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«Auch wenn ich mit Frau Kälin das Heu nicht auf der gleichen Bühne habe, verstehen wir uns persönlich ganz gut»

«Auch wenn ich mit Frau Kälin das Heu nicht auf der gleichen Bühne habe, verstehen wir uns persönlich ganz gut» «Auch wenn ich mit Frau Kälin das Heu nicht auf der gleichen Bühne habe, verstehen wir uns persönlich ganz gut»

VICTOR KÄLIN

Der Nationalrat hat weiteren 240 Millionen Franken für Unternehmen des öffentlichen Verkehrs in der Pandemie zugestimmt. Einzig die SVP war dagegen. Weshalb? Der Nationalrat will die Entschädigungen auf touristische Anbieter ausdehnen. Wir sind der Ansicht – wie übrigens auch der Bundesrat–, dass die Transportunternehmungen erst ihre Reserven aufwenden, bevor hier der Staat grosszügig entschädigt.

Die Einnahmen aus den Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank sollen nach dem Willen des Nationalrats der AHV zugute kommen. Wie ist Ihre Meinung? In der AHV haben wir ein grosses Finanzierungsproblem. Verschiedene Vorschläge wurden in der Vergangenheit durch das Volk abgelehnt. Nun haben wir eine Vorlage ausgearbeitet, wo alle etwas dazu beitragen, um die AHV zu sichern. Wenn nun die Negativzinsen der Nationalbank für die AHV verwendet werden, kommt dies dem Volk zugute, was zu begrüssen ist. Die Rentenreform könnte Seiten füllen. Belassen wir es bei noch einer Frage. Der Vorschlag des Bundesrats ist in einem Kernpunkt durchgefallen: Der Nationalrat will keine Rentenzuschläge mit der Giesskanne. Teilen Sie die Meinung der Ratsmehrheit?

Die AHV muss nun endlich saniert und auf gesunde Beine gestellt werden. Die Bevölkerung erwartet hier nun endlich eine Lösung. Der Bundesrat wollte mit der Giesskanne grosszügig Rentenzuschläge verteilen. Also ob man nun Millionär ist oder ganz arm. Das finde ich keine gute Lösung. Es muss differenziert werden.

Der Nationalrat ist der Ansicht, dass die Landesregierung künftig neun statt sieben Mitglieder haben soll. Er hat sich für eine Regierungsreform ausgesprochen. Was halten Sie von diesen Absichten?

Es entbehrt jeder Logik, wenn die Führung in der Menge ausgebaut wird. Dies führt zu Doppelspurigkeiten, wird ineffizient und kostet wahnsinnig viel Geld. Jedes neue Mitglied bringt einen neuen Stab an Mitarbeitern mit, Kommunikationsexperten und so weiter. Nutzen für die Bevölkerung entsteht keiner. Um Corona herum kommt auch dieses Interview nicht. Denn die SVP forderte per Antrag die Aufhebung der besonderen Corona-Lage. Der Nationalrat stimmte mit 128 zu 42 Stimmen bei 6 Enthaltungen allerdings klar dagegen. Was wäre dann passiert, wenn die beiden Kammern die besondere Lage aufgehoben hätten – Corona würde damit ja nicht verschwinden.

Die besondere Lage ist im Epidemiengesetz genau definiert. Es gibt dem Bundesrat zusätzliche Kompetenzen, wenn eine neue Pandemie das Land überraschend erreicht und der Bund schnell handeln muss. Nun sind wir seit 20 Monaten in dieser Pandemie. Es wird Zeit, dass wir die Kompetenzen wieder den Kantonen zurückgeben.

Und nochmals Corona: Wenn Personen ohne Symptome einen Corona-Test machen, um ein Zertifikat zu erlangen, muss der Bund künftig die Kosten dafür übernehmen. PCR-Tests hingegen müssen selber berappt werden. Der Nationalrat ist am Mittwoch diesem Vorschlag des Ständerats gefolgt. Wir setzen uns bereits seit dem August vehement dafür ein, dass die Tests durch den Bund bezahlt werden. Seit der Bund das Zertifikat eingeführt hat, wird ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, wenn er oder sie keinen Test vorweisen kann. Der Bund hat das Zertifikat eingeführt, deshalb ist es auch folgerichtig, dass der Bund die Tests bezahlt. Knapp 80 Millionen Franken spricht das Parlament in den nächsten sechs Jahren für den Bau von Sportanlagen. Das sind rund 13 Millionen Franken mehr, als vom Bundesrat beantragt worden sind. Sport und Tourismus sind für den Kanton Schwyz sehr wichtig. Wir haben verschiedene grosse internationale Sportler, die im Kanton Schwyz aufgewachsen sind und hier leben. Es ist wichtig, dass die Sportler gute Bedingungen und Anlagen vorfinden. Deshalb habe ich dem Zusatzbeitrag zugestimmt. Anschlussfrage: Nur teilweise ist allerdings bekannt, welche Sport-Projekte mit den Geldern mitfinanziert werden sollen. Gibt es auch Finanzhilfen für die Region Einsiedeln, Ybrig, Alpthal und Rothenthurm? Wissen Sie mehr als das, was in den Medien zu vernehmen war? Gibt es auch Gelder zum Beispiel für das Nordische Leistungszentrum in Einsiedeln? Oder anderes?

Nein, ich weiss nicht mehr als das, was in den Medien steht. Ignazio Cassis ist zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden. Wie bewerten Sie ganz generell das Amt des Bundespräsidenten? Ist es politisch wichtig oder eher folkloristisch?

Der Bundespräsident vertritt den Bundesrat nach aussen. Er führt durch die Bundesratssitzung und nimmt selbstverständlich auch an Anlässen teil. Bundesrat Cassis wird dies in seiner ruhigen, besonnenen Art bestens meistern. In der aktuellen Lage, wo wir uns befinden, im Inland sowie auch in der Debatte mit der EU, wird dies positiv sein.

Noch eine private Frage zum Abschluss: Die Aargauerin Irène Kälin von der Grünen Partei ist neu die höchste Schweizerin. Wie der Name vermuten lässt, hat sie Einsiedler Wurzeln. Wie nehmen Sie Frau Kälin in der Ausführung ihres neuen Amtes wahr? Mit Frau Kälin pflege ich einen guten Austausch. Auch wenn wir politisch das Heu absolut nicht auf der gleichen Bühne haben, verstehen wir uns persönlich ganz gut. Sie führt den Ratsbetrieb bis jetzt in einer ganz ruhigen, angenehmen Art und Weise. Der hektische Betrieb im Parlament bringt sie nicht aus der Ruhe.

Marcel Dettling

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