner kümmert sich an diesen Tagen um ihr Kind. Künftige Bewerbern lässt sie wissen, dass sie jeden Tag gerne arbeiten geht. Auch kann sie nur von Gutem erzählen. «Beim Lokpersonal herrscht ein angenehmes Arbeitsklima und ich schätze die Abwechslung. Ist doch jeder Tag anders als der andere», erzählt sie weiter. Und schliesslich sei sie während der Tour ihr eigener Chef, sagt sie mit einem Lachen auf den Lippen.

Regional Oberlokführer Fabian Lacher freut sich auf viele Bewerbungen aus der Region Einsiedeln/Ybrig/Rothenthurm. «Wir haben festgestellt, dass Personal aus der Region es sehr schätzt, einen nahen Arbeitsweg zu haben. Und diese auch länger dem Unternehmen treu bleiben», hält er fest. Da der Start der Ausbildung auf Anfang nächstes Jahr vorgesehen ist, bleibt auch noch genügend Zeit für den Bewerbungsprozess. Weiter informiert Lacher: «Wir planen aktuell mit drei über das ganze Jahr 2025 verteilte Lehrgänge, womit verschiedene Ausbildungsstarts möglich sind.» Wer nun selber einmal einen Einblick in einen Führerstand erhalten möchte und Fragen an das Lokpersonal hat, kann dies morgen Samstag, von 11 bis 16 Uhr, auf Gleis 4 im Bahnhof Einsiedeln machen.


In Steinerberg erfolgte die Kreuzung mit dem Gegenzug. Es ist Usus, dass sich die Lokführer mittels Handzeichen grüssen. Fotos: René Hensler

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