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«Man lebt von kleinen Erfolgen»

«Man lebt von kleinen Erfolgen» «Man lebt von kleinen Erfolgen»

Cedric Ochsner (23) blickt zurück auf seine Karriere als alpiner Skirennfahrer

Cedric Ochsner hat jüngst seinen Rücktritt vom alpinen Skirennsport verkündet. Er ist mit seiner Entscheidung im Reinen, wie er im Gespräch erzählt.

WOLFGANG HOLZ

Das T-Shirt, das er gerade trägt, scheint irgendwie Programm zu sein. «Peak Performance» steht da mit weissen Buchstaben auf schwarzem Stoff. Gipfelaktion. Oder Gipfelvorführung bedeuten die beiden englische Worte auf deutsch. Auf seine Karriere bezogen, kann man diese Worte auch so verstehen, dass er seinen Leistungszenit erreicht hat – und sich nun von den Berggipfeln als Skirennfahrer verabschiedet.

Die Rede ist von Cedric Ochsner. Der 23-jährige Trachslauer, der die letzten sechs Jahre vor allem im Super-G und in der Abfahrt Europacuprennen im C-Ka-der und zuletzt – von 2020 bis 2022 – im B-Kader von Swiss-Ski bestritt, hat sich bekanntlich vor Kurzem entschlossen, mit dem Rennsport aufzuhören (EA 32/2022).

«Risikobereitschaft nicht mehr da» «Mir gehts gut, tipptopp», beschreibt der gelernte Elektroinstallateur seinen Gemütszustand. Er wirkt völlig in sich ruhend. Zufrieden mit der Welt und mit seiner Entscheidung, künftig keine Rennen mehr fahren zu wollen. «Ich habe einfach die Risikobereitschaft nicht mehr aufgebracht, um weiterhin erfolgreich sein zu können», bilanziert der sympathische junge Mann. Er habe immer viel Spass beim Skifahren gehabt und etwa den Temporausch bei den Abfahrten genossen. «Skifahren ist von jeher meine grösste Leidenschaft », so Ochsner. Auch die furchterregende Streif ist er im Europacup schon wagemutig runtergerast.

Seine Erfolge sind nicht ohne. 2019 erreichte er bei der Juniorenweltmeisterschaft in Val di Fassa den siebten Rang und stieg dadurch ins C-Kader von Swiss-Ski auf. In der Saison 2019/2020 schaffte der für den Skiclub Hausen am Albis Startende seine ersten FIS- und Europacup- Podestplätze. Bei der Abfahrt im französischen Orcières fuhr er auf den hervorragenden zweiten Platz.

Geniales Gefühl auf dem Ski

Und im März 2020, ja, da ras-te Ochser sogar in einer atemberaubenden Fahrt bei der Welt-cup Abfahrt im norwegischen Kvitfjell auf den 23. Platz und sammelte nicht nur seine ers-ten acht Weltcup-Punkte. Der 23. Rang ist auch nach eigener Beurteilung der grösste Erfolg seiner Karrriere.

Beachtliche Leistungen. Doch warum reichte es ihm eigentlich nicht zu mehr? Schliesslich bescheinigten Experten dem Nachwuchsspeed-Spezialisten immer wieder ein unglaubliches Gefühl für den Ski. Der «Blick» attestierte Ende 2020 dem «neuen Abfahrts-Pfundskerl» mit seinen 100-Kilogramm-Körpergewicht ein Ski-Gefühl wie Beat Feuz. Und Abfahrts-Legende Franz Heinzer, der Cedric Ochsner in den vergangenen Jahren zum versierten Rennläufer schliff, traute dem Trachslauer gerade aufgrund seines genialen Gefühls fürs Skifahren «noch einiges für die Zukunft zu».

Verletzungen, mentale Probleme Doch zum einen bremsten Verletzungen Ochsners Karriere ein – wie jener Bandscheibenvorfall 2016, von dem er sich nur schwer erholte und erst im allerletzten Moment die Kurve noch kratzte. Zum anderen verhinderte die starke Konkurrenz im eigenen Team weitere Welt-cup Starts. Nicht zuletzt machte der Rennfahrer nie einen Hehl daraus, dass er kein Trainingsweltmeister ist.

«Vielleicht lag es auch daran, dass ich immer zu viel vor und nach den Rennen mit dem Kopf studiert habe», bekennt Cedric Ochsner. Zwar hat ihm seine Konzentrationsfähigkeit aus dem Schiessen geholfen, sich vor dem Start zu sammeln – schon als Elfjähriger belegte er ja den dritten Rang am Schwyzer Kantonalen Jugendschiessen. Doch seine mentalen Probleme habe er während seiner Karriere trotz Mentaltrainer nicht wesentlich eliminieren können.

Trotzdem ist Cedric Ochsner unterm Strich zufrieden mit dem, was er auf Skiern erreicht hat. Wobei er einräumt, dass man als Skifahrer «eben von vielen kleinen Erfolgen» lebe. Grosse Erfolge gibt es ganz wenige. Dabei würden die Skirennfahrer in den Top 100 von ihrem Leistungspotenzial im Grunde eng beieinander liegen. «Doch eben nur die Fahrer in den Top 30 schaffen es regelmässig, ihr Leistungsvermögen konstant abzurufen», ist Ochsner überzeugt.

Gleichzeitig habe er es eben auch stets genossen, all die Jahre Mitglied im Swiss-Ski-Ka-der sein zu dürfen. Gemeinsam mit dem Team etwa zwei Wochen nach Norwegen fliegen zu können, um dort zu trainieren und Wettkämpfe zu bestreiten. Mit den Kollegen zusammen zu sein und eine gute Zeit zu haben.

Und was kommt jetzt? Der Einsiedler Feuerwehrmann, der in seiner Freizeit auch noch gerne Töff fährt und Sportschütze ist, sieht seiner Zukunft gelassen entgegen. «Ich arbeite natürlich gerne weiter als Elektroinstallateur. Und Skifahren werde ich auch weiterhin mit grosser Leidenschaft.» Sagts und grinst.

Schnell und dynamisch: Cedric Ochsner beim Abfahrtstraining in Garmisch Partenkirchen. Foto: zvg

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