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«Ab jetzt geht es nur um Sachpolitik, nicht mehr um Parteipolitik .»

«Ab jetzt geht es nur um Sachpolitik, nicht mehr um  Parteipolitik .» «Ab jetzt geht es nur um Sachpolitik, nicht mehr um  Parteipolitik .»

Herzliche Gratulation. Was ging Ihnen als Erstes durch den Kopf, als das Ergebnis bekannt war? Freude, aber auch Ehrfurcht. 2143 Personen stimmten für mich. Das ist eine ganze Menge. Ich bin beeindruckt. Und dankbar. Sie stiegen als klare Aussenseiterin ins Rennen – und lagen am Schluss relativ deutlich vorn. Worauf führen Sie das zurück? Wir haben es geschafft, jene Leute zu mobilisieren, welche unsere Ansicht teilen, dass der Bezirksrat ausgewogener zusammengesetzt sein und die Bevölkerung besser abbilden soll. Was hat für Sie gesprochen? Wo haben Sie Ihrer Meinung nach gepunktet? Das ist eine schwierige Frage. Ich erhielt von Frauen wie von Männern viele Rückmeldungen, dass ich nicht ins klassische Parteienschema passen würde – und ich könnte mir vorstellen, gerade damit gepunktet zu haben. Und dann denke ich, dass ich auch bei den jüngeren Wählerinnen und Wählern einige Stimmen geholt habe. Wie konnten Sie in Corona-Zeiten überhaupt einen Wahlkampf führen? Wir haben viel gemacht und das ganze Werbe-Spektrum ausgelotet. Und ich bin ganz bewusst «unter die Leute gegangen». Welche Rückmeldungen haben Sie während des Wahlkampfs vor allem wahrgenommen? Sehr oft wurde tatsächlich der frische Wind erwähnt. In mir sahen doch viele Leute ein anderes

Profil …

Wie stark sprach das Thema Frau für Sie?

Aufgrund der Konstellation im Bezirksrat war das wahrscheinlich schon ein kleiner Bonus. Und ich glaube auch, dass ich viele Frauen mobilisieren konnte. Aber eine Frauenwahl war es meiner Einschätzung nach nicht. Es war ein Argument nebst anderen.

Was ändert für Sie beruflich – ab August kommt ein neues, geschätztes Arbeitspensum von 30 bis 40 Prozent auf Sie zu … Ich habe mir meine Kandidatur gut überlegt, mit Arbeitgeber und Familie besprochen. Ich werde mein Arbeitspensum etwas reduzieren, um genügend Zeit für den Bezirksrat zu haben. Sie sind die erste Einsiedler Bezirksrätin der GLP. Was bedeutet das für Ihre Partei? Es ist zudem noch das erste Exekutivamt der GLP im ganzen Kanton! Ein historischer Moment für unsere Partei. Mit Blick auf Einsiedeln: Ich finde es grundsätzlich gut, dass im Bezirksrat alle Ortsparteien vertreten sind. Denn nach dem Wahlkampf geht es im Rathaus hauptsächlich um Sachpolitik, und nicht um Parteipolitik.

Und was ich sonst noch sagen wollte … Das ist eine grosse Sache! Interview: Victor Kälin

Was war der erste Gedanke, als das Resultat bekannt wurde?

Das Rennen war für mich seit einigen Wochen offen. Ich rechnete damit, dass das Resultat in beide Richtungen kippen könnte. Insofern war es für mich keine Überraschung. Der Favorit, der nicht gewählt wurde. Was ist passiert? Ich weiss nicht, ob ich wirklich der Favorit war. Dieses Etikett hängte man mir einfach über. Für mich war immer klar, dass es eine Kopfwahl ist. Trotzdem war ich vorsichtig-optimistisch. Haben Sie im Verlaufe des Wahlkampfs irgendwie gespürt, dass es knapp werden könnte? Der Ausgang war für mich immer offen. Leta Bolli trat als Frau an und ist politisch unbescholten; mir gegenüber wurden jedoch die bekannten Ressentiments laut. Dennoch: Sie haben die stärkste Partei im Rücken, die Empfehlungen der FDP und CVP, ein eindrücklich grosses Unterstützungskomitee … Warum war das alles keine sichere Bank? Es ist nun offensichtlich, dass das alles nicht ausgereicht hat. Natürlich hatte ich die Unterstützung der FDP und der CVP – aber man weiss nie, wie sich die Basis verhält. Bei der SVP haben wir meines Erachtens die Wähler gut mobilisiert. Denken Sie, dass viele Wählerinnen und Wähler einfach etwas anderes wollten – nicht noch mehr vom Gleichen, keine gestandenen Männer, keine Seilschaften. Sondern eben «frischen Wind», wie die GLP auf Eigenwerbung machte?

Vielleicht ist das so.

Ist es eine Frauenwahl?

Das war sicher ein Element. Aber nicht das einzige und somit nicht entscheidend.

Ist es eine Nicht-Lutz-Wahl?

Vielleicht war es so. Allerdings habe ich nur vereinzelt in Leserbriefen gelesen, dass ich als Person nicht wählbar sein soll.

Ist es eine Sensation?

Das würde ich so nicht sagen. Für mich liegt das Ergebnis im erwartbaren Rahmen. Dass Leta Bolli aber 10 Prozent Stimmen mehr macht als ich, ist deutlich. Das finde ich cool für sie. Und das erst noch mit einer Stimmbeteiligung, die «nicht unterirdisch » war. Ich gratuliere Leta und wünsche ihr im Bezirksrat alles Gute.

Wie gross ist die Enttäuschung?

Sie hält sich in Grenzen. Ich bin zu lange in der Politik tätig, um nicht mit Niederlagen umgehen zu können.

Was heisst die Wahl für den Bezirksrat?

Ich bedaure, dass wir die bürgerliche Mehrheit verloren haben. Seit Sonntag finden sich SVP und FDP in der Opposition wieder. Und diese Rolle müssen die beiden Parteien jetzt aber auch einnehmen.

Interview: Victor Kälin

Leta Bolli

«Zehn Prozent mehr Stimmen für Leta Bolli – das finde ich deutlich.»

Roland Lutz

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