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Nicht übermütig werden

Nicht übermütig werden Nicht übermütig werden

Die Schwyzerische Naturforschende Gesellschaft hielt in der Klostermühle ihre 91. GV mit interessanten Referaten

700’000 Tonnen lockeres Material lagen nach dem Felssturz Gwalpeten im Gelände. Das Ereignis vom Juli 2023 wurde chronologisch erfasst. Der Geologe Lukas Inderbitzin war Augenzeuge. Am Samstag hielt er in der alten Klostermühle ein Referat.

Rund fünfzig Mitglieder nahmen an der 91. Generalversammlung der Schwyzerischen Naturforschende Gesellschaft teil (SzNG). Im Jahresbericht erwähnte der Präsident Martin Lüthi, dass die Gesellschaft zu Vernehmlassungen eingeladen wurde, unter anderen zur Hoch-Ybrig-Luftseilbahn Weglosen-Seebli. Im Auftrag des Kantons digitalisiert die Gesellschaft für das Geotope-Inventar geologische Schmuckstücke. In der ers-ten Phase sollen fünfzig Objekte erfasst werden.

Natur-Projekte werden gefördert Im Weiteren stellte der Vorstand einen Antrag zur Forschungsförderung für die nächsten drei Jahre. Dieser wurde einstimmig angenommen. Aus dem bewilligten Fördertopf sollen kleinere Projekte im Zusammenhang mit der Natur im Kanton Schwyz schnell und unbürokratisch unterstützt werden. Pro Jahr stellt die Gesellschaft maximal 8000 Franken zur Verfügung. Die Höhe der jeweiligen Beiträge werden projektbezogen festgelegt. Als Gegenleistung erwartet die SzNG einen Schlussbericht und bei erfolgreichen Projekten einen Vortrag.

Felssturz kam nicht überraschend Zu den zwei angekündigten Referaten versammelten sich viele interessierte Aussenstehende. Mit einem Kurzfilm wurde das Thema «Bergsturz Gwalpeten, Bisistal 2023» eingeleitet. Es gab eine Staubwolke. Danach donnerte das Geröll in Höllentempo talabwärts. 450’000 m³ Material frassen sich durchs Alpgebiet. Die Kamera zitterte. Es war der Älpler Bernhard Gwerder, der diese Live-Aufnahme mach-te. Das Ereignis hat sich angebahnt. Schon 2020 rief er beim Amt für Naturgefahren an und teilte mit: «Äs riegled!» Dank die-ser Aufmerksamkeit konnten die Behörden den Berg mit Drohnen überwachen.

Felssturz ging durch Mark und Bein Lukas Inderbitzin, Leiter Naturgefahren SZ, begleitete die Messungen und Beobachtungen von Anfang an. Sein Bericht war ein hochkarätiger Spannungsbogen mit einem Happy End. Sofortmassnahmen wurden ergriffen, Wanderwege gesperrt, Weiden verlegt, das Älpler-Haus geschlossen. Dann wurden Informationen gesammelt und Satellitendaten ausgewertet. Technische Geräte mit Echtzeitüberwachung wurden eingesetzt. Dann kam am 30. Juli der Alarm vom Älpler: «Er gibt massiv Gas, das dürfte nicht mehr lange gehen!» Am nächsten Morgen um sechs Uhr meldete der Erdbebendienst Erschütterungen im Bisistal. Da waren schon 300’000 Tonnen runtergedonnert. Die Strasse Richtung Sahli wurde gesperrt.

Doch der Schuttkegel verharrte weiter oben. Lukas Inderbitzin sprach vom verrücktesten Erlebnis als Geologe. Sein Fazit: «Wir haben grosses Glück gehabt: Nicht übermütig werden!» Fussabdruck des Reussgletschers Beim Thema von Sarah Kamleitner, ETH Zürich, ging es um «Moränen, Findlinge, Drumlins». Sie bot Einblicke in die Datierung und Rekonstruktion der letzten Eiszeit am Beispiel von Reuss-, Rhein- und Ticino-Toce-Gletscher. Bei ihrer Doktorarbeit stieg sie ins Gelände, wo sie Proben von erratischen Blöcken nahm, um anhand der Veränderungen herauszufinden, wie weit weg diese getragen wurden und wie lange sie schon dort liegen. Auf der Alpensüdseite stiess sie auf besonders viele Findlinge. Von einer Seitenmoräne am Lago Maggiore entnahm sie wertvolle einundvierzig Proben fürs Labor. Der Reussgletscher, mit seinem grossen Verbreitungsareal, hinterliess Fussabdrücke, die den Charakter von Gebieten prägten. Beispiele von Eisrändern, Seiten- und Endmoränen, sind in der Gegend von Mellingen/Birrfeld und im Reusstal zu finden. Durch die Inventarisierung grossflächiger Gebiete können Ausdehnungen und Rückzüge verfolgt werden. Zudem erleichtert sie die Vergleiche mit anderen Gletschern auf der Erde.

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