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Schutzraum-Kontrollen: «Unser Ziel ist nicht, Mängel zu finden»

Schutzraum-Kontrollen: «Unser  Ziel ist nicht, Mängel zu finden» Schutzraum-Kontrollen: «Unser  Ziel ist nicht, Mängel zu finden»

Angesichts der neuen Bedrohungslage führt der Kanton Schwyz kantonsweit Kontrollen in den Schutzräumen durch.

Der Ukraine-Krieg und die plötzliche Bedrohung durch Atomwaffen oder Anschläge auf Kernkraftwerke liess die Nachfrage nach Schutzräumen schlagartig ansteigen. Nach drei Jahrzehnten «Friedensmodus» werden die Zivilschutzräume im ganzen Land auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft. Der Kanton Schwyz hat seine Stellen im Ressort aufgestockt und für dieses Jahr Schutzraumkontrollen angekündigt.

An den meisten Orten mehr Schutzplätze als Bewohner Zunächst gibt es für die Schwyzerinnen und Schwyzer gute Nachrichten: Der Kanton Schwyz hat mit mehr als 200’000 Schutzplätzen in rund 5800 Schutzbauten für seine 165’000 Einwohner eine deutliche Überdeckung. Laut Alexander Zalokar, Leiter Schutzbauten beim Amt für Militär, Feuer- und Zivilschutz des Kantons Schwyz, habe der Kanton bei grossen Wohnobjekten Schutzräume bei Bedarf gebaut, worüber man jetzt froh sei. Es sei jedoch klar, dass diese Frage für ländliche Kantone einfacher zu lösen sei als für städtische, weil es dort wesentlich schwieriger sei, neue Schutzräume zu bauen.

Auch der Bezirk Einsiedeln hat mit seinen 17’672 Schutzplätzen bei einer Bevölkerung von 16’535 Personen eine gute Deckung von 106 Prozent. In Alpthal beträgt die Deckung 104 Prozent, in Unteriberg 107 Prozent, in Oberiberg 180 Prozent, nur Rothenthurm liegt mit 97 Prozent im Minusbereich. Seit der Gesetzesänderung 2012 werden nur noch in Wohnhäusern und Überbauungen ab 38 Zimmern Schutzräume gebaut und die Errichtung von Schutzbauten nach Bedarf in der jeweiligen Region gesteuert. «Jedes Baugesuch wird von uns geprüft, und in jedem Fall wird individuell entschieden», erklärt Zalokar.

Die zweite gute Nachricht ist, dass 2024 lediglich Räume mit 50 und mehr Schutzplätzen kontrolliert werden. Die Besitzer von kleineren Schutzräumen ha-ben also genügend Zeit, ihren Schutzraum vorsorglich freizuräumen, bevor in den kommenden Jahren die Kontrolle erfolgt. Die meisten Schutzräume werden zu Friedenszeiten als Weinkeller, Velo- oder Bastelraum benutzt, und das ist völlig legal. «Der Verwendung eines Schutzraums sind fast keine Grenzen gesetzt, solange alles demontabel ist», erklärt Zalokar. «Es sollten keine Installationen gemacht werden, die man nicht selbst wieder entfernen kann, und selbstverständlich dürfen auch die Schutzraumhülle wie die Schutzraumkomponenten nicht verändert werden. Jede bauliche Veränderung ist durch das AMFZ bewilligungspflichtig.» Solche Umbauten geschähen oft in Form von Dämmungen für den Minergie-Standard oder infolge einer Sanierung, so Zalokar.

Hilfe zur Selbsthilfe Steht eine Kontrolle bevor, so werden die Schutzraumbesitzer rechtzeitig schriftlich darüber orientiert und können im Internet selbst einen passenden Termin aussuchen. Für die kostenlose Kontrolle müssen sämtliche Kellerabteile, Türen, Notausstiege und Panzertüren und -deckel sowie Schutzraumkomponenten wie Belüftungsgeräte und Überdruckventile zugänglich sein. Auch die Liegestellen und Trockentoiletten müssen vorhanden sein. Ausserdem empfiehlt sich ein Radio im Schutzraum, denn allfällige Anweisungen und Informationen der Regierung würden auch im Internet-Zeitalter per UKW-Frequenz verbreitet.

Grundsätzlich sind die Hausbesitzer selbst für den Zustand ihres Schutzraums verantwortlich. «Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe», meint Zalokar. Sämtliche Anleitungen sind heute leicht im Internet zu finden, Instruktions-Videos werden vorbereitet.

Laut Zalokar fehlt es oft an Wissen im Umgang mit der Ausrüstung. «Manche Leute geben zu, die Lüftung nicht ein einziges Mal bedient zu haben und haben nicht einmal die Anleitung gelesen», erklärt er. Oft seien die Lüftungskomponenten abgelaufen, die Panzerdeckel sei-en rostig und die Gummidichtungen spröd. Am wichtigsten sei, dass der Schutzraum dicht sei, die Lüftung funktioniere und der Überdruck zustande komme, der das Eindringen vergifteter oder radioaktiver Luft verhindere. Ein Keller müsse im Ernstfall innerhalb von fünf Tagen bezugsbereit sein.

Nach Kriegsausbruch meldeten sich viele Leute «Unser Ziel ist es nicht, Mängel zu finden, sondern wir möchten, dass die Schutzräume im Ernstfall funktionstüchtig sind», beruhigt Zalokar. Das Schutzbauten-Personal würde auf die Kontrollen vorbereitet, und man versuche die Bevölkerung abzuholen.

«Wir erleben es oft, dass skeptisch eingestellte Leute während einer Kontrolle ihre Einstellung um 180 Grad ändern.» Kurz nachdem der Ukrainekrieg ausgebrochen sei, hätten sich viele Leute von selbst bei ihm erkundigt, so Zalokar. Mittlerweile sei aber wieder eine gewisse Routine eingetreten. Wo liegt mein Schutzraum?

«Wo liegt im Notfall mein Schutzraum?» Das fragen sich all jene, deren Haus keinen eigenen Schutzraum hat. Grundsätzlich müssten sich solche Personen in den nächsten grossen Sammelschutzraum begeben, so Zalokar. Gemäss Vorschrift müsste ein Schutzraum innerhalb einer halben Stunde zu Fuss erreichbar sein, was in den meisten Fällen gewährleistet ist, ausser in gewissen Berggebieten. Die genaue Adresse des zugeteilten Schutzraums würde man sowieso erst erfahren, wenn die Schweizer Regierung angesichts einer Bedrohung den Entscheid zur Verstärkung des Bevölkerungsschutzes im Hinblick auf einen bewaffneten Konflikt bekannt geben wird. Das ist durchaus realistisch, denn für einen solchen Krisenfall, der hoffentlich niemals eintreten wird, lässt sich ganz einfach nicht alles planen.

Weitere Informationen unter: www. babs.admin.ch oder www.sz.ch

Foto: Eugen von Arb

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