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«Die Vereinbarkeit von Spitzensport und Ausbildung wollen wir angehen»

«Die Vereinbarkeit von Spitzensport und Ausbildung wollen wir angehen» «Die Vereinbarkeit von Spitzensport und Ausbildung wollen wir angehen»

FRANZ FELDMANN

Der Leiter der Abteilung Sport im Kanton Schwyz, Lars Reichlin, schaut auf das vergangene Sportjahr zurück. Gemeinsames Arbeiten für den Sport sowie das 75-Jahr-Jubiläum von J+S standen im Mittelpunkt. Das Sportjahr 2022 neigt sich langsam, aber sicher seinem Ende entgegen.

Lars Reichlin, wenn Sie auf dieses Jahr zurückblicken, woran haben Sie beim Thema «Sport» besonders Freude? Am meisten freut mich die Zusammenarbeit auf ganz vielen Ebenen in diesem Jahr. Ich stelle fest, dass das Zusammenarbeiten im Sport bei allen Beteiligten absolut da ist. Ich habe das Glück, dass meine Vorgesetzte, die Vorsteherin des Amts für Volksschulen und Sport, sowie der Vorsteher des Bildungsdepartements, Michael Stähli, die Anliegen des Sports voll und ganz unterstützen. Das ist auf keinen Fall selbstverständlich und auch nicht in allen Kantonen so.

Und weiter?

Aber nicht nur auf dieser Ebene spüre ich einen grossen Willen zur Zusammenarbeit, sondern ganz generell im Kanton, sei es im Breiten-, im Leistungssport oder an den Schulen. Gerade bezüglich des Projekts Schneesportförderung war das ein grosses Thema. Da müssen ganz verschiedene Interessen von vielen Beteiligten unter einen Hut gebracht werden. Allen war klar, dass es immer um die Förderung des Sports geht. Ich darf sagen, dass zirka 6000 von 16’000 Schülerinnen und Schülern im Kanton Schwyz vom Angebot eines Schneesporttags profitiert haben. Das ist ja auch nicht so schlecht. Können Sie noch weitere Beispiele nennen?

Wir haben dieses Jahr zum ers-ten Mal ein Sportforum einberufen. Da ging es darum, einerseits viele Akteure aus Vereinen zusammenzubringen, andererseits auch die Behörden oder Sponsoren dabeizuhaben. Das schafft Vertrauen und kurze Wege, was alles dem Sport zugutekommt. Auch da haben alle am gleichen Strang gezogen. So hat kein Podiumsgast auch nur eine Sekunde mit der Zusage gezögert, als wir angefragt hatten. Zum Thema Schneesport, insbesondere Ski alpin, haben unter anderen Franz Heinzer (Abfahrtsweltmeister 1991, Red.), Urs Kryenbühl (Weltcupfahrer), und Bernhard Aregger (Geschäftsführer Swiss-Ski) sofort zugesagt. Dann haben wir für das J+S-Jubiläum Preise für die teilnehmenden Schulen gesucht und Sport-ler aus dem Projekt «Top-Shots» angefragt. So haben zum Beispiel Tanja Hüberli und Linda Indergand sofort ihre Zusage gegeben. Das alles freut mich sehr. Schauen wir die Projekte im Einzelnen an. J+S wurde in diesem Jahr 75 Jahre alt. Eine «Marke», die wohl jeder kennt? Die Vereine machen einen super Job, das sieht man an den Erfolgen unseres Nachwuchses. Ziel war es, in diesem Jahr Jugend+ Sport in der Bevölkerung sichtbar zu machen. Da bin ich mir nicht ganz sicher, ob uns das überall gelungen ist. Es gab Gemeinden, da lief es sehr gut, in anderen weniger. Das ist schade, denn die Vereine wären bereit gewesen, aber die Beteiligung der Bevölkerung war eher gering. Meiner Meinung nach nutzen auch Schulen das Potenzial von Jugend+Sport noch nicht vollständig. Man weiss zwar, dass es J+S gibt, aber es hat beispielsweise noch nicht jede Schule einen J+S-Coach. Noch nicht jedes Skilager ist bei J+S angemeldet, obwohl es viel Geld geben würde. Die Beiträge sind verdoppelt worden. Abschliessend kann ich sagen, dass J+S sehr erfolgreich, aber vielleicht noch zu wenig sichtbar ist. Dann gibt es das Projekt «Top-Shots». Ja, ein Highlight gab es auch für unsere Lernende Jessica Auf der Maur, die an der Leichtathletik- U18-EM in Jerusalem teilnehmen durfte und in der Qualifikation im Stabhochsprung sogar eine persönliche Bestleistung erreichte. Gleichzeitig wurde mir auch wieder die Problematik der Vereinbarkeit Spitzensport und Ausbildung bewusst und vor Augen geführt. Das ist etwas, was wir in Zukunft auch weiterhin angehen wollen. Auf dem schulischen Bildungsweg, vor allem dem gymnasialen, ist das Problem einfacher zu lösen. Aber wer in der Schweiz eine Lehre macht und gleichzeitig zum Spitzensportler heranreift, der hat viele Hindernisse zu überwinden. Das sind Themenfelder, die wir angehen müssen.

Was passiert da?

Wir sind im Kanton Schwyz sehr zufrieden, wie es mit den Sportund Talentklassen läuft, die sind völlig etabliert. Da gibt es nicht viel zu verändern. Wünschenswert wäre eine vermehrte regionale Zusammenarbeit, die auch Sinn macht. Leider setzt uns der Föderalismus bei kantonsübergreifenden Lösungen manchmal Grenzen. Das sehen wir am Standort Pfäffikon ganz deutlich, wo es Anfragen von Schülern aus dem Kanton Zürich und St. Gallen gibt. Aber auch da erfahre ich einen grossen Willen zur Zusammenarbeit. Eine der Herausforderungen, die wir im Kanton Schwyz haben, sind athletenfreundliche Settings bei den Berufslehren. In Graubünden beispielsweise gehen viele Lernende am gleichen Standort in Chur in die Berufsschule. Unsere Berufsschüler sind teilweise auch in anderen Kantonen verteilt. Zudem braucht es sehr viel Good-will vom Arbeitgeber. Bei unserem schweizerischen dualen System von Sport und Ausbildung müssen wir wohl von der Idee vom «Fünfer und Weggli» wegkommen. Eine Lösung ohne Kompromisse für beides, den Sport und gleichzeitig die Ausbildung abzuschliessen, ist sehr herausfordernd. Und sportlich, wie sieht da Ihr Rückblick aus? Wir sind in erster Linie natürlich einmal froh, dass nach zwei schwierigen Jahren alles wieder ohne Auflagen stattfinden konnte. Sportlich haben die Olympischen Spiele mit guten Schwyzer Resultaten stattgefunden. Corinne Suter und Wendy Holdener haben Medaillen geholt. Aber das ist für mich nicht das Einzige, was zählt. Auch in vielen Randsportarten, in vielen Vereinen wird im Kanton Schwyz Grossartiges geleistet. Das darf man nicht vergessen. Und so möchte ich mich nicht auf einzelne Leistungen beschränken.

Lars Reichlin in seinem Büro in Schwyz. Foto: Franz Feldmann

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