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Der Sohn legt kein Ei, nur weil seine Mutter ein Huhn ist

Der Sohn legt kein Ei, nur weil seine Mutter ein Huhn ist Der Sohn legt kein Ei, nur weil seine Mutter ein Huhn ist

Das Stiftstheater zeigt ein experimentelles Stück voller beissendem Humor. Es ist ein Genuss, zu sehen, wie dem Spiessbürgertum der Spiegel vorgehalten wird. Normalität und Wahnsinn überlappen sich. In wilden Szenenfolgen verwandeln sich Alltagssituationen in Verrücktes. Am letzten Samstag fand die Premiere statt.

Arthur geht es nicht gut, seit er nur noch sich selber zuhört. Er denkt über das Denken nach und möchte seinen Kopf mit Leere füllen. Am Ende seines Monologs wirft er den Hut weg und beschliesst, in sich selbst hineinzukriechen. Das ist eine der Miniszenen aus «Mr. Pilks Irrenhaus» von Ken Campbell. Das Stück besteht aus philosophisch- absurden Episoden mit Tiefgang und voller Wortakrobatik. Mr. Pilk kreiert eine skurrile Welt, in der die Figuren ein beängstigendes Eigenleben entwickeln. Sie lassen die Logik tan-zen, vertauschen Realität und Fantasie.

Die Lacher blieben im Hals stecken Die neunzehn Schauspieltalente der Stiftschule zeigten Theaterkunst vom Feinsten. Sie spielten das irrwitzige Stück mit einer achtenswerten Überzeugung. In weiss gekleidet symbolisierten sie Unschuld und Reinheit. Entsprechend locker gelang es ihnen, das Publikum zu überlisten und sachte ins Groteske miteinzubeziehen. Die unsägliche Leichtigkeit der Darstellerinnen kombiniert mit der Schwere der Thematik führte dazu, dass die Lacher im Hals stecken blieben. Sie vermochten auf unheimlich clevere Art eine psychodelische, halluzinogene Atmosphäre zu verströmen. Das Publikum schauderte, erstarrte und vergass zu klatschen. Die Figuren stellten Herkömmliches in Frage und rüttelten an der gedankenlosen Sicherheit mitgebrachter Vorstellungen.

Ein Sprung von der Bühne ins Nichts Der Regisseurin Livia Stampfli-Huber gehört ein grosses Kompliment. Sie hat diesem anspruchsvollen Werk mit einer schwarz-weiss Inszenierung die Krone aufgesetzt. Die Bühneneinrichtung bestand aus einer dunklen mobilen Treppe, die als Hochhaus, Tisch, Sofa und Bett diente. Die schnellen Szenenwechsel liefen unauffällig ab, flossen reibungslos ins nächste Bild. Zwischendurch fanden hinter einem gespannten Tuch Schattenspiele statt und war-fen die Frage nach der Wirklichkeit in diesem Spiegelkabinett auf. Die Gymnasiastinnen sind vielseitig talentiert. Eine Schauspielerin sprang wie ein Stunt von der Bühne und versank im Nichts. Eine andere durchquerte den Raum Rad schlagend. Es wurde auch synchron gesprochen, faszinierend und klassisch im Chor. Dazwischen immer wieder Fragen, wie: «Wenn ich hüpfe, bin ich dann ein Frosch?» oder: «Was macht ein Ding aus? Ab welcher Beinlänge ist ein Tisch kein Tisch mehr, sondern ein Tablett?» Dürrenmatt hätte sich kaputtgelacht In Mimik, Gestik und Aussagen steckten tausend Details, perfekt arrangiert. Alles mit brillantem schwarzem Humor getränkt. Eine Mutter, das Gesicht voller Federn, schlug auf ihren Sohn ein. Als dieser gackerte, behauptete sie, er hätte ein Ei gelegt. Der herbeigerufene psychologische Dienst führte das verwirrte Mutter-Huhn in einer Zwangsjacke ab. Friedrich Dürrenmatt hätte sich kaputtgelacht und stehend applaudiert.

Das Stiftstheater zeigte, erstmals unter der Leitung von Livia Stampfli-Huber, das Stück «Mr. Pilks Irrenhaus».

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