Das Monatsgespräch im Mai
Franziska Keller trifft Saskia Gisler, fünffaches Mami und gelernte Pflegefachfrau Kinder
Jahrgang: 1983 Bürgerort: Ettingen Geburtsort: Baselstadt Wohnort: Einsiedeln Kurz nach Muttertag treffe ich Saskia Gisler auf ihrem Bauernhof oberhalb des St. Benedikt. Sie hat für mich extra einen Rüeblikuchen gebacken, worüber ich mich total freue. Die gelernte Pflegefachfrau Kinder ist in Baselland aufgewachsen, hat in Luzern im Kinderspital in der Onkologie und der Psychiatrie gearbeitet, wechselte daraufhin nach Lachen, liebäugelte damit, sich weiter zur Hebamme ausbilden zu lassen und dann kam die Liebe zu ihrem Mann. In Pfäffikon besuchte sie die Bäuerinnenschule und stand dann vor der Wahl: Weltreise oder eine Familie gründen. Ihre Entscheidung bereut sie keinen Moment. Eine traumhafte Aussicht habt ihr hier oben. Kannst du dich zwischendurch auch mal hinsetzen und sie geniessen? Ich glaube, ich habe mich schon zu sehr daran gewöhnt, aber ich setze mich hin und wieder mit meinen Kindern schon mal hin oder trinke abends vor dem Haus einen Kafi. Aber meine Leidenschaft hier oben ist mein Garten. Dann hast du so einen richtig grünen Daumen? Ich hatte früher immer das Gefühl, keinen zu haben. Das Interesse am Gärtnern ist erst gewachsen, als ich mich intensiver für alternative Medizin zu interessieren begann. Zudem finde ich es faszinierend, zu beobachten, wie Gemüse, Blumen und «Chrüütli » wachsen und wir uns dadurch selbst versorgen können.
Und wie sieht dein Tagesablauf aus?
Ich stehe meistens um 6.15 Uhr auf, um zu duschen, das Frühstück zuzubereiten und dann den ersten Kafi in Ruhe zu geniessen. Dann stehen die Kinder auf, drei von ihnen gehen zur Schule; zu Fuss, mit dem Velo oder im Winter mit dem Bob. Nur wenns übelst stürmt und schneit, holen wir sie mal vom Dorf ab. Ich haushalte, koche zu Mittag und schätze es sehr, dass alle Kinder mittags heimkommen und wir als Familie am Tisch sitzen. Nachmittags gehts zum Einkaufen, Aufräumen, Waschen oder mit den Kindern etwas unternehmen. Hobbys der Kinder wie Reiten, Schwingen und so weiter. Im Sommer helfe ich beim Heuen oder wo halt sonst Not an der Frau ist. Wenn ich abends um acht die Kleinste ins Bett bringe, schlafe ich meist auch gleich ein. Du bist Mami von fünf Kindern, wolltest du schon immer eine grosse Familie? Schon mit 16 wünschte ich mir, einmal vier Kinder zu haben. Als unsere älteste Tochter ein Schreibaby war und ich im ers-ten Jahr kaum zum Schlafen kam, geriet mein Kinderwunsch arg ins Wanken: «Ich bin nöd g’macht fürs Mami-Si, ich mach glaub alles falsch.» Ich, eine ausgebildete Kinderkrankenschwester, zweifelte an mir selbst !
Was möchtest du deinen Kindern mit auf ihren Lebensweg geben? Ich hoffe, dass jedes Kind seine Berufung findet und einen Beruf ausüben kann, der es glücklich macht. Und ich wünsche jedem, dass es sich selbst findet und weiss, welche Persönlichkeit es ist.
Was empfindest du besonders schön und andererseits streng am Mami-Sein? Schön finde ich die bedingungslose Liebe meinen Kindern gegenüber und diese genauso von ihnen spüren zu dürfen. Streng finde ich in unserer Familie den extremen Altersunterschied zwischen 14 und 2 Jahren. Ich habe es inzwischen aufgegeben, allen gerecht zu werden – das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Der Alltag ist diesbezüglich sehr herausfordernd. Aber genau das, was mich total erfüllt.
Denk bitte einen Moment zurück. Welche Unterschiede der heutigen Kinder zu deiner eigenen Kindheit fallen dir ein? Die heutigen Kinder dürfen mehr mitbestimmen, was nicht immer zum Vorteil ist. Ich merke, wie die Kinder manchmal einfach überfordert sind, wenn sie sich selbst entscheiden müssen, und wir sie entlasten, wenn wir ihnen etwas abnehmen. Ihr lebt auf einem Bauernhof. Da sind die Arbeitszeiten nicht klar geregelt, die Kühe müssen auch am Wochenende und an Feiertagen gemolken werden. Kann man da überhaupt mal Pause machen und abschalten? Das ist eine schwierige Sache. Ich musste meine Familie etwas nötigen und gehe ab und zu alleine mit den Kindern los: Hallenbad, Zirkus oder «z’Berg». Kleine Ausflüge unternehmen wir zwischendurch alle zusammen, aber länger als drei Tage waren wir noch nie gemeinsam weg, weil wir den Hof mit 50 Kühen, Rindern und Kälbern, den 4 Hühnern und 2 Katzen nicht sich selbst überlassen können. Aber ich sage mir: Andere machen Ferien, wo wir wohnen.
Wie tankst du denn auf?
Ich nehme mich seit einiger Zeit hin und wieder am Sonntag ein wenig raus, bitte die Älteren, auf die Kleinen aufzupassen und spaziere auf den Friherrenberg, wo ich einfach die Sonne geniesse, dem Vogelgezwitscher zuhöre und mit mir alleine bin.
Hast du ein Hobby?
Ich bin nicht so konstant und habe immer wieder ein anderes Hobby: Malen, Backen, auf den Markt gehen, Pflanzen, «rundums- Hus-Ume», Lesen, Einmachen, «Anknä».
zu wenig geschätzt habe. Aber ehrlich, damals, als ich noch keine eigenen Kinder hatte, empfand ich meinen Job sehr streng. Jetzt im Nachhinein realisiere ich, wie schön es war und viel weniger anspruchsvoll als heute. Als Baselländerin bist du 2005 hierhergekommen, was gefällt dir in Einsiedeln? Was weniger? Die Landschaft, die Berge, der Wintersport und der See. Der lange Winter und der fehlende Frühling stressten mich anfangs sehr und ich flüchtete im Frühling oft heim nach Basel, weil ich die blühende Natur so sehr vermisste.
Ich vermisse deinen Basler Dialekt … Den habe ich mir mit den Jahren abgewöhnt, weil immer wieder drüber geschmunzelt worden ist. Welche Vorzüge für deine Kinder schätzt du hier im Bezirk? Dass es noch ländlich ist, dass sie auch nachts noch mit dem Velo unterwegs sein können, die Natur und die vielen Sportangebote.
Gibt es etwas, das du in deinem Leben unbedingt noch erleben möchtest? Südamerika und die weite Welt locken mich inzwischen nicht mehr. Ich möchte meine Kinder aufwachsen sehen, vielleicht Grossmami werden und wer weiss, vielleicht werde ich ja doch noch irgendwann Hebamme.
Denkst du manchmal an deine frühere Arbeit? Rückblickend denke ich hin und wieder, dass ich meine Arbeit
Foto: Franziska Keller
Von Franziska Keller