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Ein Leben ohne Musik?

Ein Leben ohne Musik? Ein Leben ohne Musik?

Im Stiftstheater Einsiedeln ging am 4. Mai eine «Phantastische Oper in fünf Akten» über die Bühne

Alle Opernfreunde in der Region konnten am Samstag auf der Bühne des Stiftstheaters Einsiedeln erstklassigem Operngesang lauschen: Boxopera zeigte das Stück «Hoffmanns Erzählungen» von Jacques Offenbach.

Bereits draussen während der Ankunft am Stiftstheater-Gebäude waren die gesanglichen Aufwärmübungen zu hören. Man war gespannt auf einen Abend voll toller Opernmusik. Der Saal war leider nur knapp zur Hälfte gefüllt. Für die Atmosphäre wäre etwas mehr Publikum wünschenswert gewesen. Doch die Stimmung war gut, die Gäste hatten es sich nicht nehmen lassen, sich für diesen Abend in teils edle Abendrobe zu schmeissen, schliesslich ging man ja in die Oper.

Einsiedeln ist ja nicht gerade als Opernstadt bekannt, doch Aufführungen wie diese zeigen, dass Einsiedeln als Kulturort noch sehr viel mehr Potenzial hat. Ein fünfköpfiges Live-Orchester begleitete durch den Abend. Der Pianist, der zugleich als Dirigent agierte und mit seinem iPad den digitalen Notenblättern gefühlvoll den Takt angab, interpretierte Offenbachs leichte Frühlingsmusik und kraftvollen Crescendos gekonnt: Wunderschöne Arien und teils weltbekannte Melodien, die selbst Nicht-Opernkennern sehr vertraut waren. Gesangliche Leistungen aller Figuren ausserordentlich stark Das Bühnenbild war eher zurückhaltend gestaltet, doch wandelbar, wie sich im Verlaufe des Abends zeigte – besonders kurz vor der Pause, als die verschiedenen Charaktere, von einzelnen Glaskasten im Hintergrund nur durch ihre Silhouette sichtbar, im Chor sangen.

Auf der Bühne omnipräsent ist Jacques Offenbach, der die Oper geschrieben hat, gespielt von Oscar Sales Bingisser. Er gibt Einblicke in den Hintergrund der Entstehung des Stücks und stellt die grossen Fragen zu Leben, Liebe, Musik und Tod. Scheinbar unentwegt sitzt er an seinem Arbeitspult schreibend, um das Stück voranzutreiben, das wir als Zuschauer live miterleben können. Im Vergleich zum Bühnenbild sind die Kostüme sehr farbenfroh: Passend abgestimmt, in allen roten Schattierungen, von dunklem Violett zu zartem Rosa.

Die gesanglichen Leistungen aller Figuren sind ausserordentlich stark. Besonders schwierig, virtuos und einprägsam ist die Rolle der mechanischen Puppe Olympia: Sowohl schauspielerisch als auch gesanglich absolut Opernhaus-Zürich-Niveau.

Und spätestens beim Zeitpunkt des Duetts «Barcarolle», das nicht allen etwas sagt, jedoch sie mit Bestimmtheit deren Klänge wiedererkennen lässt, war das Publikum gefesselt von der Melodie. Eine Barkarole ist ein traditionelles Volkslied, das von venezianischen Gondolieri gesungen wird. Meisterhaft vereint Offenbach in seinen Figuren die Tonfälle der Operette und der romantischen, fantastischen Oper. Die französische Sprache nimmt dies perfekt auf. Viele Stimmen im Publikum waren überaus begeistert «Hoffmans Erzählungen» ist nach «Carmen» das wohl populärste Werk im französischen Opernrepertoire. Jacques Offenbach hat seine letzte Oper, «Hoffmanns Erzählungen», unvollendet hinterlassen. Seit der pos-tum Uraufführung im Jahr 1881 sind unterschiedliche Versionen publiziert worden. So liegt dann auch die Dauer dieser Oper zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Stunden. Die Aufführung am Stiftstheater lag jedoch auch auf der kürzeren Seite.

Viele Stimmen im Publikum waren überaus begeistert, vor allem von der gesanglichen Leis-tung der Darsteller. «So was hätte man hier in Einsiedeln gar nicht erwartet.» Es ist schätzenswert, solch vielfältige Kulturangebote geniessen zu können: Besonders in Zeiten, in denen russische Opernstars wie Anna Netrebko nicht mehr an Orten wie Luzern oder Zürich zu hören sind. Wir können es noch geniessen – das Leben mit ganz viel Musik.

Foto: Pascal Haefeli

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