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Als Delegationschef Finanzen täglich gefordert

Als Delegationschef Finanzen täglich gefordert Als Delegationschef Finanzen täglich gefordert

Die Wintersession beginnt immer mit den Wahlen der Parlamentspräsidien. Es geht an diesem Tag nicht nur im Bundeshaus, sondern auch vor dem Bundeshaus festlich zu und her.

Den Konfettis ausweichen

Bei der Ankunft im Bahnhof Bern ist es mein Ziel, das Bundeshaus möglichst ohne eine Konfettidusche zu erreichen. Ich nehme deshalb einen längeren Weg in Kauf, damit ich den Menschenmassen ausweichen kann und mit sauberer Kleidung und ohne Konfetti in den Haaren das Bundeshaus betreten kann.

Im Bundeshaus herrscht eine spezielle Stimmung. Es hat viele Trachtenleute und die verschiedenen Weibel von Bund, Kanton und Gemeinden in ihren Kleidern bringen zusätzlich Farbe ins Gebäude. Ein Jugendchor aus dem Bündnerland probt noch seinen Auftritt. Der Gesang hallt wunderbar durch das ganze Bundeshaus. Der grosse Weihnachtsbaum, der vor den steinernen drei grossen Eidgenossen aufgestellt ist, verschönert das Ganze zusätzlich. Dieses Jahr steht der Baum zwar ohne Lichter da, er verbreitet trotzdem eine wohltuend adventliche Stimmung. Die Ratsleitung hat entschieden, we-gen der drohenden Strommangellage den Baum nicht zu beleuchten.

Stehen uns sehr nahe

Mein Kollege Martin Candinas wird mit 181 von 188 Stimmenden glanzvoll zum Nationalratspräsidenten gewählt. Wir beide sind vor elf Jahren ins Parlament gewählt worden. Die ersten vier Jahre waren wir im Ratssaal Sitznachbarn. Seit Jahren sind wir miteinander in der Sicherheitskommission und arbeiten sehr gut zusammen. Wir haben schon viele Tage und Abende miteinander in Bern verbracht und stehen uns sehr nahe. Am Mittwoch findet seine Präsidentenfeier im Bündnerland statt. Mit dem Extrazug zur Feier

Die Ratssitzung wird am Mittwochmorgen um 9.30 Uhr beendet. Kurz vor 10 Uhr fährt der Extrazug von Bern via Brig durch das Goms nach Andermatt und über die Oberalp in die Heimat des Nationalratspräsidenten in die Surselva. Dort findet in der Klosterkirche Disentis eine wunderbare Feier mit Reden, Gesang und Musik statt. Die Klosterkirche ist übervoll, denn viele Einheimische nehmen ebenfalls an der Feier teil. Man spürt die grosse Sympathie, die Martin Candinas in seiner Heimat geniesst.

Am frühen Abend fährt der Extrazug nach Chur weiter, wo in der Stadthalle das Galadinner stattfindet. Auch hier ist die Feier sehr würdig und schön. Das Essen wird von der Hotelfachschule Passugg zubereitet und perfekt serviert. Um 21.30 Uhr ist schlussendlich Abfahrt des Extrazuges ab Chur über Zürich mit Ankunft in Bern um 00.30 Uhr. Die lange Reise hat sich gelohnt. Der Tag wird allen in bester Erinnerung bleiben.

Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag berät der Nationalrat den Voranschlag 2023. Als Delegationschef Finanzen der Mittefraktion bin ich täglich gefordert, im Rat die Haltung der Mittefraktion zu den verschiedenen infrage gestellten Posten zu erklären. Der Bundesrat legt dem Parlament ein ausgeglichenes Budget vor.

Trotzdem gibt es viele Änderungsanträge aus den Polparteien rechts und links. Die SVP beantragt Kürzungen beim Personal, bei der Entwicklungshilfe und beim Asylwesen. Die SP wiederum will genau das Gegenteil, nämlich Erhöhungen dieser Beträge. Die Mitte setzt sich für die Vorlage des Bundesrats ein und lehnt Kürzungen und Erhöhungen ab. Die finanziellen Aussichten des Bundeshaushaltes sind nicht rosig. Daran ist aber nicht unser Finanzminister Ueli Maurer schuld, sondern das Parlament hat in letzter Zeit übertrieben. Es sind gegen fünf Milliarden Franken, die für verschiedenste Bereiche zukünftig ausgegeben werden sollen. Ohne rigorose Sparmassnahmen oder allenfalls zusätzliche Einnahmen ist dies bei Einhaltung der Schuldenbremse nicht finanzierbar. Dies wirkt sich noch nicht auf das Budget 2023 aus. Im 2024 wird es mit Sicherheit schwieriger werden, einen ausgeglichenen Voranschlag zu verabschieden.

Am Donnerstagmittag ist der Voranschlag zu Ende beraten. Der Nationalrat hat im Bereich Landwirtschaft für die Bekämpfung des Wolfs, die Tierzucht und die Vermarktung des Schweizer Weines rund 15 zusätzliche Millionen Franken beschlossen. Nächste Woche wird der Ständerat den Voranschlag beraten. Ich bin gespannt auf die anschliessende Differenzbereinigung.

Keine rosigen Aussichten

Alois Gmür

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