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Bergstürze und Rutschungen in der Umgebung minutiös aufgezeichnet

Bergstürze und Rutschungen in der Umgebung minutiös aufgezeichnet Bergstürze und Rutschungen in der Umgebung minutiös aufgezeichnet

«Bergstürze und Rutschungen in der Umgebung»: Pater Damians Aufzählung der Rutschungen und Felsstürze in Einsiedeln und der näheren Umgebung, zusammengetragen von Martin Lüthi. Einige Beschreibungen sind gekürzt. Nur schon der riesige Bergsturz von Goldau füllt mehrere Seiten. Sie können im Original nachgelesen werden.

• 1806, 2. September: Goldau, Rossberg-Gnipen. Der grösste Bergsturz in der Schweiz in historischer Zeit ereignete sich am 2. September 1806 abends um 4 3/4 Uhr, vom Rossberg-Gnipen abbrechend. Er zerstörte die Dörfer Röthen, Goldau, Busingen und teilweise Lowerz.

457 Personen, 323 Stück Vieh fanden dabei den Tod, 110 Wohnhäuser wurden vernichtet.

Die Jahre 1799, 1804 und 1805 waren sehr nass, ebenso der Anfang 1806.

• 1816: Euthal, Hochbord: Fluhalp über Hochbord, Euthal bei Einsiedlen. Bergsturz von den Felsen der Fluhalp, der mehrere Häuser zerstörte, das Schuttfeld an der «Enge» aufhäufte und den heute wieder verschwundenen Krötensee aufstaute.

• 1872, Juni: Alptal, Butzentobel: Nach dem «Bote der Urschweiz» fand nach anhaltendem Regenwetter des Frühjahres und Vorsommers eine Erdbewegung (Erdrutschung) unterhalb der Stockfluh statt. Eine Hochebene begann sich zu stotzen und zu schieben, so dass der Boden samt Holz und einzelnen «Eutschen » (Streuehütten) stellenweise schon mehrere Klafter weit vom früheren Standpunkt verschoben wurde und nach abwärts in direkter Richtung nach dem Dörflein, gegen das Heimwesen Riedboden sich bewegte. Der Boden, der sich in Bewegung gesetzt hat, soll sich auf zirka eine halbe Stunde Länge und auf die Breite eines Büchsenschusses erstrecken; wie tief das rutschende Terrain sich bewegt, konnte noch nicht ermittelt werden. Jedenfalls ging der Erdrutschung ein Felssturz der Nummulitenkalkfelsen an der Stockfluh voraus; die Abrissnische ist deutlich zu beobachten. Eine typische Abrissnische eines Felssturzes befindet sich in unmittelbarer Nähe, etwas südlich der ersten, ob dem «Butzi».

• 1894, September: Unteriberg Stöckweid: Unteriberg. Die anhaltenden starken Niederschläge verursachten von der Stöckweid durch das untere Gschwend am Südostabhang des Gschwendstockes bis zur Minster eine gewaltige Erdbewegung (Erdrutsch), die sieben grössere Heimwesen mit Häusern und Ställen bedrohte.

• 1897, 7. September: Sattel: Infolge anhaltenden heftigen Regens ist in der Gemeinde Sattel ein grösserer Komplex Land in Bewegung geraten. Die Strasse Sattel-Rothenturm ist gefährdet. Das an der Strasse gelegene Gasthaus Rössli drohte in den Aabach zu stürzen und musste geräumt werden. Die Südostbahn, welche in der Nähe vorbeifährt, ist nicht gefährdet.

• 1897, 2. Oktober: Unteriberg Stöckweid: Das starke, anhaltende Regenwetter hat in der Gemeinde Unteriberg von der «Stöckweid» durch das untere «Gschwend» bis zur Minster eine gewaltige Erdbewegung verursacht, dass 7 grössere Heimwesen mit Häusern und Ställen in grösster Gefahr sind. In der ganzen Fläche zeigen sich Erdrisse um Erdrisse, Rutschungen um Rutschungen. Die gefahrvolle Katastrophe scheint eine Folge von zu geringer Wasserableitung zu sein.

• 1898, Mai: Steinerberg, Blindsee: Am Steinerberg, unterhalb des Blindsees, wo vor Jahrhunderten schon ein Bergsturz stattfand, ist die ganze Bergmulde in Bewegung.

• 1898, 22. Juni: Willerzell Sonnenberg: Das Regenwetter der letzten Woche hat in Willerzell zwei Erdschlipfe verursacht. Der grössere Teil nahm seinen Anfang in der Grosshausweid am Sonnenberg. Eine gewaltige Erdmasse wälzte sich zu Tale, bald da, bald dort Geschiebe absetzend. Der zweite Schlipf, ebenfalls am Sonnenbergabhang gelegen, bewegte sich nur eine kleinere Strecke weit.

• 1900: Unteriberg, Gschwendstock: Gschwend, am Südosthang des Gschwendstockes, Unteriberg, wurde durch einen sich vorbereitenden Bergsturz bedroht, der aber durch sofort vorgenommene, umfangreiche Entwässerungsarbeiten zum Stillstand gebracht werden konnte.

• 1901, 22. September: Trachslau, Kühboden: Östlich vom [alten] Schulhaus Trachslau erhebt sich sehr steil der Tritt. Letzten Karfreitag nun entstanden am steilen Abhang des Kühbodens zwischen dem Korporationsund Privatwalde lange tiefe Erdrisse bis auf den nackten Felsen. Zu Anfang August dieses Jahres setzte sich nun eine zirka 80 Meter breite, 150 Meter lange und 10 Meter tiefe Erdmasse in Bewegung und trug einen Teil des «Dachsenen»-Waldes durch die Weid «Karten» in unheimliche Nähe des Wohnhauses «Dachsenen». Der Erdrutsch scheint nun zwischen zwei kleinen Hügeln festgeklemmt zu sein; doch ist er augenscheinlich täglich noch in beständiger Bewegung. Unter dem Erdreich auf dem nackten Felsen rauscht das abfliessende Wasser und tritt als dicke Brühe zu Tage.

• 1901, 25. September: Trachslau, Kühboden: Der oben gemeldete Erdrutsch am Westabhang des Tritts bei Trachslau greift in allen Dimensionen besorgniserregend um sich. Die dicksten Bäume (Doppel-Fälz) werden wie Zigarren mitten entzwei gedreht. Das Holz kann nur teilweise und unter Lebensgefahr dem verschlingenden Elemente entrissen werden.

• 1910, 21. Mai: Sattel, Gwandelenfluh: Am 1. Mai begann auf der Ostseite des Rossberges unter dem Gifel der Gwandelenfluh eine Erdbewegung, die am 23. Mai ihren Höhepunkt erreichte, indem unter Krachen die Waldhalden längs der Fluh abglitten und der Schutt mit dem Wald und dem liegenden Mergellehm sich zu der obern grossen Rampe aufstaute. Wülste bildeten sich, und die ganze über 1 Kilometer lange Terrainnische fing bedenklich an zu wandern; zuerst mehrere Meter im Tage. Nach etwa zehn Tagen hatte sich die Masse bereits wieder soweit abgesetzt, dass die Vorwärtsbewegung unter Knistern und Bröckeln nur noch 1 bis 2 Meter täglich betrug. Das von der Rutschung betroffene Areal misst etwa 25’000 Kubikmeter. Es reicht von 940 bis zu 1380 Meter hinauf, direkt unter die Gipfelfelsen der Gwandelenfluh (1428 Meter ). Im obersten Teil mag die Schlammmasse bis zu 3 oder 4 Meter, im Mittel vielleicht 2 Meter tief sein. An den beiden grossen Rampen ist die über die normale Böschung aufragende Wulstdicke wohl auf 40 Meter zu schätzen. Rechnen wir zusammen, so ergibt sich als bewegte Masse rund anderthalb Millionen Kubikmeter. Die Rutschung von Sattel ist aber nicht eigentlich ein Bergsturz zu nennen, sondern ein Erdschlipf. Durchtränkung mit ungewöhnlich reichlichem Frühlings-Schmelzwasser war die unmittelbare Veranlassung. Innerhalb Jahresfrist waren die Niederschlagsmengen am Rossberg grösser gewesen, als je zuvor beobachtet wurde. Die Summierung der Regenmengen von Juni 1909 bis Mai 1910 ergibt 1927 Millimeter, als Jahresmittel ist 1606 Millimeter anzusehen. Der verursachte Schaden an zerstörtem Wald, Rietboden und Hütten wird auf 100’000 Franken geschätzt.

• 1910, Juni: Euthal, Enge: Bedeutende Erdschlipfe infolge anhaltender Regengüsse in der «Enge» bei Euthal.

Aus Damian Buck, Stürzende, gleitende und fliessende Gesteinsbewegungen der Schweiz. Einsiedler Schulprogramm 1920/21. 59 S. Benziger & Co. Einsiedeln 1921.

Die Rutschung von 1910 an der Gwandelenfluh bei Sattel riss Wälder, Weiden und Alphütten mit sich. Insgesamt rutschten 250 Aren Land mehrere Meter pro Tag die Flanke hinunter.

Quelle: Bildarchiv ETH-Bibliothek Zürich. Fotograf: Leo Wehrli

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