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«Er sagte mir, ich soll sterben und aufhören zu kämpfen»

Im Prozess gegen den Mann, der in Sattel mehrmals auf seine Tochter und Lebensgefährtin eingestochen hat, wurde erstmals das Opfer von einem Gericht befragt.

Sie hätten sich an jenem Abend am 18. August 2020 in ihrer Wohnung wieder einmal gestritten. Es ging um die Absicht von ihr, ins Erotikgeschäft einzusteigen und sich als Sugarbaby zu betätigen. Beide seien sich einig gewesen, ihre Beziehung of-fen weiterzuleben, auch wenn diese Beziehung zwischen Vater und Tochter inzestuös war und einen gemeinsamen Sohn hervorbrachte.

«Knirschen der Lunge werde ich mein Leben nicht vergessen» Ihr gemeinsames Sexleben sei nicht mehr so gut wie früher gewesen. Beide hätten andere Sexpartner gehabt, sagte die heute 31-Jährige. Dennoch sei es immer wieder zu «mühsamen Diskussionen » um Details wie finanzielle Abgeltung und andere organisatorische Belange gekommen. Sie habe ihm vorgeworfen, dass er ihr Zuhälter sei, was ihn geärgert und verletzt habe.

Mit zittriger Stimme, immer wieder schluchzend, erzählte die Frau, was an jenem Abend geschah. Nachdem sie ins Bett gegangen sei, habe er zuerst in der Wohnung und auf dem Balkon herumgetigert. Dann habe er ihren Hund, der sich zu ihr auf das Bett gelegt hatte, weggelockt. Anschliessend sei er ins Zimmer gekommen und habe mit einem Schlachtmesser auf sie, die bäuchlings im Bett lag, in den Rücken eingestochen. Sie habe sich gewehrt und habe sich auf den Rücken drehen können, dann habe er wieder zugestochen – diesmal in die Lunge.

«Das Knirschen der Lunge werde ich mein Leben nicht vergessen », sagte sie. Er sei dann von ihr gestiegen, sei im Schlafzimmer bei ständig offener Balkontüre hin und her gelaufen. «Er sagte mir, ich soll sterben und aufhören zu kämpfen. Er werde mir den Gnadenstoss geben. Ich müsse wegen allem, was ich ihm angetan habe, sterben.» Als sie ihm entgegnete, er müsse etwas Geduld haben, sie sterbe eh in zehn bis zwanzig Minuten, habe er gesagt, dass er nicht so viel Zeit habe. Anschliessend habe er ein drittes Mal zugestochen, bis er die von der Nachbarschaft alarmierte Polizei, die mit Blaulicht angerückt war, bemerkte. Da habe er gesagt, dass sie offenbar Glück habe und nicht sterben müsse. Er habe sie auf den Mund geküsst und habe sich dann der Polizei gestellt.

Kein Grund für Rache oder Demütigung Warum das alles geschehen sei, könne sie nicht erklären. Für Rache oder erlittene Demütigungen sehe sie keinen Grund. Sie hätten früher auch eine gute Zeit gehabt. Sie habe ihn trotz der schwieriger gewordenen Beziehung nicht verlassen wollen. Er sei von Beginn weg eifersüchtig gewesen, habe aber auch viele gute Eigenschaften gehabt. Heute empfinde sie nichts mehr für ihn. Die Tat habe bei ihr Spuren hinterlassen. Sie leide immer noch psychisch und physisch darunter.

Die Einvernahme des Opfers war im Berufungsverfahren vom Verteidiger beantragt worden, der auf versuchten Totschlag plädiert und eine Gefängnisstrafe von maximal fünf Jahren beantragt. Das Schwyzer Strafgericht hat-te den 57-jährigen Deutschen erstinstanzlich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von neun Jahren verurteilt. Die Schwyzer Staatsanwaltschaft verlangt eine Verurteilung we-gen versuchten Mordes und beantragt eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten.

Das Schwyzer Kantonsgericht wird sein Urteil schriftlich eröffnen.

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