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In diesem Jubilar steckt Saft und Energie

In diesem Jubilar steckt Saft und Energie In diesem Jubilar steckt Saft und Energie

Jubiläumskonzert «90 Jour Chilächour Bennau»

Jubiläen – und gar solch hohe – müssen gefeiert werden! Der Bennauer Chilächour, verstärkt mit Gastsängerinnen und -sängern, dem »Lochus Alphorn Quartett », Pater Basil und Madeleine Durrer, boten ein Konzert der Superlative. Der ganze Abend war in drei Teile gegliedert. Zum Ersten gehörte die Einweihung des wieder aufgefundenen und restaurierten Harmoniums. Der zweite Abschnitt galt dem kirchlichen Teil und der Dritte der Gemütlichkeit. Nach der Schluss-«Standing Ovation» wurde das Ganze bei einem Apéro gefeiert.

Schon früh musste in der Kirche Bennau sein, wer einen gewünschten Platz besetzen wollte. Die Leute strömten in hellen Scharen herein, und schon bald musste auf den Kirchenbänken sehr eng zusammengerückt werden, um alle Konzertbesucher aufnehmen zu können. Nicht einmal das reichte, Stühle wurden in den Mittelgang gestellt! Ja, wenn die Kirche auch sonst einmal so rappelvoll wäre … Es zeigte sich erneut, dass auch ein kleiner Verein mit einem tollen Zusammenhalt und einer Dirigentin, die ihre Leute mit Freundlichkeit, aber auch Zielstrebigkeit zu hohen Zielen führt, ausstrahlt und ein grosses Publikum anziehen kann. Und das war an diesem Sonntagabend Heidy Sangiorgio und der Bennauer Chilächour.

In der Wartezeit bis zum Konzert wurden dem Publikum Bilder aus der Vergangenheit des Chores gezeigt. Kleines Instrument besticht mit Charme Mit der «Wilhelm Tell Ouverture» von Rossini, wirkungsvoll dargeboten vom «Alphorn Quartett Lochus », marschierten die Sängerinnen und Sänger in die Kirche vor ein erwartungsvolles Publikum.

Und dann stand ein kleines Instrument im Mittelpunkt, das wiedergefundene und restaurierte Harmonium. Die letzten hundert Jahre wurde es an verschiedenen Orten zwischengelagert. Nach aufwendigen Arbeiten ertönt es wieder sehr schön. Pater Basil weihte es ein und da stand es nun, ganz scheu und bescheiden mitten im Altarraum vor so vielen Leuten. An Heidy Sangiorgio war es nun, das Instrument zum Klingen zu bringen. Mit Bonhoeffer’s «Von guten Mächten» gelang ihr dies sehr eindrücklich. Ein kurzer Walzer mit Kalkant an der Orgel, gespielt von Madeleine Durrer und bedient von Christian Rutz und der «Chilchli Jutz» von Sepp Zihlmann, dargeboten von Orgel und Harmonium, zeigten die Schönheit der Instrumente auf.

Gehörgefällige «Erlenbacher Messe» Den Eingang zur Messe gestaltete der Chor mit dem eindrücklichen Lied «Alle Menschen dieser Welt» von Maierhofer. Das deutsch gesungene Stück bestach mit eindringlichem Text: «Wunderbar, dass jeder Mensch besonders ist.» Ein schöner Einstieg.

Die anschliessende Messe, die «Erlenbacher Messe» von Dr. Aloys Schmitt, ist sehr gehörgefällig. Doch wer ist dieser Dr. Aloys Schmitt? Er wurde 1788 als erster Sohn der Lehrerfamilie Schmitt in Erlenbach/DE geboren. Er erhielt als Jugendlicher im Hause Andre in Offenbach eine gediegene musikalische Ausbildung und wurde als berühmter Pianist vor allem in den nordischen Ländern gefeiert. In späteren Jahren nahm er seinen Wohnsitz in Frankfurt, wo er zahlreiche Messen, Lieder und Kantate schrieb.

Im fortgeschrittenen Alter, gesundheitlich angeschlagen, tauchte er fast jährlich in Erlenbach bei seinem Freund, Lehrer Bardroff auf, um sich «in einer Landschaft, die auf Gemüt und Gesundheit wohltätig durch Frische und Stille des Landlebens wirkt» zu erholen. Für dessen Männerchor «Liederkranz» die heutige «Chorgemeinschaft 1854/1956 Erlenbach am Main» komponierte er im September 1862 in 11 Tagen die «Erlenbacher Missa solemnis».

Das «Kyrie» beeindruckte durch den Wechsel von Sopran und Tenor. Das «Gloria» kam nach rassigem Beginn mit gleichmässigem, erzählerischem Chorgesang daher, mit fulminantem Finale. Das «Sanctus » lebte feierlich, getragen, mit an Tempo aufnehmendem Schluss. Das «Benedictus» war fliessend, mit schönem Chorklang, während das «Agnus Dei» fast entrückt mit verbindendem Orgel spiel mein Ohr entzückte. Erwähnung verdient das «Hosianna mit Coda» von Mawby, gesungen vor dem Sanctus. Das wäre eigentlich ein «Alleluja», wurde aber wegen der Karwoche eben ein «Hosianna». Auch beeindruckend. Der Chor sang die Messe warm mit schönem ausgeglichenem Chorklang unter der Stabführung «ihrer» Heidy Sangiorgio.

«Lochus Alphorn Quartett» stupend sicher Nun war «Lochus» am Zug. Wie die Vier unter Erwin Füchslin musikalische Grenzen des Alphorns verschieben, lässt einen den Atem stocken. Sei es eine «klassische» Melodie, wo man sich beim Klang von Bergen umgeben fühlt, oder beim sehr speziellen und frischen «Happy Birthday» auf den Chor, die Mannen holen ihr Publikum ab! «When the Saints», aus New Orleans nach Bennau transferiert – noch nie so gehört. Louis Armstrong hätte die Vier sicher auf Tournee mitgenommen!

Dass der Chor auch die Gemütlichkeit pflegt, kam in den beiden Vorträgen «Ame schöine Morge» und im «Schwandhütte-Jutz» sehr lebendig rüber. Das war «gelebt intoniert», mitreissend. Der «Andachtsjodler» ist in ganz Deutsch-Europa bekannt, aber sicher nicht in der hier gehörten mit Chor «Lochus» und Harmonium. Am Harmonium hörte man wieder einmal den begnadeten Orgelspieler Pater Basil. Die Wiedergabe war ein schönes Zusammenwirken aller.

Ganz neue Töne brachte «Lochus » mit der Wiedergabe der Eurovisionsmelodie und dem brasilianisch- schweizerisch dargebotenen «Luegid vo Berg und Tal». Der «Tiger Rag» geblasen auf Alpensax, einem eigentlich gefaltenen Alphorn, brachte Dixie in den Kirchenraum.

Und noch einmal brachte der Chor gemütliche Heiterkeit in die Kirche, und zwar mit dem «En Rosouli für’s Chilechörli», nach Pasquale Thibaut, alias Bernd Stallmann. Der beliebte Arrangeur musste sich hier allerdings eine Bennauer Abänderung gefallen lassen. Geschadet hat es nicht! Die Dudelsäcke vergessen gemacht haben fast zum Schluss «Lochus» mit «Amazing Grace». Feierlich, stilvoll, den Kirchenraum ausfüllend.

Nach einem allumfassenden Dank an alle Mitwirkenden verliessen Chor und «Lochus» die Kirche in Richtung Schulhaus: «Mir säget dankä schön». Ein grosses Danke schön ging vom Publikum an sie für das grossartig Gebotene. Beim Abschliessenden Apéro konnte man das Ganze etwas sacken lassen und auf den äusserst vitalen « Neunziger» anstossen: «Wohl bekomms und alles Gute!»

Fotos: Paul Jud


Heidy Sangiorgio am eingeweihten Harmonium.

Das «Lochus Alphorn Quartett» verschob mit seinem Spiel alphornmusikalische Grenzen.

Der Chor unter der Stabführung von Heidy Sangiorgio beeindruckte.

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