Veröffentlicht am

Kritik an «weltfremden Bundesrichtern»

Eine verurteilte Maskenverweigerin zog ihr Urteil bis vor Bundesgericht, wollte dort aber die Gerichtsgebühr nicht bezahlen.

RUGGERO VERCELLONE

Bis zuletzt wollte eine Märchlerin gehen, die wegen Nichttragens der Schutzmaske in öffentlich zugänglichen Innenräumen mit einer Busse von 100 Franken bestraft worden war. Kurz vor der Ausschöpfung der Schweizer Gerichtsinstanzen gab sie aber auf und zog über die Bundesrichterinnen und Bundesrichter her, wie aus dem Ende Jahr veröffentlichten Urteil zu entnehmen ist.

Angefangen hatte es im September 2021, als die Maskenverweigerin per Strafbefehl mit einer Busse von 100 Franken und der Bezahlung von Verfahrenskosten im Umfang von 1267 Franken verurteilt wurde. Dagegen erhob sie Einsprache, worauf das Bezirksgericht March die Busse von 100 Franken bestätigte und der Frau die aufgelaufenen Verfahrenskosten von 1967 Franken auferlegte. Aber auch das akzeptierte die Märchlerin nicht und zog die Sache ans Kantonsgericht weiter. Die Justiz treibe «normale Leute» in den Ruin Da sie ihre Beschwerde nicht begründete, schrieb das Kantonsgericht die Berufung als durch Verzicht auf Berufungserklärung als erledigt ab. Die Verfahrenskosten von 300 Franken nahm das Kantonsgericht auf die Staatskasse. Die Frau wurde vom Gericht verpflichtet, die Verfahrensakten zu retournieren. Doch das tat sie nicht, sondern wandte sich im September 2022 ans Bundesgericht. Dieses setzte der Frau eine Frist an, innerhalb derer sie einen Kostenvorschuss von 3000 Franken zu bezahlen habe. Frist und Nachfrist zur Leistung des Kostenvorschusses liess die Frau ohne Bezahlung des Kostenvorschusses verstreichen.

Am letzten Tag der Nachfrist beantragte die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht, den verlangten Kostenvorschuss aufzuheben und diesen als «angemessen, verhältnismässig und dem Gesetz entsprechend» aufzuerlegen. Für den Fall der Abweisung ihrer Anträge sei ein Entscheid auszufertigen, der an den Europäischen Gerichtshof weitergezogen werden könne. In ihrer Begründung wählte sie deutliche Worte. Der von ihr verlangte Kostenvorschuss betrage das 3000-fache der gegen sie ausgefällten Busse (richtigerweise das 30-fache, wie das Bundesgericht festhielt). Dass von ihr als Service-Angestellte mit einem monatlichen Einkommen von rund 2750 Franken ein solcher Kostenvorschuss einverlangt werde, zeige, wie «weltfremde Bundesrichter/innen» mit Problemen von «normalen Leuten» umgingen beziehungsweise diese Leute von der Justiz in den Ruin getrieben würden, wenn sie in einem Rechtsstaat nach Recht suchten.

Die drei den Fall behandelnden Bundesrichterinnen verwiesen auf das geltende Gesetz, das den Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten verlange. Im konkreten Fall lägen keine Gründe vor, weshalb auf die verlangte Summe zurückgekommen oder gänzlich darauf verzichtet werden sollte. Ein Gesuch auf unentgeltliche Rechtspflege liege nicht vor. Da der Kostenvorschuss nicht bezahlt worden ist, trat das Bundesgericht auf die Beschwerde gar nicht ein. Der Beschwerdeführerin wurden weitere Gerichtskosten von 1500 Franken auferlegt.

Urteil 6B_1117/2022 vom 5. Dezember 2022

Share
LATEST NEWS