Veröffentlicht am

«Einsiedeln wird zum Outdoor-Mekka par excellence»

«Einsiedeln wird zum  Outdoor-Mekka par excellence» «Einsiedeln wird zum  Outdoor-Mekka par excellence»

Simon Elsener übernimmt das Präsidium der Tourismusorganisation Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG: «Es wäre von Vorteil, wenn sich Einsiedeln der Agglo Obersee anschliessen würde. Das Klosterdorf könnte enorm davon profitieren, wenn es bei diesem Netzwerk mit dabei wäre und die Verkehrsströme regional optimiert werden können.»

MAGNUS LEIBUNDGUT

Die Pandemie neigt sich ihrem Ende entgegen. Wie hat sich Corona auf den Tourismus ausgewirkt?

Ich sehe viele positive Aspekte: Corona hat dazu beigetragen, den Tourismus im Sinne einer Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Vermehrt steht das Verweilen an einem Gastort an sich im Zentrum: Der Gast macht sich Gedanken zur Anfahrt und ob er womöglich einen Tag länger im Ort verbleiben will. Corona hat dazu geführt, dass es in diesem Winter wohl eine Rekordsaison geben wird, was den Zustrom von Schneesportlern betrifft. Einsiedeln und die Angebote in der Region werden zum Outdoor-Mekka par excellence. Und zu guter Letzt hat die Pandemie dazu geführt, dass sich Gaststuben vermehrt in Gartenwirtschaften verwandeln – was man ja auch im Klosterdorf sieht. Wie kommt es dazu, dass Sie neben dem präsidialen Engagement bei Rapperswil Zürichsee Tourismus nun auch das Präsidium der Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG übernehmen und die operative Führung der beiden Organisationen abgeben? Nach dreieinhalb Jahren Geschäftsführung bei der EYZ AG ist es an der Zeit, dass ein/e neue/r Direktor/in das Ruder übernimmt und mein/e Nachfolger/ in wird. Das dient nicht zuletzt einer organischen Weiterentwicklung der Organisation, bietet zusätzlichen Raum für Gestaltung. Als Präsident kann ich verstärkt strategisch tätig sein und mein Netzwerk zur Anwendung bringen. Ich freue mich sehr darauf, die Nachfolge von Dominik Hug antreten zu dürfen.

Ist das ein gutes Zeichen für das Klosterdorf und ein eher ungünstiges für die Rosenstadt? Jeder Ort hat seine eigenen Reize. Einsiedeln wie Rapperswil-Jona haben beide ihre Pluspunkte. Sie ergänzen sich bestens und sind durch den Jakobsweg, die S40, die Veloroute 9 und die Herzroute miteinander verbunden. Einer engen Zusammenarbeit und strategischen Partnerschaft steht nichts entgegen. Ein Ur-Rapperswiler legt das Amt als Tourismusdirektor nieder. Muss man sich nun Sorgen machen, dass die Rosenstadt touristisch vergessen geht?

Ganz und gar nicht. Ich bleibe weiterhin Präsident von Rapperswil Zürichsee Tourismus und werde meine Handschrift weiterführen. Unsere Destination und Erfolgsfaktoren sollen beibehalten und gestärkt werden. Das heisst: Die enge Kooperation mit Zürich Tourismus soll weiter ausgebaut werden, um uns national und international bekannter zu machen. Um was geht es denn konkret in Ihrem neuen Job? Zuerst muss ich am 24. März zum Verwaltungsratspräsidenten der Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG gewählt werden. Der gemeinsame Raum über drei Kantone hinweg bietet ein riesiges touristisches Potenzial. Ich will die touristischen Leistungsträger und die Politik in dieser Region vernetzen, um so touristisch weiterzuwachsen. Just in der Neuen Regionalpolitik (NRP) sehe ich viel Potenzial. Natürlich soll dies im Einklang mit der Bevölkerung geschehen, die viele der Angebote als Naherholungsgebiet nutzt. Wir sind nicht wie Arosa, Zermatt oder Davos, in denen ohne Touristen nicht viel los ist. Allein um den Zürichsee wohnen 1,5 Millionen Menschen. Sie gilt es zu begeistern.

«Ganz besonders freut es mich, dass die Tour de Suisse 2023 nach Einsiedeln kommt.»

Beackern Sie mit Einsiedeln- Ybrig-Zürichsee eine Region, die zwischen Stuhl und Bank fällt? Für uns ist wichtig, dass wir qualitativ gute Touristen nach Einsiedeln, Rapperswil, in den Ybrig, ins Wägital oder nach Amden- Weesen lotsen können. Wir brauchen keine Masse an Touristen, sondern möchten Tagestouristen dazu bringen, in der Region vermehrt zu übernachten. Es gibt zahlreiche Leuchttürme in der Region Einsiedeln, die schliesslich zum Grossraum Zürich gehört: Das Klosterdorf befindet sich im Einzugsgebiet der Limmatstadt, Einsiedeln ist eng mit Zürich verbunden. Es bietet mit seiner Naturerlebniswelt einen willkommenen Mehrwert und Kontrast zur Stadt. Ganz be-sonders freut es mich, dass die Tour de Suisse im kommenden Jahr für drei Tage nach Einsiedeln kommt: Eine grosse Chance für die ganze Region. Früher war die Hotellerie stark im Klosterdorf. Heute kommen zumeist Tagestouristen nach Einsiedeln. Wie können wieder Hotelgäste angezogen werden? Früher kamen Pilger für zwei bis drei Tage ins Klosterdorf, heute für zwei bis drei Stunden. Abgesehen davon ist die Zahl der Pilger an sich gesunken. Wir müssen neue Angebote schaffen, die eine erweiterte Zielgruppe ansprechen. Ich denke da in erster Linie an Familien, die dann zum Beispiel den Kinderzoo in Rapperswil oder das Alpamare in Pfäffikon besuchen. Aber auch Outdoor-Interessierte rücken in den Fokus – oder Geschäftsleute, die an Meetings im Hotel Allegro Workshops in Einsiedeln besuchen: ein Kongress-, Tagungs- und Seminartourismus wäre möglich.

Fehlt es an Hotels im Klosterdorf?

Für Hotels sowie auch Ferienwohnungen besteht in Einsiedeln und Umgebung weiteres Potenzial. Und es fehlt auch an einer zeitgemässen Besucherlenkung: Wenn viele Unterländer im Winter aufs Mal dem Nebel entfliehen wollen, stecken sie schnell einmal im Stau in Einsiedeln, was wiederum aufgrund exorbitantem Verkehr viele Emissionen auslöst. Der Tagestourismus ist nicht an sich schlecht: Nur sollte ein Tagesgast vielleicht nicht nur 3.50 Franken für das Parkhaus im Klosterdorf ausgeben. Eine gute Wertschöpfung sieht anders aus. Es braucht einen Ausbau der Angebote. Allerdings muss alles gut durchdacht sein: Es bringt nichts, vollends eine Langlaufregion Einsiedeln-Studen-Rothenthurm in einer Höhenlage zu hypen, auf der keine Schneesicherheit besteht. Vielleicht müsste man sich dann Schneekanonen oder andere alternative Möglichkeiten leisten können. Der Gast von heute wünscht eine gewisse Planungssicherheit, wie es zum Beispiel die Lenzerheide bietet.

Wie wäre es, wenn man attraktive und günstige Angebote im Stil von Bed and Breakfast in Einsiedeln schaffen würde? Wenn diese Angebote zu einer Attraktivitätssteigerung beitragen können, indem sie qualitativ überzeugen, sind sie auch in der Lage, neue Touristen ins Klosterdorf zu locken. Es gibt via Social Media bereits gute neue Modelle mit Airbnb. In Einsiedeln existiert zudem bereits Nomady: Diese Plattform bietet attraktive Stellplätze für Camper auf Bauernhöfen.

Abschreckend wirken kilometerlange Staus von Skifahrern aus dem Züribiet, welche die Strassen verstopfen. Müssten die Kapazitäten im ÖV ausgebaut werden?

Ideal wäre es, wenn Einsiedeln beim Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) mit dabei wäre. Aber das ist naturgemäss eine Kostenfrage. Hilfreich wäre es, wenn es einen direkten Zug von Zürich nach Einsiedeln geben würde: Wegen Umsteigen verliert der ÖV Fahrgäste. Ein weiterer Vorteil mit Potenzial könnte sein, wenn sich Einsiedeln der Agglo Obersee anschliessen würde: Das Klosterdorf könnte enorm davon profitieren, wenn es bei diesem Netzwerk mit dabei wäre und die Verkehrsströme verstärkt regional optimiert werden können. Einsiedeln gehört eingebettet in die gesamte Region.

Was halten Sie davon, wenn die Hauptstrasse im Klosterdorf autofrei gestaltet würde? Könnte diese Massnahme Touristen anziehen?

Wenn die Sperrung der Hauptstrasse für den Autoverkehr die Aufenthaltsdauer von Touristen verlängert, könnte eine solche Massnahme eine Chance für das Klosterdorf sein. Allerdings muss man auch die Interessen des Gewerbes berücksichtigen: Dieses ist teils darauf angewiesen, dass die Kunden mit dem Auto zufahren können. Es gibt abschreckende Beispiele wie in Lachen, in dem der autoarme Dorfkern ausgestorben wirkt und nun Schritt für Schritt mit neuen Angeboten wiederbelebt werden muss. Was gut wäre für die Detaillisten: Wenn die Läden in der Tourismuszone auch sonntags offen hätten.

Welche Rolle spielen die Räume für einen Touristenort?

Räume sind wesentlich für die Attraktivität einer Ortschaft. Sehr einladend wirkt der Klosterplatz in Einsiedeln. Der Bahnhofplatz im Klosterdorf heisst hingegen die Gäste weniger willkommen. Es wäre wichtig, wenn Einsiedeln über ein attraktives Eintrittstor verfügen würde. Da muss man wohl noch zehn bis zwanzig Jahre warten. Was erwarten Sie von der Politik in Sachen Unterstützung des Tourismus? Die Politik ist wichtig, weil sie den Nährboden schafft für eine gute Entwicklung des Tourismus und der Wirtschaft. Wesentlich ist ein gelungener Ideenaustausch zwischen Politik, Wirtschaft und Tourismus. Ich wünsche mir, dass die Politik Projekte des Tourismus mittragen und mitfinanzieren würde. Da ist noch Luft nach oben. Wie schätzen Sie die Folgen eines Endes des Iron Bike Race Einsiedeln für den Tourismus ein? Der Anlass ist enorm wichtig für die ganze Region. Es wäre sehr schade, wenn es das Iron Bike Race nicht mehr geben würde. Ich bin guten Mutes, dass eine Lösung gefunden werden kann, das Rennen weiterzuführen. Ich bin nicht der Meinung, dass EYZ und der Bezirk die Veranstaltung finanziell zu wenig unterstützt ha-ben. Am Geld sollte es nicht lie-gen. Probleme bereiten eher die Wegführung und die Schwierigkeit, Personen zu finden, die das Ganze organisieren wollen. Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten paar Wochen Neuigkeiten dazu geben wird. Welche Ziele setzen Sie sich als Präsident von EYZ? Mir ist wichtig, den eingeschlagenen Weg weiterzuführen. Das heisst, die beiden Organisationen Rapperswil Zürichsee Tourismus und Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee sollen weiter zusammenwachsen und Synergien nutzen. Dieser Veränderungsprozess soll vorangetrieben werden – mit einer Tendenz zu moderatem, nachhaltigem Wachstum. Vielleicht ist es in der Zukunft an der Zeit, gemeinsam mit den verschiedenen Akteuren einen Masterplan für Einsiedeln zu schaffen.

Welches Potenzial erkennen Sie in der Tourismusregion Einsiedeln- Ybrig-Zürichsee?

Die Region ist attraktiv für Familien, Outdoor-Sportler, kulturell Interessierte und Pilger. Sie bietet die Möglichkeit zu einem «Meet the Locals»: Statt eines anonymen Foodfestivals gibt es hierzulande ein authentisches «Hiesigi choched Hiesigs». Anlässe wie das Musikfest bergen das Potenzial in sich, ein grösseres Publikum anzuziehen. Das Klosterdorf wäre ideal gelegen, um ein Reka-Dorf aufzubauen. Welche Gründe gibt es, im Klosterdorf eine Woche Ferien zu buchen?

Es müsste ja nicht gleich eine ganze Woche sein: Drei Tage wären schon prima. Wenn schönes Wetter herrscht, sind die Outdoor-Möglichkeiten in Einsiedeln überaus facettenreich. Das Problem stellt sich eher, wenn es regnet: Im Klosterdorf sind die Indoor-Möglichkeiten eher beschränkt. Umso eher lohnt es sich, sich Gedanken zu machen, wie neue Angebote in Einsiedeln geschaffen werden können.

«Einsiedeln liegt im Grossraum Zürich und ist eng mit der Limmatstadt verbunden.» «Früher kamen Pilger für zwei bis drei Tage ins Klosterdorf, heute für zwei bis drei Stunden.» «Die Politik ist in der Verantwortung, eine Lösung des Verkehrsproblems anzupeilen.» «Gut wäre, wenn die Läden in der Tourismuszone auch sonntags offen hätten.»

Müsste sich der Bezirksrat für eine Verkehrslösung im Raum Einsiedeln einsetzen? Naturgemäss ist die Politik in der Verantwortung, eine Lösung des Verkehrsproblems anzupeilen, sich Wissen zu verschaffen, wie überhaupt die Lage vor Ort ist. Vermutlich gehört das Thema Verkehr in den meisten Kommunen zu den grössten Knacknüssen.

«Der Bahnhofplatz im Klosterdorf heisst hingegen die Gäste weniger willkommen.»

Simon Elsener heisst der neue Präsident der Einsiedeln-Ybrig-Zürichsee AG (EYZ): Ich wünsche mir, dass die Politik Projekte des Tourismus mittragen und mitfinanzieren würde. Da ist noch Luft nach oben.» Foto: Magnus Leibundgut

Share
LATEST NEWS