Veröffentlicht am

Ärztin verklagt ihren Ex-Mann

Das Schwyzer Strafgericht hat einen 60-jährigen Beschuldigten vom Vorwurf der Veruntreuung freigesprochen.

Ein Ehepaar, das einen gemeinsamen Sohn hat, liess sich im Juni 2019 nach einer 23-jährigen Ehe einvernehmlich scheiden. Die als Ärztin mit eigener Praxis tätige Schweizerin mit Migrationshintergrund hatte ihrem als Hausmann und Praxis-Finanzchef tätigen Ex-Mann, ebenfalls Schweizer mit Migrationshintergrund, laut Scheidungskonvention keinen nachehelichen Unterhalt zu bezahlen.

Sie gewährte ihm aber während maximal 24 Monaten nach Rechtskraft der Scheidung gemäss mündlicher Abmachung zinsfreie Darlehen von monatlich 1200 Franken. Zudem bezahlte sie ihm die Krankenkassenprämien. Schliesslich sicherte sie ihm ebenfalls mündlich zu, in Fribourg, wo der Ex-Mann ein Studium in Angriff nehmen wollte, eine Wohnung für ihn zu mieten.

Da der heute 60-jährige Beschuldigte schon während der Ehe für das Finanzielle zuständig war, sollte er dies laut ihrem Wunsch auch nach der Scheidung weiterhin sein. Sie gewährte ihm dafür zum Teil per Vollmacht, zum Teil faktisch per Übergabe von Maestro-Karten samt Code oder Login-Daten fürs E-Banking Zugang zu ihren Bankkonti. Doch nicht ganz klar, wer welches Geld bezogen hatte Bis im März 2020 soll sich der Ex-Mann laut Anklage unberechtigterweise aus den Konti seiner Ex-Frau mit rund 65’000 Franken bereichert haben. Der Schwyzer Staatsanwalt, der von einer Teilnahme am Prozess dispensiert war, beantragte für den Beschuldigten nach dem für die Anklage geltenden Grundsatz «im Zweifel gegen den Angeklagten» wegen mehrfacher Veruntreuung eine bedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten (Probezeit zwei Jahre).

Sie habe ihm niemals Vollmachten für ihre Konti gegeben, sag-te die Ärztin bestimmt und energisch dem Schwyzer Strafgericht. So etwas würde sie nie tun. Sie habe ihm nur die Berechtigung gegeben, Rechnungen fürs E-Banking zu erfassen, nicht aber auszuführen. «Ich habe auch nie versprochen, ihm Geld zu geben », sagte sie zudem.

Als sie im Verlauf ihrer Befragung durch Gerichtsvizepräsidentin Sandra Rieder zugab, dass auch ihr Sohn mit der strafrechtlich zur Diskussion stehenden Maestro-Karte Geld bezogen hatte, schlug die Gerichtsvorsitzende eine Einigungsverhandlung vor. Diese vor Ort geheim geführte Verhandlung ergab aber keine Einigung, sodass der Prozess weitergeführt wurde.

Beschuldigter: «Sie hat einen bösen Willen» Der Beschuldigte, dessen Anwalt einen Freispruch verlangte, bestritt, jemals Geld ohne Absprache mit seiner Ex-Frau bezogen zu haben. Ein grosser Teil dieses Geldes sei für die Reinigung, Reparatur und Rückgabe der Wohnung und Arztpraxis in Ausserschwyz verwendet worden, nachdem sie ihre Berufstätigkeit in einen Nachbarkanton verlegt hatte. Das Motiv seiner Ex-Frau für die Anzeige erklärte er so: «Sie will, dass ich einen Strafeintrag bekomme. Sie hat einen bösen Willen.» Er habe sie damals, als sie in die Schweiz gekommen sei, bei ihrem Studium finanziell unterstützt. Nun habe sie ihm das auch versprochen, aber dann die Versprechungen doch nicht eingehalten.

Das Schwyzer Strafgericht kam aufgrund der im Recht liegenden Akten und der vor Gericht gemachten Aussagen zum Schluss, dass für den Beschuldigten die gerichtliche Beweiswürdigungsregel «im Zweifel für den Angeklagten» zur Anwendung gelange. Deshalb wurde der Mann von Schuld und Strafe freigesprochen. Ausgangsgemäss wurden die Verfahrenskosten von rund 36’000 Franken auf die Staatskasse genommen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Share
LATEST NEWS