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Alter Verein mit ehrenhaftem Anliegen

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Der Josefsverein Einsiedeln (Sterbekasse) – Rückblick auf eine soziale Institution

Alle Jahre erscheinen im Einsiedler Anzeiger ein bis zwei Inserate des Josefsvereins. Doch was ist dieser Josefsverein, der auch Sterbeverein genannt wird? Hier ein Rückblick auf eine soziale Institution.

Der Josefsverein ist eine Hilfskasse auf Gegenseitigkeit: Stirbt ein Vereinsmitglied, bezahlen alle übrigen, aktiven Mitglieder einen festgelegten Betrag an die Hinterbliebenen.

Entstehung des Vereins

Im Einsiedler Anzeiger Nummer 42 vom 28. Mai 1881 wurde ein Inserat geschaltet, in welchem zur Gründungsversammlung und «Statutenberathung» am Sonntag 29. Mai vormittags auf 9 1/2 Uhr ins «Sulhaus» eingeladen wird. Da dürfte sich die Fehlerhexe eingeschlichen haben und das Schulhaus gemeint gewesen sein. Somit wurde der «männliche » Josefsverein am 29. Mai 1881 gegründet. An der Gründungsversammlung wurden die Vereinsstatuten in sieben Punk-ten festgehalten. Als Zweck des Vereins wird genannt: Der Josefsverein (Sterbeverein) dient zur gemeinsamen Unterstützung an die hinterlassenen Familien der verstorbenen Mitglieder. Im Bericht der Gründungsversammlung steht: «Die Wirksamkeit des Vereins beruht also auf dem schönen Gedanken, der Familie des Armen, des Unbemittelten einen Sparpfennig, eine Erbschaft zu sichern für den Fall, dass der Ernährer durch den Tod der Seinen entrissen wird.» Damals wurden aber nur «männliche» Personen im Alter von 20 bis 55 Jahren in den Verein aufgenommen, welche zudem ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorzeigen mussten. Der Beitrag wurde schon damals auf 1 Franken festgelegt. Bei den damaligen Löhnen war dies ein ansehnlicher Betrag.

Ein Jahr nach der Gründung zählte der Sterbeverein bereits 123 Mitglieder. Bald schon meldeten sich auch grosszügige Personen, heute Gönner oder Sponsoren genannt. Diese bezahlten freiwillig und regelmässig einen Betrag ein, verzichteten jedoch beim Sterbefall in ihrer Familie auf ihre Entschädigung. Damit halfen sie der Kasse einen Grundstock aufzubauen.

Die weibliche Abteilung

Schon bald wurde auch die Gründung eines «weiblichen Sterbevereins » in Betracht gezogen. Jedoch fand man beim damaligen Vorstand keine Zustimmung. Erst im Jahre 1886 wurde der weibliche Josefsverein in die Wirklichkeit umgesetzt. Im Protokoll hiess es dazu: «Im Grundprinzip steht die Aufsicht über die weibliche Sektion dem Vorstand des männlichen Vereins zu. Die unmittelbare Leitung und Besorgung der Geschäfte dagegen blieb in den weiblichen Händen. So blieb es dann auch jahrzehntelang. Die Generalversammlung wurde jeweils immer am gleichen Tag abgehalten, für die Männer am Vormittag und für die Frauen am Nachmittag. Frauen überflügeln die Männer

Auch bei der weiblichen Abteilung führte der Präsident der Männer den Vorsitz. Auch das Protokoll wurde von einem Mann verfasst, im gleichen Buch wie die Männer abgelegt, jedoch erst im hinteren Teil des Buches. Die Rechnung durfte ab und zu mal eine Frau führen. Die Rechnungsprüfung wurde jedoch immer von den Männern durchgeführt. «So wie es sich zu jener Zeit gehörte.» Was die Männer aber kaum glauben konnten, die Frauen überflügelten schon bald die Männer. In kurzer Zeit, im Jahre 1888, zählte die Frauenabteilung bereits 514 Mitglieder und die der Männer nur 197.

Wenn ein Mitglied des Josefsvereins in diesen Jahren verstorben war, machte sich die Einzügerin oder der Einzüger sofort auf den Weg und holte bei jedem Mitglied persönlich den einen Franken ab. Diese erhielten für ihren Einsatz eine kleine Entschädigung. Für Einzüger bedeutete dies wiederum einen willkommenen, schönen Zustupf in die damalige Haushaltskasse. Aktuell rund 470 Mitglieder

Dem Protokoll von 1884 ist zu entnehmen, dass von den 136 Mitglieder bereits deren 100 die Generalversammlung besuchten. Heute zählt der Josefsverein rund 470 Mitglieder, wovon jedoch nur gerade gegen 15 jeweils an der Generalversammlung anwesend sind.

Um relativ grosse Auszahlungen tätigen zu können, ist der Verein auf einen möglichst beachtlichen Mitgliederbestand angewiesen. Leider ist er in den letzten Jahren stetig zurückgegangen. Waren es Ende der 80er-Jahre noch weit über 1000 Mitglieder, ist diese Zahl bis heute auf die Hälfte zurückgegangen.

Jüngere Leute bauen heute eher auf neue Vorsorgeformen oder Lebensversicherungen, was es zunehmend schwieriger macht, sie zu dieser sehr sozialen Mitgliedschaft zu bewegen respektive sie davon zu überzeugen.

In der heutigen Zeit

Der Vorstand des Josefsvereins glaubt fest daran, dass der Sterbeverein seine Berechtigung hat. Gibt es doch nach jedem Todesfall auch in der heutigen Zeit den «Aha-Effekt », wenn man plötzlich feststellen muss, was eine Beerdigung heutzutage kostet. Der Zustupf des Josefsvereins wird ohne grosse Bürokratie den Hinterbliebenen so-fort ausbezahlt. Der Verein anerkennt jedoch keine Pfändung oder Beschlagnahmung der Kassaleistungen.

Der Josefsverein ist wie die AHV eine soziale Institution. Nach Ableben eines Mitgliedes errechnet der Kassier aufgrund der Mitgliedjahre und der Anzahl aktiver Mitglieder den jeweiligen Betrag, der den Hinterbliebenen umgehend ausbezahlt wird. Im Schnitt sind das beim heutigen Mitgliederstand 1000 Franken. Das heisst, es wird pro verstorbenes Mitglied des Vereins bei den aktiven Mitgliedern 2 Franken zuzüglich eines kleinen Unkostenbeitrages erhoben. Dies ergibt heute einen Jahresbeitrag von 50 bis 60 Franken. Im vergangenen Jahr kamen so total 22’000 Franken an die Hinterbliebenen der 21 verstorbenen Mitglieder zur Auszahlung. Zwei Sozialversicherungen mit vielen Gemeinsamkeiten Die Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) wie auch die Sterbeversicherung des Josefvereins werden im sogenannten Umlageverfahren mit Beiträgen von den aktiven Versicherten finanziert.

Aufgrund der demografischen Entwicklung jedoch nimmt die Anzahl der Zahlenden gegenüber den Empfangenden bei beiden Versicherungen stetig ab, was zu einem Ungleichgewicht führt.

Neue Mitglieder erwünscht

Mitglied des Vereins können Personen beiderlei Geschlechts werden, vom erfüllten 18. bis 60. Altersjahr. Der Wohnsitz kann in der ganzen Schweiz sein. Eine Eintrittsgebühr wird ab dem 51. bis 60. Altersjahr erhoben. Je mehr Mitglieder der Verein zählt, desto höher wird auch der ausbezahlte Betrag an die Hinterbliebenen.

Vielen Bewohnern ist der Josefsverein sicherlich eine Unbekannte. Aus diesem Grunde wendet sich der Vorstand mit diesem Artikel an die Leserinnen und Leser. Interessierte dürfen sich gerne bei einem Vorstandsmitglied melden und dem Verein beitreten. Siehe Inserat Zusammensetzung Vorstand

Hubert Kälin (Präsident, Neuwahl), Evelyn Hofmann-Kümin (Aktuarin), Christa Züger (Kassierin), Markus Hungerbühler (Beisitzer), Elisabeth Schönbächler (Beisitzerin), Lisbeth Bisig und Erika Birchler-Besmer (Rechnungsprüferinnen).


Das Inserat zur Gründung des Sterbevereins aus dem Jahr 1881.

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