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Menschsein nicht «versachlichen»

Eine geschlechtsneutrale Sprache in allen Gesetzen: Das verlangt eine durch die SP-Fraktionschefin Carmen Muffler im Kantonsrat eingereichte Motion. Die Regierung spricht sich klar dagegen aus.

MARTIN MÄDER

Die sozialdemokratische Kantonsrätin Carmen Muffler (Pfäffikon) wünscht mit acht Mitunterzeichnenden klare Verhältnisse. Dem Regierungsrat soll der Auftrag erteilt werden, «das Gesetz über die amtlichen Veröffentlichungen so anzupassen, dass künftig alle Veröffentlichungen in einer geschlechterneutralen Sprache formuliert werden».

In der Einleitung zu diesem Vorstoss schreibt Muffler, dass ihr «in verschiedensten Gesetzesrevisionen der letzten Jahre auffiel, dass unter den ersten Paragrafen immer etwas herausgestrichen wird: Der Paragraf über die Sprachregelung, der meist besagt, dass alle männlichen Funktionsbezeichnungen auch Frauen miteinschliesst». Präsidium und Lehrpersonen

Für Carmen Muffler und Mitstreitende kann «eine geschlechtergerechte Sprache nicht nur durch Aufzählung aller Geschlechter oder mit Stern, Schrägstrich oder Doppelpunkt erreicht werden, sondern auch durch neutrale Bezeichnungen». Im Vorstoss wird darum angeregt, dass beispielsweise statt von dem Präsidenten und der Präsidentin vom Präsidium oder statt von Lehrerinnen und Lehrern von Lehrpersonen geschrieben werden solle.

In seiner Antwort schafft der Regierungsrat effektiv klare Verhältnisse, aber anders, als von den Motionärinnen und Motionären gewünscht. So zieht die Kantonsregierung auf vier A4-Seiten nicht nur wohl sämtliche «Verfassungsrechtliche Grundlagen» in diesem Zusammenhang heran, sondern sie geht auch auf die sprachliche Gleichstellung auf Bundesebene ein. Im Rahmen der kantonalen Rechtsgrundlagen wird daran erinnert, dass bei der Totalrevision der Kantonsverfassung vom 24. November 2010 zwar auch «eine Harmonisierung der Praxis zur sprachlichen Gleichstellung» angestrebt werden sollte. Aber auch, «dass die stereotype Verwendung eines Gleichstellungsparagrafen als überbetonter Formalismus empfunden wurde». Verständliche Gesetzessprache

Weiter hält die Regierung fest, dass man, um dieses «gebetsmühlenartige » Wiederholen einer verpönten Norm zu Beginn jedes gesetzgeberischen Erlasses zu vermeiden, im Gesetz über die amtlichen Veröffentlichungen vom 13. Mai 1987 eine Generalklausel aufgenommen habe, die seither für alle rechtsetzenden Erlasse gilt. Soweit möglich sollten Personenbezeichnungen geschlechtergerecht formuliert, jedoch auf Paarbezeichnungen verzichtet werden.

In seiner abschliessenden Haltung bekennt sich der Regierungsrat im Zusammenhang mit einer verständlichen Rechtsund Amtssprache zum Grundsatz, dass «die Gesetzessprache im Interesse der Nachvollziehbarkeit und Rechtsverwirklichung verständlich bleiben muss». Zum Punkt «generisches Maskulinum als Auffangform» schreibt er: «Nach der vorherrschenden Sprachwissenschaft werden damit alle Personen jeden natürlichen Geschlechts erfasst. Die Frauen sind nicht nur mitgemeint, sondern inkludiert.» Und die Kantonsregierung geht noch weiter: «Dem generischen Maskulinum wohnt ein umfassendes demokratisches Selbstverständnis inne.» Der Regierungsrat kommt zum Schluss, «dass Vorgaben zur verbindlichen oder sinngemässen Anwendung des Bundesleitfadens zur sprachlichen Gleichbehandlung deshalb abzulehnen sind, weil dieser den Eigenheiten der kantonalen Rechtsetzung nicht Rechnung trägt und den Gestaltungsspielraum einschränken würde». Ferner führe die Forderung nach einer geschlechtsneutralen oder sogar geschlechtslosen Rechts- beziehungsweise Verwaltungssprache «letztlich zu einer Versachlichung des Menschseins». Dem Kantonsrat wird beantragt, die Motion nicht erheblich zu erklären.

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