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Weihnachtslieder sollen erklingen

Weihnachtslieder sollen erklingen Weihnachtslieder sollen erklingen

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NADJA RÄSS

Welche Weihnachtslieder singen Sie dieses Jahr unter dem Christbaum? Oder singen Sie überhaupt?

Singen macht auch glücklich

Ich hoffe es natürlich sehr, denn Singen tut nicht nur gut, sondern macht auch glücklich! Aber längst nicht jedefrau oder jedermann singt. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Als Gesangspädagogin höre ich immer wieder diesen Satz: «Ich cha zwar nid singe, aber ich möchts gliich mal versueche.» Frage ich nach, finde ich meistens heraus, dass diese Aussage auf einem Erlebnis in der Kindheit gründet: Bei einem Vorsingen in der Primarschule hat die Stimme versagt oder eine Lehrperson hat aus irgendeinem Grund «nicht-singen- können» diagnostiziert. Oft reicht es, diese Feststellung durch eine Autoritätsperson einmal zu hören, um die ganze Gesangskarriere an den Nagel zu hängen. Mit Gesangskarriere meine ich nun nicht eine berufliche Karriere, sondern das Singen als Element des Alltags. Meistens geschieht es eher unbewusst, dass man nicht mehr singt, nicht nur wegen des persönlichen Erlebnisses, sondern zusätzlich verunsichert von Idealvorstellungen, die durch unsere Idole und die Medien genährt werden. Die Menschen singen dann höchstens noch ganz im Versteckten, denn der Singwunsch schlummert tief in ihrem Innersten, doch glauben sie ja, dass sie es nicht können.

Meistens eine Fehldiagnose

Manchmal landen solche Menschen bei mir im Unterricht. Dort stelle ich in den allermeisten Fällen fest, dass es sich bei der oft jahrzehntealten Diagnose um eine Fehldiagnose handelt, das Instrument Stimme zwar infolge von Nichtgebrauch und leichter Überalterung etwas eingerostet, aber durchaus vorhanden ist. Nach einer ersten Übungsphase tönt es meist schon sehr passabel – aber was noch viel wichtiger ist: Die Menschen sind glücklich und zufrieden. Denn das ist das, was Singen machen soll: glücklich! Töne von sich zu geben, bedeutet, dass man mit seiner Atmung, mit seinem Körper arbeitet und zu einer Einheit wird. Man ist bei sich selber und findet so zu einer Art inneren Ruhe. Singen kann ein Weg sein, mitten in dieser hektischen Welt bei sich selbst anzukommen.

Jeder Mensch kann singen Meiner Ansicht nach kann jeder Mensch singen. Bei den einen tönt es schöner, bei den andern halt etwas weniger. Doch das spielt keine Rolle, denn Singen ist etwas, das uns allen gut tut. Nur schon singen unter der Dusche, singen im Auto, singen beim gemütlichen Beisammensein mit Freunden ist Balsam für die Seele. Ich glaube ganz fest daran, dass Menschen, die singen, zufriedener sind als Menschen, die nicht singen. Und noch glücklicher macht das Singen in der Gruppe, und wenn nicht unter dem Weihnachtsbaum, wann dann? Also packen Sie die altbekannten Weihnachtslieder aus und lassen Sie diese am 24. Dezember erklingen: «Ihr Kinderlein kommet», «Stille Nacht, heilige Nacht», «Oh Tannenbaum» und wie sie alle heissen!

«Ich glaube ganz fest daran, dass Menschen, die singen, zufriedener sind als Menschen, die nicht singen.»

Nadja Räss. Nach der Matura an der Stiftsschule Einsiedeln studierte sie an der Zürcher Hochschule der Künste Gesang und schloss dieses Studium 2005 mit dem Master in Pädagogik erfolgreich ab. Nadja Räss ist leidenschaftliche Gesangspädagogin und seit Herbst 2018 Dozentin für «Jodel» an der Hochschule Luzern.

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