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Pater Urban Federer

Pater Urban Federer Pater Urban Federer

Frage 1:

Ich halte es mit der Schweizer Bischofskonferenz und mit der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz: Sie haben die Initiative zwar nicht unterzeichnet, teilen aber die Sorgen der Initianten der KVI. Diese fordert nämlich eine Selbstverständlichkeit: Konzerne mit Sitz in der Schweiz sollen für verursachte Schäden an Mensch und Natur geradestehen. Die KVI schlägt dafür einen politischen Weg ein, den nicht alle gutheissen müssen. Die Beurteilung dieser Abstimmungsfrage liegt bei den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern. Ob jemand für oder gegen die Initiative ist: Mir sind deren Absichten wichtig.

Frage 2:

In der Jugendkirche liegen Unterlagen auf, damit sich die Besucherinnen und Besucher der Kirche selbst ein Bild machen können. Im Kloster selbst legen wir zu politischen Initiativen nie etwas auf.

Frage 3:

Kirchen müssen sich nicht überall einbringen. Die Bischofskonferenz äussert sich bei ethisch-moralischen Themen und wenn es die Kirche unmittelbar betrifft. Zur KVI spricht sie sich aus, weil es um ihre Hilfswerke geht: Das Fastenopfer etwa ist in den von der Initiative als Beispiele genannten Ländern vor Ort und damit selbst betroffen. Sonst äussert sich die Bischofskonferenz normalerweise über ihre Kommissionen, was in der Öffentlichkeit oft gar nicht bemerkt wird.

Frage 4:

Nicht was Chur kritisiert, interessiert mich, sondern die Menschen, die in die Kirche gehen, aber gegen die Initiative sind. Bundesrätin Karin Keller-Sutter zum Beispiel ist gegen die Initiative. Gleichzeitig sagt sie, sie sei sich bewusst, dass die Schweiz etwas tun müsse und die Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen müsse. Sie setzt dafür auf den indirekten Gegenvorschlag. Jemand kann also gegen die Initiative sein, und dennoch das Ziel verfolgen, Verletzungen von Mensch und Natur, die auf grosse Unternehmen zurückzuführen sind, nicht einfach hinzunehmen. Wichtig ist uns der Einsatz für diese Absicht.

Frage 5:

Wie gesagt, haben die führenden Gremien der beiden Landeskirchen nicht die Initiative unterzeichnet, sondern sich für deren Ziele ausgesprochen. Wenn der Eindruck entsteht, die beiden Kirchen würden mehrheitlich die Initiative unterstützen, heisst das wohl, dass eine Mehrheit der Verantwortlichen in den Kirchen dies tatsächlich tut. Es gibt aber auch Stimmen in der Kirche, die den Weg zum Ziel nicht in dieser Initiative sehen. Das ist gut schweizerisches Recht. An der Urne wird sich zeigen, wie es weitergeht.

Frage 6:

Ja natürlich. Diese ergeben ein ähnliches Bild, wie ich es hier zeichne: Viele sind froh darum, dass die Kirchen sich von ihren Grundwerten her zu den Zielen der Initiative aussprechen, andere nicht. Wichtig ist, dass sich am Ende jeder und jede eine Meinung zur Initiative bilden kann – und dann auch wirklich abstimmen geht.

Frage 7:

Als Bunderätin Keller-Sutter gefragt wurde, ob sie es richtig finde, dass sich Papst Franziskus so stark in sozialen Fragen engagiert, meinte sie: «Papst Franziskus ist Argentinier. Er ist geprägt von den Missständen und der Korruption in Lateinamerika. » Sie anerkennt also, dass die weltweit wirkende Kirche nicht einfach Politik in der Schweiz macht, sondern in diesen Ländern vor Ort ist und dort hilft. Darum ist eine Kirche nicht einfach politische Partei, sondern versucht, aus ihren Erfahrungen heraus zu sensibilisieren.

Frage 8:

Nein. Dass etwa Landeskirchen in Schwyz und in Zürich anders ticken, ist kein rein kirchliches Phänomen, sondern auch ein politisches. Diese Heterogenität macht unsere Gesellschaft als ganze aus. Es würde mich darum nicht wundern, wenn städtisch geprägte Kantone die KVI eher annehmen, Landkantone sie hingegen eher verwerfen. Dieser Pluralismus gehört auch zum Kirche-Sein.

Frage 9:

Wenn schon der Vorwurf im Raum steht, die Kirche würde sich zu stark in dieser Frage engagieren, verzichte ich auf eine öffentliche Stellungnahme. Ich hoffe dafür, dass unsere Antworten zur Meinungsbildung beitragen und viele bewegen abzustimmen.

Abt Kloster Einsiedeln

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