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Internationales Physikturnier mit Einsiedler Beteiligung

Internationales Physikturnier  mit Einsiedler Beteiligung Internationales Physikturnier  mit Einsiedler Beteiligung

Als einziger Schweizer nahm Elias Rothlin aus Einsiedeln Anfang Mai am «International Physicists` Tournament» (IPT) in Kolumbien teil, einem internationalen Turnier für Physikstudenten. Die Schweizer Delegation schloss auf dem hervorragenden dritten Rang ab.

ANGELA SUTER

Schon früh war für Elias Rothlin klar, dass er sich der Naturwissenschaft verschreiben will. An der Stiftsschule Einsiedeln begann dann seine Faszination für Physik dank seinem Lehrer Klaus Zanker, der ihn motivierte, das Fach weiterzuverfolgen. «Physik ist nichts Aussergewöhnliches, denn im Alltag sind überall physikalische Vorgänge zu finden», erklärt der Einsiedler seine Leidenschaft.

Aktuell studiert Elias Rothlin Physik an der ETH Zürich und ist im letzten Bachelorsemester. Im Sommer hängt er dann den Master an. Nach dem Studium möchte er sich der Forschung widmen und strebt einen Doktortitel an. Aufgrund des Studiums wohnt der 22-Jährige unter der Woche in Dietikon. In seiner Freizeit spielt er Handball, Geige und fährt gerne Mountainbike. Teil der Schweizer Delegation

Anfang Mai durfte Elias Rothlin aus dem Studentenalltag entfliehen und mit der Schweizer Delegation am 14. IPT teilnehmen. Bereits neun Monate vorher beginnt jeweils das Projekt. Das internationale Organisationskomitee stellt den Ländern 17 herausfordernde ungelöste physikalische Probleme vor. Zu deren Lösung ist eine Kombination aus experimentellen und theoretischen Ansätzen erforderlich. Am IPT werden die erarbeiteten Lösungen von den Sechser-Teams präsentiert.

Je nach Land gab es verschiedene Vorqualifikationen. In der Schweiz gab es eine nationale Ausscheidung zwischen der ETH Zürich und der EPF Lausanne, die Lausanne für sich entscheiden konnte. Aufgrund einer Absenz durfte jemand von der ETH Zürich das Team ergänzen. Elias Rothlin bekam fünf Wochen vor dem Turnier positiven Bescheid: «Ich konnte es mir sehr gut einrichten und freute mich, das Team zu ergänzen.» Der einzige Schweizer Er war der einzige Schweizer der Gruppe, das ist aber nichts Aussergewöhnliches. Begleitet wurden die sechs Männer von einem Professor der EPFL und weiteren Begleitern, die beim Organisationskomitee dabei waren.

Das Turnier wurde von Russland und der Ukraine mitbegründet und von beiden auch schon oft gewonnen. Eine russische Delegation war 2022 nicht dabei. Aber eine ukrainische Delegation nahm teil, jedoch aus bekannten Gründen eine reine Frauengruppe – doch sehr aussergewöhnlich für das Physikturnier. Die ukrainischen Physik-Studentinnen hatten sich mit ukrainischen Physik-Studenten abgesprochen und anschliessend in Polen zur Weiterreise nach Südamerika getroffen. Normalerweise hat es in ungefähr der Hälfte der Teams eine bis zwei Frauen, was auch die Verteilung der Studenten widerspiegelt.

Abenteuerliche Anreise Der Start in die Turnierwoche war für Elias Rothlin schon abenteuerlich: «Ich hatte noch keinen Pass und bekam keinen regulärer Termin mehr, also habe ich mir einen Notpass besorgt. Am Flughafen in Genf war dann nicht klar, ob ich damit in Kolumbien einreisen kann, so verpasste ich meinen geplanten Flug mit dem Team. Die kolumbianische Botschaft erteilte dann zum Glück grünes Licht und so konnte ich mit einem Flieger Verspätung nach Paris nachreisen.» Von dort ging es weiter nach Bogotà (Hauptstadt von Kolumbien) und dann zum Endziel Bucaramanga. Nach 25-stündiger Reise war die Gruppe am Ziel. Alle Teams waren in einem Hotel untergebracht, das Schweizer Team teilte sich zu sechst ein grosszügiges Zimmer mit drei Räumen – das Wohnzimmer wurde zum Arbeitszimmer umfunktioniert. Die Verpflegung organisierte die Universität «Universidad Industrial de Santander» (UIS) und so gab es kolumbianische Kost für den Einsiedler: «Viel Fleisch und für mich als Vegetarier viel Reis». Nach zwei kurzen Vorbereitungstagen begann am Montag, 9. Mai, dann das IPT.

«Physik Fights» mit Bewertung An den ersten beiden Tagen fand die Vorrunde statt, bei welchem jeweils vormittags und nachmittags je ein «Physic Fight» stattfand, also eine Turnierrunde. In jeder Runde fungierte zuerst ein Team als Reporter und präsentierte seine erarbeitete Lösung, ein anderes als Gegner und befragte kritisch den Reporter und ein drittes amtete als Reviewer und beobachtete die Diskussion – nach jeder Runde wurden die Rollen getauscht.

Die Jury, bestehend aus einem Gremium hochrangiger Akademiker und Mitgliedern des Organisationskomitees, bewertete die Delegationen mit Noten von 1 bis 10. Der Gewinner der Vorrunde, Brasilien, war direkt für das Final vom Freitag qualifiziert. Die beiden anderen Finalplätze wurden am Donnerstag zwischen Platz zwei und sieben ausgemacht.

Am Mittwoch genossen alle eine vom IPT organisierte Städteführung. «Wir gingen auch in ein Geschäft und kauften alle exotischen Früchte, die wir nicht kannten. Von den Einheimischen lies-sen wir uns aufklären und probierten alle», so kam auch Ferienstimmung bei Elias Rothlin auf. Als Spezialität probierte er eine gesalzene, frittierte Riesenameise.

Motivierte Schweizer

Die Schweizer Gruppe überzeugte im Halbfinal gegen Polen und Schweden. So konnten sie ein selbst gewähltes Problem im Final präsentieren, unterlagen dann jedoch Brasilien und dem Sieger Frankreich. Platz 3 ist aber ein ansehnliches Resultat, meint der junge Physikstudent: «Ich bin wahnsinnig zufrieden und auch überrascht, dass wir so gut waren!» Für andere Länder hat dieses Turnier einen viel höheren Stellenwert als für die Schweiz, wo fast nach Teilnehmern gesucht werden muss-te. 2013 und 2018 konnte die Schweiz gewinnen, in den vergangenen Jahren war sie nicht ganz so erfolgreich.

Den Unterschied machte vielleicht die Motivation: «Wir waren motiviert, hatten Spass und das merkte man wohl unseren Präsentationen an.» Die Delegation der EPFL betrieb einen unglaublich hohen Aufwand und mach-te nächtelang Versuche – auch Elias Rothlin legte einige Nachtschichten ein, die letzte so-gar noch in Kolumbien vor dem Halbfinal, wo er bis am Morgen um 5.30 Uhr an der Präsentation feilte.

Zum Abschluss der Reise genoss die Studentengruppe am Samstag noch einen freien Tag und erkundete die Stadt. Nach der langen Rückreise begann dann gleich wieder der Alltag an der ETH. Für seine berufliche Zukunft kann der 22-Jährige vor allem die Erfahrung mitnehmen, neue Effekte auf eigene Faust zu erforschen: «Die selbstständige Arbeit nützt mir für die Zukunft sicher etwas!»

Elias Rothlin (links) beim Physics Fight gegen Rumänien und die Ukraine in der Rolle als Reporter.

Die Physikstudenten Elias Rothlin (links) und Jan Jakub Frybes bereiten sich auf einen Fight vor.

Das Schweizer Team am «International Physicists Tournament» in Kolumbien (von links): Rayan Harfouche, Tobia Fjellman, Yannis Ulrich, der Einsiedler Elias Rothlin, Pavlo Kashko, Jan Jakub Frybes, Jean-Philippe Ansermet.

Fotos: zvg

Die üppige Fruchtauswahl mit unzähligen unbekannten Obstsorten sorgte für Ferienstimmung.

Eine Studentengruppe vor dem Veranstaltungsort, der «Universidad Industrial de Santander» (UIS).

Die Stadt Bucaramanga ist nach Einwohnerzahl die fünftgrösste Metropolregion Kolumbiens.

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