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«Weihnachtsmarkt ist möglich, aber nur mit Maskenpflicht»

«Weihnachtsmarkt ist möglich, aber nur mit Maskenpflicht» «Weihnachtsmarkt ist möglich, aber nur mit Maskenpflicht»

Der Weihnachtsmarkt wurde nicht bewilligt. Grund: Der Bezirk Einsiedeln hat das Schutzkonzept abgelehnt. Nun setzen die Veranstalter alle Hebel in Bewegung, damit die Traditionsveranstaltung doch noch stattfinden kann. Was sagt der Virologe und emeritierte Veterinär Ulrich Kihm (75) aus Willerzell dazu?

WOLFGANG HOLZ

Herr Kihm, seit gestern dürfen wieder mehr als 1000 Besucher Veranstaltungen besuchen. Gleichzeitig sind wieder die Fallzahlen von Corona-Ansteckungen gestiegen. Ist das nicht ein Widerspruch? Nein, für mich ist das kein Widerspruch. Man kann jetzt schon Veranstaltungen genehmigen, die mehr als 1000 Besucher haben. Allerdings nur, wenn es ein geeignetes Schutzkonzept gibt. Viele reden schon von einer zweiten Corona-Welle. Wie schätzen Sie die momentane Entwicklung der Pandemie ein? Aus meiner Sicht gibt es keine zweite Welle. Die Menschen werden sich auch weiterhin mit dem Virus infizieren. Die Fallzahlen werden dadurch mal steigen, mal fallen beziehungsweise werden auf einem gewissen Niveau bleiben. Im Augenblick kann man eher davon ausgehen, dass sich die Schutzmassnahmen bewährt haben, und es dadurch wenige riesige Virenausscheider gibt – sonst würden die Fallzahlen ja explodieren. Wir müssen uns auch bewusst sein, dass wir nur etwa zehn Prozent der Corona- Infizierten entdecken. 90 Prozent bleiben quasi unentdeckt, weil wir ja nur solche Menschen testen, die Symptome zeigen. All diejenigen ohne Symptome spüren wir ja nicht auf.

In vielen Städten, jüngst in Rapperswil, wurde trotzdem aus Gründen der Vorsicht der Weihnachtsmarkt abgesagt. Teilweise wird um Alternativen gerungen. Die Veranstalter in Einsiedeln wollen ihren Weihnachtsmarkt durchführen. Ist das möglich? Meines Erachtens ist das möglich und auch zu verantworten. Es handelt sich ja um eine Aussenveranstaltung. Man muss allerdings die Abstände einhalten können, und wenn das nicht möglich ist, sollten Masken getragen werden.

Die Veranstalter behaupten in der Tat, draussen an der frischen Luft liege das Corona-Ansteckungsrisiko quasi bei Null.

Stimmt das?

Draussen an der frischen Luft fallen die Viren tatsächlich schneller zu Boden und werden wirkungslos im Vergleich zu Veranstaltungen in Innenräumen, wo Viren länger durch die Luft zirkulieren können. Trotzdem sollte man unbedingt, wie gesagt, die Abstände einhalten. Der Bezirk Einsiedeln, der um das Wohl und die Gesundheit der Einsiedlerinnen und Einsiedler besorgt ist und fürchtet, dass das Klosterdorf zu einem Covid-19-Hotspot werden könnte, wenn Massen von Besuchern hierher strömen, hat das Schutzkonzept des Markts abgelehnt und deshalb bis jetzt keine Bewilligung erteilt. Wie sehen Sie das?

Also, ich habe in das nachgebesserte Konzept mal reingeschaut. Das scheint mir durchaus tauglich zu sein. Man muss eben klar kommunizieren, dass keine kranken Leute mit Erkältungs- und Grippesymptomen den Weihnachtsmarkt besuchen. Schon bei einem Schnupfen sollte man besser zu Hause bleiben oer sich testen lassen. Denn bereits bei einem Schnupfen kann man, von aussen betrachtet, nicht sagen, ob es sich um Corona handelt oder nicht. Und dann würde ich auf alle Fälle Maskenpflicht einführen – und zwar an allen Tagen. Es kann ja sein, dass bei schönem Wetter plötzlich mehr Leute kommen. Masken sind also obligatorisch. Welche Schutzmassnahmen halten Sie sonst noch für absolut nötig, damit der Einsiedler Weihnachtsmarkt doch noch stattfinden könnte? Maskenpflicht und Distanzhalten. Ich bin mir sicher: Wenn man draussen an einem Tisch zusammensteht, um etwas zu essen und zu trinken, reicht auch ein Abstand von einem Meter. Schwieriger wird es in Warteräumen – sollte man sich entscheiden, Zählsysteme einzuführen, um die Besucherzahlen zu begrenzen und damit die Ansteckungsgefahr zu vermeiden. Da bräuchte es dann schon Personal, welches darauf schaut, dass Abstände eingehalten und dass auch hier Masken getragen werden. Wobei ich generell keine solchen Zählsysteme installieren würde, weil ich das zu kompliziert finde. Bei den erwarteten rund 60’000 Besuchern genügen die erwähnten Abstandsund Hygieneregeln. Sollten es aber deutlich mehr Besucher werden, wird es schwierig. Davon gehe ich aber nicht aus, weil sich sicher viele Senioren als Risikogruppen überlegen werden, an so eine Veranstaltung zu gehen.

Sollten die Einsiedler wie alle anderen auch grundsätzlich nicht nachlassen im Einhalten der Schutzmassnahmen? Ja, der Respekt vor dem Virus ist nach wie vor geboten. Dazu gehört für mich auch inzwischen wie selbstverständlich das Benützen von Desinfektionsmitteln beziehungsweise das regelmässige Händewaschen. Würden Sie denn persönlich zusammen mit Ihrer Frau mit gutem Gewissen den Einsiedler Weihnachtsmarkt besuchen, wenn er denn stattfindet? Ja, problemlos. Allerdings nur mit Maske. Dann gibt es ja eigentlich nur noch das Problem mit den Weihnachtsliedern. Ist es an diesen Weihnachten in der Öffentlichkeit vielleicht prinzipiell empfehlenswert, «O Du fröhliche» wegen Corona einfach nur zu summen anstatt zu singen? ( lacht) Richtig. Man sollte es auf jeden Fall mit geschlossenen Lippen tun – damit kein Virus rausgeht.

Noch gibt es keine Bewilligung für den Weihnachtsmarkt: Wird er doch noch genehmigt, braucht es sicherlich Masken. Foto: Franz Kälin

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