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«Einsiedeln verfügt über eine wunderbare Naturlandschaft»

«Einsiedeln verfügt über eine wunderbare Naturlandschaft» «Einsiedeln verfügt über eine wunderbare Naturlandschaft»

Seit hundert Tagen ist die 31-jährige Nadja Zehnder Direktorin im Hotel Drei Könige in Einsiedeln: «Die Verknüpfung traditioneller Werte mit neuen Visionen sollen den Betrieb erfolgreich in die Zukunft führen.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Wie kommt es dazu, dass Sie im Hotel Drei Könige gelandet sind? Nach über sieben Jahren bei den Bergbahnen Engelberg-Titlis im Berghotel Trübsee war es an der Zeit, etwas Neues in Angriff zu nehmen: Mich plagte das Heimweh, schliesslich stamme ich aus Einsiedeln. Die Rückkehr ins Klosterdorf bedeutet für mich auch ein Zurückkommen an meine Ausbildungsstätte: Denn ich habe von 2006 bis 2009 eine Kochlehre im Hotel Drei Könige absolviert. Ich habe beste Erinnerungen an diese Zeit, weil ich damals die Möglichkeit hatte, eine ausgezeichnete Ausbildung im Einsiedler Traditionsbetrieb zu machen. Hoteldirektorin zu werden: War das ein Mädchentraum von Ihnen?

Ja, das war es in der Tat! Ich habe bereits früh in meinem Leben gespürt: Das Gastgewerbe zieht mich an, da will ich hin. Das Gastgeber-Gen durfte ich erben, meine Grosseltern betrieben einen Gasthof im Klöntal mit Leidenschaft. Leider war dies noch vor meiner Zeit. Aber von meinem Grossvater stammt das Bonmot: Essen und Trinken sind die drei schönsten Dinge des Lebens. Gerade wenn Familien und Freunde sich am Tisch treffen, gemeinsam geniessen und sich Zeit teilen, sind das die schönsten Momente, welche unseren Beruf in sich haben. Wie haben Sie Ihre ersten hundert Tage als Hoteldirektorin erlebt?

Das war eine sehr bewegte Zeit. Die Corona-Pandemie stellte ja insbesondere für das Gastgewerbe eine grosse Herausforderung dar. Ich versuchte, positiv zu bleiben, auch wenn es schwierig war, planen zu können. So war denn oftmals auch Improvisieren angesagt. Zwar mussten Hotels nicht geschlossen werden, trotzdem sind die Gästezahlen naturgemäss gesunken während der Pandemie. Ich bin überzeugt, dass in jeder Krise auch Chancen entstehen.

Was hat Sie in dieser ersten Zeit besonders überrascht? Der Übertritt verlief fabelhaft. Ich bin überrascht worden davon, mit welch grossem Vertrauen man mich empfangen hat. Ich bin froh darüber, dass ich weiterhin auf die Unterstützung von Maja Hübscher zählen darf und die ganze Familie die Nachfolgelösung mitträgt. Ich freue mich auf die Herausforderung in meiner Heimat und bin dankbar für das gut eingespielte und bunt gemischte Team aus Lernenden, neuen und langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im «Drei Könige».

Haben Sie bereits einmal die Sauna besucht? Das habe ich tatsächlich (lacht)! Die Sauna unter dem Dach mit dieser tollen Aussicht auf das Kloster Einsiedeln ist ein Bijoux par excellence und kommt einfach prächtig daher. Der Ruheraum ist eine Oase der Stille und ist einmalig. Das Gute daran: Die Sauna steht nicht nur den Hotelgästen zur Verfügung, sondern allen Einsiedlerinnen und Einsiedlern. Ganz gewiss bedeutet der gelungene Bau dieser Sauna in dieser Lage über den Dächern des Klosterdorfes ein grosser Gewinn für den ganzen Betrieb und all unsere Gäste.

Was ist das Spezielle am Hotel Drei Könige?

Mich fasziniert, aus welch unterschiedlichen sozialen Strukturen unsere Gäste stammen, um in diesem Haus abzusteigen: Zu uns kommen Pilger, Touristen, Sportler und Geschäftsreisende. Unser Haus ist vor allem auch bekannt für soziale Zusammenkünfte, für Gemeinschaften, Vereine und Familien, die Feste feiern: von der Taufe bis zur Trauerfeier. Auf dieser Art und Weise kommen bei uns ganz verschiedene Leute miteinander ins Gespräch.

Welche Vision möchten Sie gerne umsetzen?

Sicherlich wird ein frischer Wind im Hotel- wie im Restaurantbereich spürbar werden. Die Verknüfung traditioneller Werte mit neuen Visionen sollen den Betrieb erfolgreich in die Zukunft führen. Die Übernachtungsangebote sollen laufend für Individualgäste verfeinert werden. Eine digitale Gästemappe mit wertvollen Informationen zu den Services des Hotels, zur aktuellen Restaurantkarte zu Ausflugstipps in die Region steht bereits exklusiv zur Verfügung. Damit möchten wir den vielseitigen Bedürfnissen unserer Gäste noch gerechter werden. Im Restaurant dürfen sich die Gäste weiterhin auf bekannte Klassiker freuen. Mit Blick auf aktuelle Trends und Nachhaltigkeit ist es mir wichtig, den Fokus der Küche künftig noch stärker auf regionale und saisonale Zutaten zu legen. Was möchten Sie gerne verändern?

Es gibt naturgemäss Wünsche bezüglich Investitionsvorhaben, die nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie zurückgestellt werden mussten. Zu die-sen zählt unter anderen die Renovation des Saales Balthasar, der 150 Gästen Platz bietet. Es ist an der Zeit, dass dieser Saal erneuert werden könnte. Was ich unbedingt beibehalten möchte, ist weiterhin eine hohe Dienstleistungsqualität anbieten zu können: Auf dass unsere Gäste hier bei uns eine gute Zeit verbringen dürfen – jenseits blosser Erfüllung von Grundbedürfnissen als Pflicht-übung.

Welche Herausforderung stellt sich Ihnen, um diese Ziele erreichen zu können? Ein ganz grosses Problem stellt der Fachkräftemangel dar. Im Gastgewerbe fehlt es an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine gute Ausbildung absolviert haben. Die Corona-Pandemie hat das Problem der fehlenden Fachkräfte in der Hotellerie noch bei Weitem verschärft. Unter diesen Umständen ist es nicht einfach, die personelle Situation zu verbessern. Zukünftig müssen wir vermehrt auf Allrounder- Talente setzen und können nicht mehr auf gut ausgebildete Fachkräfte hoffen. Darunter darf die Qualität der Dienstleistung aber nicht leiden. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir zuküftig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermehrt mit internen Schulungen begleiten. Maja Hübscher zieht sich aus der Leitung des Hotels zurück: Haben Sie bereits einen Vizedirektor gefunden? Das haben wir in der Tat: Ab dem Mai steht uns ein Vizedirektor zur Seite, der als Gastronomieleiter tätig sein wird. Es handelt sich um eine organisationsstarke Gastgeberpersönlichkeit mit Erfahrung, zu dessen Aufgaben die Mitgestaltung der Strategieausrichtung, die Führung des Restaurantbereichs und die Mithilfe bei der bereits angesprochenen Ausbildung der Lernenden gehören.

Ist das Hotel jetzt nach der Corona- Pandemie wieder gut besucht?

Tatsächlich scheint nun ein Ende der Pandemie in die Nähe gerückt zu sein. Allerdings dauert es nun wohl eine Zeit, bis wir wieder einen Normalbetrieb ha-ben. Die zahlreichen Busreisen mit Pilgerinnen und Pilgern aus Österreich, Deutschland und Italien lassen noch auf sich war-ten. Vermehrt steigen bereits wieder Individualtouristen aus dem nahen Ausland und Inland bei uns ab.

Steigen im Winter auch Skifahrer und Langläufer bei Ihnen ab?

Oh ja, im Winter beherbergen wir Schneesportler und im Sommer Velofahrer. Für die Langläuferinnen und Langläufer haben wir spezielle Angebote. E-Biker sind eine immer wichtigere Gästegruppe. Die Herzroute führt ja gleich hier am Haus vorbei. Auch das Iron Bike Race Einsiedeln ist ein für uns wichtiger Anlass, den wir vermissen würden, gäbe es ihn nicht mehr.

Fehlt es im Klosterdorf an Hotelprojekten?

Es kommt vor, dass an gewissen Wochenenden die Nachfrage nach Hotelbetten in Einsiedeln sehr gross ist. Im Allgemeinen kann das Angebot die Nachfrage befriedigen. Am ehesten fehlt es im höheren Segment der 4- bis 5-Sterne-Hotels an einem entsprechenden Projekt in Einsiedeln. Wenn man die ganze Region ins Auge fasst, fehlen durchaus Hotels. Es mangelt in Einsiedeln vor allem an Sportstätten: Es wäre toll, wenn es im Klosterdorf ein Hallenbad oder eine Eishalle geben würde.

Was müsste der Tourismusverein EYZ unternehmen, um wieder mehr Gäste nach Einsiedeln zu locken?

EYZ hat unter dem neuen Präsidium einen frischen Wind und tolle Dynamik in die Hotellandschaft und Tourismusbranche der ganzen Region gebracht. Dazu gehören zukünftig regelmässige Meetings, an denen ein Austausch unter den Hoteliers stattfindet. So findet am Donnerstag ein Hotel-Round-Table in Einsiedeln statt. Was macht das spezielle Ambiente von Einsiedeln aus? Einsiedeln verfügt über eine unvergleichliche wunderbare Naturlandschaft und eine prächtige Klosteranlage. Hinzu kommt der wundersame Schlag von einheimischen Leuten, die im Klosterdorf leben und mit ihrer Eigenart einen speziellen Reiz haben. Haben Sie vor, Ukraine-Flüchtlinge im Hotel unterzubringen? Die Möglichkeiten sind vorhanden, und wir sind uns über die Verbände am Informieren. Wir hoffen, dass wir bald mehr erfahren, wie und auf welche Art und Weise es möglich sein wird, Flüchtlinge aufzunehmen, die vor dem Krieg in der Ukraine zu uns fliehen.

«Es war an der Zeit, etwas Neues in Angriff zu nehmen: Mich plagte das Heimweh.» «Unser Haus ist bekannt für soziale Zusammenkünfte, Vereine und Familien, die Feste feiern.» «Mich fasziniert, aus welch unterschiedlichen sozialen Strukturen unsere Gäste stammen.» «Ein grosses Problem ist der Fachkräftemangel: Im Gastgewerbe fehlt es an Mitarbeitern.» «Am ehesten fehlt es im Segment der 4-bis 5-Sterne-Hotels an einem Projekt in Einsiedeln.»

Nadja Zehnder ist zurück im Klosterdorf: Nach einer Tour quer durch die Hotellerie in der Schweiz hat die diplomierte Hôtelière-Restauratrice HF am 1. Januar die Geschäftsführung des Hotels Drei Könige in Einsiedeln übernommen.

Foto: Magnus Leibundgut

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