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Epische Debatte um Testfinanzierung

Epische Debatte um Testfinanzierung Epische Debatte um Testfinanzierung

Ordentliche Session des Schwyzer Kantonsrates, Mittwoch, 29. September 2021

Soll der Kanton die Testkosten im Rahmen von Corona übernehmen, wenn der Bund aussteigt? Dies ist das grosse Thema in der morgendlichen Debatte im Kantonsrat. Andere Sachfragen treten dabei in den Hintergrund. Erfreulich aus Einsiedler Sicht: Fredi Kälin wird Präsident der Staatswirtschaftskommission.

KLAUS KORNER

Zu Beginn der Ratssitzung beantragt Roman Bürgi (SVP, Arth) das Geschäft zur Finanzierung der Coronatests als dringlich zu erklären. René Baggenstos (FDP, Ingenbohl) sieht Verfahrensprobleme und rät zur Ablehnung. Hingen ist Thomas Bühler (SP, Lachen) für eine rasche Behandlung.

Matthias Kessler (Mitte, Ingenbohl) plädiert ähnlich. Anders sieht es Ruedi Bopp (GLP, Einsiedeln). Die Dringlichkeitserklärung wird mit 62:26 klar beschlossen.

Als Nachfolgerin des Ingenbohler SP-Vertreters Leo Camenzind wird Diana de Feminis in den Rat aufgenommen. Als neuer Präsident der Staatswirtschaftskommission (Stawiko) wird Fredi Kälin (SVP, Einsiedeln) gewählt.

Sicherheitsholzerei entlang der Strassen

Max Helbling (SVP, Steinerberg) äussert sich zur Sicherheitsholzerei entlang Kantons- und Bezirksstrassen. Je nach Funktion des Waldes ist die öffentliche Hand oder der Besitzer verantwortlich. Er fordert, dass die Kosten überall von der Öffentlichkeit übernommen werden. Ihn unterstützt Peter Dettling (FDP, Lauerz). Er will aber auf in Aussicht gestellte Entscheide des Bundes warten. Ähnlich argumentieren Michael Reichmuth (Mitte, Arth) und Kushtrim Berisha (SP, Schübelbach). Django Betschart (GLP, Ingenbohl) will den Vorstoss nicht unterstützen. Regierungsrat André Rüegsegger

ist nur mässig begeistert, weil es noch offene Fragen gibt. Das Anliegen wird mit 84:7 als Postulat erheblich erklärt.

Autobahnzubringer in Reichenburg

Die Regierung erhielt vor einiger Zeit den Auftrag, die Trägerschaft des Autobahnzubringers Speerstrasse bei Reichenburg zu klären. Wie Regierungsrat André Rüegsegger erläutert, ist jetzt eine Lösung gefunden. Der Kanton wird eine wichtige Rolle spielen. Es braucht keine Gesetzesänderung.

Roger Brändli (Mitte, Reichenburg) als Motionär kann hinter der Neuordnung stehen. Allerdings fehlt die Umsetzung in Form einer Vorlage. Um etwas Druck aufzubauen, verlangt er eine qualifizierte Kenntnisnahme.

Thomas Büeler (SP, Lachen) erinnert an die vielen Unfälle an der Speerstrasse. Ueli Kistler (SVP, Reichenburg) unterstützt den Bericht, ebenfalls Stefan Christen (FDP, Küssnacht). Michael Spirig (GLP, Schübelbach) meint, dass dem Bezirk und der Gemeinde der «schwarze Peter» zugeschoben wird. Regierungsrat André Rüegsegger bestreitet diesen Vorwurf. Dem Bericht wird mit 91:0 zugestimmt.

Beurkundungen und Fernbeglaubigungen

Im Rahmen der Pandemie wurden die virtuelle Beurkundung und Fernbeglaubigungen eingeführt.

Ivo Husi (FDP, Schwyz) will diese Möglichkeiten ins ordentliche kantonale Recht überführen. Er will bei der Änderung des Bundesgesetzes bereit sein. Er sieht darin einen Standortvorteil. Gerade internationale Unternehmen sind auf die beiden Instrumente angewiesen. Marcel Föllmi (Mitte, Freienbach) argumentiert, dass ein Zögern einen Wettbewerbsnachteil bedeuten würde. Michael Fedier (GLP, Lachen) sieht nur Vorteile, vor allem Abbau von Bürokratie.

Roland Müller (SVP, Küssnacht) ortet endlich wieder etwas Positives. Da noch viele Fragen offen sind, wünscht Regierungsrat Herbert Huwiler ein Postulat statt eine Motion. Das Anliegen wird mit 85:2 als Postulat erheblich erklärt.

Wer finanziert die Coronatests?

Roman Bürgi (SVP, Arth) will die Coronatests durch den Kanton finanzieren lassen, sofern der Bund aussteigt. Thomas Büeler (SP, Lachen) vermutet, dass bei der Verrechnung der Kosten weniger getestet und so die Pademie gefördert wird. Der Bund setzt ein falsches Zeichen, Impfen bleibt die bessere Variante. Man kann über eine Höchstzahl von Tests nachdenken. Matthias Kessler (Mitte, Brunnen) begreift ebenfalls den Bundesrat nicht. Er will aber die Kostenübernahme nur als Übergangslösung sehen. Er will auch keinen Ausbau der Testinfrastruktur. Von der Regierung möchte Kessler wissen, ob die Kostenübernahme zeitlich und organisatorisch möglich ist. Aurelia Imlig (SP, Schwyz) weist darauf hin, dass Genesene ein Zertifikat ohne Impfung leider nicht kriegen. Marlene Müller (FDP, Wollerau) fordert mehr Gemeinsinn und weniger Streit: Man soll sich impfen. Tests auf Kosten des Kantons sind nicht angezeigt. Ruedi Bopp (GLP, Einsiedeln) möchte etwas Dampf aus dem Kessel nehmen. Das Vorpreschen einzelner Kantone macht aber keinen Sinn. Für Antoine Chaix (SP, Einsiedeln) geht es um die Vermeidung von schweren Fällen. Mit der aktuellen Strategie und mit Druck erreichen wir das Ziel nicht. Die Verweigerer überzeugen wir nicht. Ähnlich sieht es Roland Lutz (SVP, Einsiedeln). Urs Marty (SVP, Altendorf) betont, dass sich die Kosten der Testerei in Grenzen halten.

Landammann Petra Steimen beklagt, dass die Regierung keine Gelegenheit zur schriftlichen Stellungsnahme erhält; deshalb erfolge die Meinungsäusserung mündlich. Für die geforderte Kostenübernahme besteht nach Meinung der Regierung kaum eine Rechtsgrundlage. Die Kosten schätzt die Regierung auf rund 850’000 Franken pro Woche, bis Ende Jahr 10 Millionen Franken. Wegen Personalmangels kann die Infrastruktur nicht ausgebaut werden. Da es sich um neue Ausgaben handelt, kann der Kantonsrat nur bis 5 Millionen Franken beschliessen. Schliesslich weist Steimen darauf hin, dass der Bund den strikten Beschluss aufweichen will. Deshalb soll das Postulat nicht erheblich erklärt werden.

Bruno Beeler (Mitte, Arth) stellt den Antrag, die Abstimmung erst am Nachmittag durchzuführen, um die Entscheidungsfindung zu vertiefen. Urs Marty (SVP, Altendorf) rechnet im Detail vor, dass nach seiner Meinung die Regierung die Kosten überschätzt. Ivo Husi (FDP, Schwyz) betont, dass keine notrechtliche Situation besteht, um die Finanzierung zu beschliessen.

Matthias Kessler (Mitte, Brunnen) entnimmt dem Bericht der Regierung, dass die gesetzliche Grundlage fehlt. Auch wird das Postulat an der Umsetzung scheitern: Es wird ein Schuss in den Ofen. Auch Andreas Marty (SP, Einsiedeln) erinnert an die zeitliche Dimension der Umsetzung. Für Paul Schnüriger (Mitte, Rothenthurm) hat das kaum «Händ und Füess». Schliesslich präzisiert Petra Steimen, dass die von der SVP angenommene Testzahl unvollständig ist. Abgestimmt wird nach dem Essen. Parlament ist gegen eine Übernahme von Testkosten Zu Beginn des Nachmittags wird über die Übernahme der Testkosten durch den Kanton abgestimmt. Das entsprechende Postulat wird mit 52:37 nicht erheblich erklärt.

Fragestunde

• Dominik Blunschy (Mitte Schwyz) an Herbert Huwyler: Die Majorzinitiative ist in Bearbeitung und im Zeitplan.

• Bruno Beeler (Mitte, Arth) an Petra Steimen: Die Spitäler Lachen und Schwyz haben je sechs zertifizierte Betten für Corona. Die Spitäler sind auf weitere Pandemie-Wellen so gut es geht vorbereitet.

• Reto Keller (FDP, Einsiedeln) an Kaspar Michel zur Besteuerung der Grosskonzerne entsprechend OECD. Pläne: Es gibt fünf betroffene Firmen im Kanton mit über 750 Millionen Franken Umsatz. Über die Umsetzung weiss man noch gar nichts.

• Kuno Frey (FDP, Feusisberg) an André Rüegsegger: Der Engpass Schindellegi ist nach wie vor ein Problem, weil es kaum Ausweichmöglichkeiten gibt.

Der Vollanschluss Halten hat Priorität.

• Max Helbling (SVP, Steinerberg) an Michael Stähli zur Sexualerziehung an der Volksschule, bei der der Fragesteller nicht draus kommt. Das Erziehungsdepartement ist nicht feministisch unterwandert, erklärt Stähli.

• Ivo Husi (FDP, Schwyz) an André Rüegsegger: Für das Verwaltungsgebäude im Kaltbach

kommt der Planungskredit bald.

• Michael Spirig (GLP, Schübelbach) an Sandro Patierno: Der Zeitplan der Energiestrategie sieht einen ersten Entwurf für Ende Jahr vor.

• Michael Spirig (GLP, Schübelbach) an Andreas Barraud zum Richtplan: Im Moment werden die nächsten Schwerpunktthemen formuliert. Die nächste Anpassung ist 2024.

• Ende der Fragestunde.

Parlamentarische Vorstösse

Jonathan Prelicz (SP, Arth) beklagt die wirtschaftliche Situation der Kulturschaffenden. Bislang unterstützt der Kanton nur Projekte. Er soll auch gewisse Infrastrukturen in engem Rahmen fördern. In Sachen Kulturförderung steht der Kanton am Ende der Rangliste. Alois Reichmuth (FDP, Oberiberg) sieht die Objektförderung eher bei den Gemeinden. Ueli Kistler (SVP, Reichenburg) wehrt sich gegen eine Ausweitung der Kulturförderung.

Paul Schnüriger (Mitte, Rothenthurm) weiss, dass die Situation der Kulturschaffenden schwierig ist. Trotzdem soll die Objektförderung bei den Gemeinden bleiben. Django Betschart (GLP, Ingenbohl) hingegen möchte den Rahmen der Förderung ausweiten.

Regierungsrat Michael Stähli betrachtet eine kulturelle Vielfalt als äusserst wichtig. Die Kulturförderung der Bezirke und Gemeinden ist ergänzend wichtig, unter anderem im Bereich Räume. Das Postulat wird mit 56:27 nicht erheblich erklärt.

Roland Lutz (SVP, Einsiedeln) interessiert sich für die Cyberrisiken bei den Spitälern. Nach seiner Ansicht erkennt die Regierung die Tragweite der Problematik nicht – und sie will auch nichts tun. Dominik Blunschy (Mitte, Schwyz) betrachtet Spitäler als hochsensibel. Die Regierung kann sich nicht aus der Verantwortung ziehen.

Franz Camenzind (SP, Einsiedeln) äussert sich zum Mangel an Lehrpersonen auf der Sek-C-Werkschule. Die Anforderungen an Lehrpersonen im sonderpädagogischen Bereich sind zu akademisch und veraltet. Martin Brun (SVP, Sattel) beklagt die Akademisierung und ist mit der Antwort der Regierung unzufrieden.

Marlene Müller (FDP, Wollerau) fordert flexible Lösungen.

Thomas Büeler (SP, Lachen) betont, dass auch Lehrpersonen ohne speziellen Master sonderpädagogische Aufgaben leisten können. Für Michael Stähli ist die Qualität der Lehrpersonen entscheidend. Das Postulat wird mit 69:16 nicht erheblich erklärt. Denkmalpflege: Bauernhaus-Inventar ist nicht öffentlich Max Helbling (SVP, Steinerberg) stellt fest, dass die Denkmalpflege in der Bevölkerung für Kopfschütteln sorgt. Konkret geht es um Bauernhäuser, wo oft unerfüllbare Auflagen gefordert werden. Nach Peter Dettling (FDP, Lauerz) will die Denkmalpflege noch zusätzliche Bauten unter Schutz stellen. Er staunt, dass das Bauernhausinventar nicht öffentlich ist. Roger Brändli (Mitte, Reichenburg) bezeichnet die Situation bei der Denkmalpflege als unbefriedigend. Grund: Viele Eigentümer sind nicht informiert. Offen ist auch der Umgang mit Mehrkosten; man lässt die Eigentümer allein. Die Schutzwürdigkeit wird oft zu hoch eingestuft.

Andreas Marty (SP, Einsiedeln) weist auf die negativen Folgen des Wachstums hin, die offenbar die Regierung nicht sieht.

Elsbeth Anderegg (SP, Altendorf) bekümmert die mangelnde Wertschätzung des Gesundheitspersonals. Viele geben ihren Beruf auf, was zu Engpässen führt. Die Regierung gibt die Verantwortung in ihrer Antwort an die Spitäler weiter. Das schockiert Irene Huwyler (Mitte Schwyz). Die Regierung hat die Oberaufsicht über die Spitäler! René Baggenstos (FDP, Ingenbohl) betont, dass wir unter enormem Fachkräftemangel leiden. Wir brauchen Rahmenbedingungen dafür, dass mehr Frauen beruflich tätig sind. Für einen Eklat sorgt David Beeler (SVP, Steinen) mit völlig unqualifizierten Äusserungen zur Covid-Situation. Der Ratsleiter droht dem Redner mit Rausschmiss.

Auf Cyberrisiken auch in der kantonalen Verwaltung und den Schulen macht Roland Lutz (SVP, Einsiedeln) aufmerksam.

Urs Marty (SVP, Altendorf) befasst sich mit den Steuerabzügen im Rahmen von Homeoffice.

Die Verlandung des Sihlsees ist das Thema von Fredi Kälin (SVP, Einsiedeln).

Höfner Gemeinden nicht am NFA-Ausgleich beteiligen Andreas Marty (SP, Einsiedeln) möchte eine verursachergerechte Beteiligung der Gemeinden an den NFA-Kosten. 90 Prozent würden allein von den Höfner Gemeinden verursacht. Statt 200 Millionen Franken müsste der Kanton ohne Höfner Gemeinden nur 20 Millionen Franken leisten. Michael Spirig (GLP, Schübelbach) betrachtet eine Beteiligung der Gemeinden als wirkungslos. Wir brauchen entlastende Massnahmen für die schwachen Gemeinden. Nach Peter Meyer (Mitte, Galgenen) verursachen die Höfner Gemeinden nicht nur die Kosten des NFA. Sie finanzieren diesen auch massgeblich. Die Steuerbelastungsunterschiede sind mit selektiven Anpassungen des innerkantonalen Finanzausgleiches zu reduzieren.

Manuel Mächler (SVP, Schübelbach) spricht von einer Neiddebatte. Er beschreibt die enormen Leistungen der Höfe an die Kantonsfinanzen.

Sepp Marty (FDP, Unteriberg) betrachtet die Interpellation als überflüssig, ausser es geht darum, die Höfner Gemeinden noch stärker zur Kasse zu bitten. Dominik Zehnder (FDP, Freienbach) spricht von einer glasklaren Antwort der Regierung. Warum versucht man immer wieder, einen Keil in den kantonalen Zusammenhalt zu treiben? Bruno Beeler (Mitte, Arth) möchte das heutige System nicht ändern. Andreas Marty (SP, Einsiedeln) weist den Neidvorwurf von sich. Es geht um die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Peter Nötzli (SP, Wollerau) erinnert an die hohen Wohnkosten in der Höfe. Junge Leute werden vertrieben. Regierungsrat Kaspar Michel weist darauf hin, dass das Thema immer wieder aufgekocht wird. Bei der Frage nach Steckdosen für Elektroautos und E-Bikes bei der kantonalen Verwaltung stellt Ruedi Bopp (GLP, Einsiedeln) nur einen lauen Enthusiasmus der Regierung für das Thema fest.

Fredi Kälin (SVP, Einsiedeln) ist Präsident der Staatswirtschaftskommission. Foto: Archiv EA

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