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Bundesgericht hat entschieden

Das Bundesgericht lässt die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft im Fall eines Nötigungsvorwurfs nicht gelten. Angezeigt worden war der Mann von einer Frau, mit der er eine Nacht im Hotel verbracht hatte.

RUGGERO VERCELLONE

Im November 2019 eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz gegen einen Mann eine Strafuntersuchung wegen Verdachts der sexuellen Nötigung, wegen Exhibitionismus und we-gen einfacher Körperverletzung. Angezeigt wurde der Mann von einer Frau, die mit dem Beschuldigten einige Monate zuvor eine Nacht in einem Hotelzimmer verbracht hatte.

Schwyzer Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein

Obwohl sie dem Mann zuvor schon gesagt habe, er soll sie respektieren und in Ruhe las-sen, kam es im Hotelzimmer offenbar doch zu Kontakten zwischen den beiden. So soll der Mann sich nackt ausgezogen haben, die Frau hierauf umarmt und dabei an den Brüsten und an der Scheide berührt haben.

Die Staatsanwaltschaft stell-te das Verfahren mit Entscheid vom November 2020 ein, weil kein Tatverdacht erhärtet sei, der eine Anklage rechtfertige. Diesen Entscheid bestätigte das Kantonsgericht Schwyz im Beschwerdeverfahren, weshalb der Fall ans Bundesgericht gezogen wurde.

Eine zweifelhafte Beweis- und Rechtslage

Die Lausanner Richter gelangten nun aber zu einem anderen Schluss. Stünden sich in einer «Aussage-gegen-Aussage-Konstellation » gegensätzliche Aussagen gegenüber und sei es nicht möglich, die einzelnen Aussagen als glaubhafter oder weniger glaubhaft zu bewerten, so sei nach dem Grundsatz «in dubio pro duriore» (im Zweifel gegen den Angeklagten) in der Regel Anklage zu erheben.

Dies gelte insbesondere bei typischen «Vier-Augen-Delikten », wo oft keine objektiven Beweise vorlägen. Die Richter hiessen die Beschwerde der Anzeigeerstatterin gut, weil sich nicht eindeutig sagen lasse, dass ein klarer Sachverhalt vorliege.

In seinem Urteil erinnert das Bundesgericht an seinen Grundsatz: «Bei zweifelhafter Beweisoder Rechtslage hat nicht die Schwyzer Staatsanwaltschaft über die Stichhaltigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs zu entscheiden, sondern das zur materiellen Beurteilung zuständige Gericht.»

Urteil 6B_726/2021 vom 25. Mai 2022

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