Veröffentlicht am

«Der Freestyle-Gedanke hat sich nicht verändert»

«Der Freestyle-Gedanke hat sich nicht verändert» «Der Freestyle-Gedanke hat sich nicht verändert»

Der Einsiedler Dominik Furrer leitet für Swiss-Ski das Projekt Park and Pipe. Konkret bedeutet es, dass er Freestyle-Skifahrer und -Snowboarder zusammenbringt. Das soll den Teamgeist stärken und Ressourcen sparen.

Dominik Furrer, Sie haben 2018 Ihr Engagement als Disziplinenchef Freeski beendet. Weshalb haben Sie aufgehört? Ich habe das zehn Jahre lang sehr gerne gemacht und wir waren auch sehr erfolgreich. Wie das so ist, entwickelt man sich immer weiter. Die Athleten wurden immer jünger und ich immer älter. Ich fand es wichtig, den Jüngeren Platz zu machen, dass sie etwas Neues auf die Beine stellen können. So konnte ich mit gutem Gewissen den Skiverband verlassen und mich selbstständig machen. Jetzt, knapp sechs Jahre später, sind Sie wieder bei Swiss-Ski. Der Skiverband kam auf mich zu mit der Vision, die beiden Sportarten Snowboarden und Skifahren im Freestyle-Bereich näher zusammenzubringen. Der Grund dafür war, dass diese beiden Sportarten eigentlich dasselbe machen, nur mit anderen Brettern unter den Füssen. Man merkte, dass es Sinn macht, die Synergien zu nutzen. Warum wurden Sie für diesen Job angefragt? Da ich vom Freeski her komme aber mittlerweile mehr snowboarde, kam man auf mich zu. Ich kenne beide Seiten sehr gut. Wie sind Sie das Projekt angegangen, und wie findet man einen Anfang?

Im Sommer begann das Engagement auf Mandatsbasis. Ich merkte schnell, dass es interessant ist und es so vieles gibt, das man verbessern kann. Es wurde schnell klar, dass wir die-sen Weg gehen wollen. Angegangen bin ich das Projekt, indem ich erst mal mit den Athleten geredet habe, von den unteren Stufen bis hin zur Elite. Das ging wirklich bis hin zum Nationalmannschaftstrainer. Anhand dieser Gespräche merkte ich, dass wir diesen gemeinsamen Weg einschlagen müssen, um die Sportarten weiterzubringen. Wie startete die Wintersaison?

Wir haben versucht, im Winter Schnittstellen wie Physiotherapeuten, Hotels, Transport und so weiter gemeinsam zu nut-zen. So wurden wiederum Ressourcen frei, die dann für den Nachwuchs eingesetzt werden konnten. Wie hat sich die Freestyle-Szene in den letzten Jahren verändert?

Ich habe angefangen, als Free-ski noch nicht einmal olympisch war. Es ist schon extrem, wie viel professioneller die Sportart geworden ist. Ich mag mich gerne an meine Anfangszeiten zurückerinnern. Es ging schon viel lockerer zu und her. Jetzt sind mehr Sponsoren involviert und die Schwierigkeit der Sprünge hat sich verändert. Was sich nicht verändert hat, ist die Freude und Leidenschaft, etwas anders zu sein – so der Freestyle-Gedanke. Das ist auch der Grund, warum ich gerne wieder zurückkomme und mich engagiere.

Verstehen sich Freeskier und Snowboarder? Das ist spannend. Am Anfang konnten sich Freeskier und Snowboarder nicht leiden, bis man merkte, dass man genau das Gleiche macht. Meine bes-ten Freunde waren Snowboarder, obwohl ich Freeskier bin. Im Leistungssport kommt es nicht mehr drauf an, es geht mehr um die Lebensfreude. Werden Sie die Schweizer Free-style-Elite auch mal in die Funparks in unserer Region entführen?

Ich glaube, die Elite weniger. Die Idee muss sein, dass man die lokalen Parks, die wir im Hoch-Ybrig und in der Mythen-Region haben, nutzt, um die jungen Fahrer zu diesem Sport zu bringen. Die Elite wird eher in Corvatsch und in Laax trainieren. Wich-tig ist, dass man in den lokalen Parks etwas für die Jungen macht. Diese Parks sind genau darauf ausgelegt, frei und anders zu sein, also der perfekte Einstieg in den Sport. Ich weiss, dass dort in der Vergangenheit extrem viel richtig gemacht wurde, denn es ist beeindruckend, wie viele Fahrerinnen und Fahrer es hier gibt. Was ist das Fernziel des Projektes?

Unser übergeordnetes Ziel ist eine erfolgreiche Heim-WM 2025. Was bedeutet dieses neue Engagement für Ihr Berufsleben, sowie für Ihre Freizeit? Es bedeutet für mich sehr viel Abwechslung. Dank dem, dass ich selbstständig bin und die Crossfit-Center gut aufgestellt sind mit guten Leuten, habe ich genügend Kapazitäten für Swiss-Ski. Ich bin einfach so, dass ich immer wieder neue Herausforderungen brauche. Das habe ich mit dem Projekt und darum bin ich auch Feuer und Flamme dafür.

Sie haben mit Skispringen begonnen und sind dann zum Freeski und letztlich zum Snowboarden gelangt. Wie kam es zum Wechsel von zwei Brettern auf eines? Das Akrobatische in der Luft hat mir sehr gut gefallen. Wenn man etwas älter wird, dann merkt man, dass es nicht immer die grossen Sprünge sein müssen, die einem Freude bereiten. Da ich im Sommer viel auf dem Surfbrett stand, wollte ich das Feeling auch im Winter haben. Das Freiheitsgefühl neben der Piste ist das, was mich momentan glücklich macht.

Ein Sprung zurück zum Skispringen: Welche Bedeutung haben die Einsiedler Skisprungschanzen für Sie? Für mich haben sie immer noch eine sehr grosse Bedeutung. Ich verfolge Skispringen noch immer und hatte letzten Sommer die Idee, mal wieder 100 Meter weit zu springen. Ich durfte dann ein paar Trainings in Einsiedeln mitmachen. Leider hatte ich es zu wenig kon-sequent verfolgt. Es ist aber immer noch auf meiner «Bucket List». Ich werde auch immer noch auf der Strasse angesprochen, ob ich nicht der sei, der mal rückwärts mit den Skiern die Skisprungschanze herunter gefahren sei (lacht). Sie leiten in Einsiedeln und Horgen zwei Crossfit-Center. Was gibt Ihnen dieses Engagement? Bewegung ist etwas so zentrales in der heutigen Zeit. Es gibt so viele junge und auch ältere Menschen, die sich gar nicht mehr bewegen, weder bei der Arbeit noch in der Freizeit. Im Cross-fit sehe ich, dass ich die Leute wieder zur gesunden Bewegung bringen kann. Das war die Motivation, die ich mit meiner Schwester und meinem Schwager hatte, den Leuten einen Ort zur Bewegung zu geben und miteinander etwas zu machen. Bei einem Blick auf Ihren Instagram- Account fällt einem unweigerlich die Kinnlade runter. Ich möchte mit Ihnen kurz auf ein paar Ihrer Inhalte zu sprechen kommen: «Ihr Weihnachtstripp mit den ‹ Boys› …» Seit Jahren gehen wir über Weihnachten/

Neujahr mit drei Kollegen irgendwo in ein Land, wo Weihnachten nicht so gross hinter die Ohren geschrieben wird wie in der Schweiz. Darum gehen wir in Länder, wo es nicht so viele Touristen hat, wie zum Beispiel Iran, Georgien und so weiter.

Freeriding mit Pferd … Ich bin bis vor Kurzem noch nie geritten. In Kirgistan haben wir jemandem zwei Franken bezahlt und dachten, er zeigt uns wie reiten geht. Schlussendlich sind wir ohne jegliche Instruktionen auf einem Pferd gesessen, er hat sich eine Zigarette angezündet, und wir haben um unser Überleben gekämpft (lacht). Ich hätte nie gedacht, dass es so schwierig ist. Nach den Startschwierigkeiten sind wir mit den Pferden den Berg hoch geritten, gaben oben die Pferde jemandem mit, und wir sind von oben mit dem Snowboard hinuntergefahren oder mit dem Gleitschirm runtergeflogen, wenn es zu wenig Schnee hatte.

Klettern …

Das ist eines meiner Hobbys, das ich öfters mache. Sich in den Bergen zu bewegen, gehört für mich dazu. Ultrarun Engelberg nach Interlaken …

Ich würde mal sagen, dass ich ein grosses Herz habe. Mir sind Leute, die es nicht so einfach haben im Leben, extrem wich-tig. Als ich als Wochenaufenthalter nach Interlaken zog, wollte ich auch hier etwas für Menschen mit Beeinträchtigung machen. Mit dem Lauf von Engelberg nach Interlaken konnte ich einen schönen Spendenbetrag sammeln. Wir können sehr viel von ihnen lernen. So ist es mir auf jeden Fall ergangen.

Nacktbaden … Ich habe nicht so ein Problem mit Nacktheit. Ich glaube, unsere Gesellschaft ist extrem verklemmt, was das anbelangt. Wenn ich unterwegs bin, habe ich nie gross Kleider an beim Baden. Bungy-Jumping bei den Einsiedler Skisprungschanzen … Ich hatte schon immer mal die Idee, von der Schanze einen Pendelsprung zu machen. Ich habe angefragt, ob das möglich ist und erhielt die Bewilligung. Zusammen mit einem Freund ha-ben wir Löcher in die Schanze gebohrt, um Halterungen für die Seile zu montieren und sind schlussendlich von der Schanze in die Tiefe gesprungen. Dadurch, dass ich Zimmermann gelernt habe und wir im Bergsport tätig sind, wussten wir, was wir machten. Von aussen betrachtet dachte man schon, euch fehlt es doch an allen Ecken und Enden (lacht).

Christian Siegenthaler … Er trainiert bei uns mit der Trisomie 21. Er ist ein guter Freund von mir und dank ihm habe ich viel übers Leben gelernt.

Langlaufen … Ich versuche, so viel zu langlaufen wie möglich. In Einsiedeln leben wir im Langlauf-Paradies. Es ist etwas, das ich sehr gerne mache. Wenn es nicht gerade Powder- Schnee hat, bin ich mittlerweile lieber auf der Langlaufloipe als auf der Skipiste.

Partys … Das gehört absolut immer noch dazu. Schlussendlich hab ich extrem gerne eine gute Zeit. Das Après-Ski-Feeling im Winter gehört dazu. Wichtig ist, dass es in einem gesunden Mass ist. In der Zwischenzeit ist sicherlich nicht mehr so viel Alkohol im Spiel wie früher, er gehört aber immer noch dazu. Auch im Leistungssport gehört im richtigen Zeitpunkt eine gute Party dazu, dass man mal auf andere Gedanken kommt.

Man bekommt das Gefühl, dass Ihr Leben nur aus «Action» besteht. Trügt der Schein? Wenn man mir in den Sozialen Medien folgt, sieht es schon so aus. Schlussendlich zeige ich dort nur das, was ich will. Vielleicht sollte man nicht immer allem trauen, was man auf Social Media sieht. Ich bin inzwischen viel ruhiger geworden. Ich bin morgens immer sehr früh wach und sitze ab und zu am Bürotisch, aber das möchte ich auch niemandem zeigen. Was ist Ihnen wichtig im Leben?

Ich glaube die Gesundheit und Freude ist etwas vom allerwichtigsten.

Haben Sie ein Lebensziel?

Ich lebe mein Leben so intensiv, dass ich sagen kann, ich würde alles wieder gleich machen. Wenn ich eine Idee habe, dann mache ich es jetzt und warte ganz sicher nicht ab. Es ist wich-tig, im Moment zu leben.

Ein Wort zum Schluss?

Es gibt viele Sachen, die ich loswerden möchte. Wichtig ist, dass wir uns nicht allzu ernst nehmen und den Spass im Leben nicht verlieren.

Share
LATEST NEWS