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Fram-Club: Nomady – campen durchs Netz und in der Natur

Fram-Club: Nomady – campen durchs Netz und in der Natur Fram-Club: Nomady – campen durchs Netz und in der Natur

Im Fram-Club waren Paolo De Caro und Oliver Huber, die beiden Betreiber des Netzwerks «Nomady» für Camping in freier Natur, zu Gast. Sie erzählten die Geschichte des erfolgreichen Start-ups von den turbulenten Corona-Gründerzeiten bis heute.

«Im Grunde genommen ist es wie Airbnb für Camper», erklärte Nomady- CEO Oliver Huber an diesem Abend. Leute, die einen Ort in der Natur besitzen, bieten ihn an – Campingfreunde, die einen schönen Platz für nachhaltige Ferien suchen, buchen diesen Ort auf einer Webseite. Diese trägt den Namen «Nomady» und ist von einem Start-up rasch zu einem soliden Unternehmen mit Sitz in Einsiedeln gewachsen.

Eine einfache Idee – nur ha-ben muss man sie eben, und realisieren muss man sie auch noch. Darum drehte sich alles an diesem Abend, den Walter Kälin im Fram-Club wiederum mit einem interessanten Gespräch in familiärer Atmosphäre gestaltete. Nebst vielen Neugierigen waren nämlich auch die Familien der beiden Gesprächspartner mit Kind und Kegel vor Ort, was dem Abend eine besondere Note verlieh.

Beide mit binationalem Hintergrund Im Verlauf des Gesprächs zeigten sich rasch die Gegensätze und Gemeinsamkeiten der beiden «Geschäftspartner». Sie sind beide in Einsiedeln aufgewachsen und haben einen binationalen Hintergrund, Paolo De Caro einen schweizerisch-italienischen und Oliver schweizerischdeutschen. Hinzu kommt, dass Huber mit De Caros Schwester verheiratet ist. Andererseits ha-ben sie beruflich völlig verschiedene Wege hinter sich – De Caro ist Gestalter, Huber ist Banker.

Die Idee entstand mitten in der Wildnis von Alaska Ende 2018 entstand ihre gemeinsame Idee während eines Trips mitten in der Wildnis von Alaska. Initiator war Huber, der bereits viel Erfahrung mit Camping- Reisen hatte und De Caro rasch dafür begeistern konnte.

Während Huber seinen sicheren Job bei der Kantonalbank kündigte und rasch für ein neues Einkommen sorgen musste, bedeutete das Projekt für den Freelancer De Caro die kleinere Umstellung.

Huber hatte ehrgeizige Pläne und wollte das Projekt innerhalb von drei Monaten auf den Markt bringen. Er habe zwar nicht aufs Geratewohl gekündigt, mein-te er, aber ein bisschen crazy sei es schon gewesen, meinte er schmunzelnd. De Caro, der schon über grosse Erfahrung als Webdesigner verfügte, gelang es innert Kürze, der neuen Marke mit einem Webportal ein Gesicht zu geben.

Boom dank Corona Das Projekt zeigte rasch Anfangserfolge, obwohl es anfänglich viel harte Arbeit und Überzeugungsarbeit brauchte. Schliesslich musste man vielen Grundstückbesitzern und Bauern erst einmal klar machen, dass sie mit der schönen Lage ihrer Wiese gutes Geld verdienen können (10’000 bis 20’000 Franken pro Jahr), wenn sie sie Campern zur Verfügung stellen. Das Wort «Stellplatz» könne er nicht ausstehen, meinte Huber und wies damit auf das herkömmliche Verständnis von Campingferien hin, das sich bis dahin «in der Steinzeit» befunden habe.

Doch dann schlitterten die beiden mit ihrem Start-up geradewegs in die Corona-Phase hinein. «Ich überlegte mir schon, ob ich wieder bei der Kantonalbank wegen eines Jobs anfragen sollte », erzählte Huber. «Aber gleichzeitig merkten wir, dass sich immer mehr Leute auf unserer Seite registrierten.» Bald verstanden die beiden, dass die Corona-Pandemie, die für viele Wirtschaftsbereiche eine Katastrophe bedeutete, dem Camping-Projekt einen Boom bescherte. So waren Ferien auf den Campingplätzen zwar verboten, individuelles Campen in der Natur hingegen nicht.

«Wildes Campen» wurde wieder legal Die Pandemie hinderte sie auch nicht daran, laufend neue Camper- Orte zu suchen. Hier bewährte sich bald die Zusammenarbeit mit Tourismusverbänden oder anderen regionalen Organisationen, die das Web-Projekt als Gewinn ansahen. Manche haben mittlerweile selbst in Nomady investiert, weil die Nachfrage nach individuellen Camping-Ferien während und nach Corona massiv zugenommen hat.

Dank Nomady wurde das «wilde Campen», das vielerorts verboten war, wieder legalisiert. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Benutzer zu Fuss, per Rad, Auto oder Camper unterwegs sind, ob sie im Zelt, im Tipi oder in einer Jurte übernachten, es findet sich für alle ein schönes Plätzchen. Fusion mit deutschem Portal

Mittlerweile hat das Unternehmen, das an der Einsiedler Eisenbahnstrasse seinen Sitz hat, mehr als 105’000 registrierte Benutzer, rund 1300 Angebote in der Schweiz, Deutschland, Österreich und Italien und ein durchschnittliches Top-Rating von 4,95 von 5. Kürzlich hat Nomady mit dem deutschen Projekt MyCabin fusioniert, das in Konstanz stationiert ist. Das gemeinsame Credo lautet: «Wir inspirieren Menschen, ihre wilde Seite zu entdecken, indem wir einfache und authentische Erlebnisse in der freien Natur schaffen.» Inzwischen sind auch grosse Organisationen als Investoren im Boot, wie zum Beispiel der Touring Club. Dies wiederum wirke als «Türöffner» bei der Kontaktaufnahme mit anderen Unternehmen, so Huber. Darauf angesprochen, ob jetzt «rosige Zeiten» begonnen hätten, kamen die beiden auf die Rückseite der Erfolgsmedaille zu sprechen. Dazu zählt das harte Business im Netz, der Kampf um Marktanteile, der Druck, wachsen zu müssen. So war der Schritt über die Grenzen hinaus zwingend, weil der Schweizer Markt für Nomdady zu klein gewesen wäre.

Neue Rolle als Art Director Mit der Zeit «nage» das schon an einem, meinte Huber, und man merke, dass man eigentlich selbst zu wenig im Zelt schlafe. Andererseits sei es befriedigend, zu wissen, dass man viele coole Erlebnisse für andere geschaffen habe, auch wenn viel harte Arbeit dahinter stecke.

De Caro hingegen meinte, auf seiner Seite sei es nicht so «hart». In seiner neuen Rolle als Art Director versuche er den Job besser zu machen als er es bei seinen früheren Vorgesetzten vielfach erlebt habe. Beide waren sich einig, dass es ohne Familie und starke Frauen zur Bewältigung von mentalem Stress nicht möglich gewesen wäre, so weit zu kommen.


Genau so stellen es sich die beiden Gründer von Nomady vor: Irgendwo an einem traumhaften Ort einen Platz reservieren.

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