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Auch den leiblichen Vater vor das Gericht gezogen

Eine junge Frau aus der Region Innerschwyz ist erneut als Privatklägerin vor dem Schwyzer Strafgericht gestanden

Eine junge Frau, die vom Freund der Mutter und vom leiblichen Vater sexuell angegangen wurde, begab sich auf juristischen Rachefeldzug.

RUGGERO VERCELLONE

Am 21. Oktober stand eine junge Frau dem Freund und Lebens-partner ihrer Mutter vor dem Schwyzer Strafgericht gegenüber: Sie warf dem heute 47-jährigen Mann vor, an ihr als 13-Jährige in einer Pause beim Heuen sexuelle Handlungen vorgenommen zu haben. Der Beschuldigte wurde mit einer bedingten Geld-strafe bestraft. Er hat der Klägerin einen Schadenersatz von rund 238 Franken sowie eine Genugtuung von 3000 Franken zu bezahlen. Schliesslich hat er Verfahrenskosten von 15’000 Franken sowie der Klägerin eine Prozessentschädigung von 1000 Franken zu entrichten.

Verurteilung wegen Mängel in der Anklage nicht möglich

Drei Wochen später stand die junge Frau aus der Region Innerschwyz erneut als Privatklägerin vor dem Schwyzer Strafgericht. Auf der Anklagebank sass dies-mal ihr leiblicher, heute 46-jähriger Vater: Auch ihm warf die heute über 20-Jährige vor, ihr als Kind mehrmals über den Kleidern über die Brüste gestreichelt zu haben. Diese Handlungen habe ihr Vater ab ihrem fünften Lebensjahr mindestens zehn Mal vorgenommen und sich dabei anzüglich über ihre Brüste geäussert. Im Januar oder Februar 2017 habe ihr der Vater zudem vor dem Fernseher einen Zungenkuss gegeben und ihr über und unter den Kleidern an die Brüste gefasst.

«Ich habe damals wie meinen Körper verlassen und alles erduldet », erzählte sie dem Schwyzer Strafgericht. All dies sei damals passiert, als ihr Vater jeweils Alkohol getrunken habe. Deswegen könne sie heute noch niemanden küssen, der nach Bier stinke.

Der Schwyzer Staatsanwalt forderte für den Vater wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind und einer Abhängigen eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren.

Weil auf dem Handy des Beschuldigten eine Videodatei mit verbotener Pornografie gefunden wurde, beantragte die Anklage auch eine bedingte Geldstrafe. Schliesslich sei der Mann mit einer Busse von 600 Franken zu bestrafen.

Der Vater stritt – ausser dem Pornografievorwurf – alles ab. Sein Verteidiger verlangte einen Freispruch sowie eine Genugtuung von 5000 Franken. Wegen Pornografie könne man seinen Mandanten mit einer bedingten milden Geldstrafe bestrafen. Die Tochter leide unter Erinnerungsfälschungen und unter ganz grossen Fantasievorstellungen.

Das Schwyzer Strafgericht verurteilte den Mann wegen Pornografie mit einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 120 Franken (Probezeit zwei Jahre). Von den anderen Vorwürfen sprach das Gericht den Mann aus formellen Gründen frei. Trotz Freispruch erweise sich der Sachverhalt als spruchreif Die angeklagten mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind (Streicheln der Brüste) habe die Anklage nicht dem Anklagegrundsatz entsprechend vorgehalten. Der grundsätzlich als erstellt zu betrachtende Vorfall vom Januar/Februar 2017 (Zungenkuss vor dem TV) falle mangels Ausnützung eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht unter den angeklagten Straftatbestand. Eine allfällige sexuelle Belästigung falle wegen Verjährung und fehlendem Strafantrag nicht in Betracht.

Trotz Freispruch erweise sich der Sachverhalt als spruchreif, weshalb das Schwyzer Strafgericht dem Vater einen Schadenersatz in der geltend gemachten Höhe von rund 238 Franken und eine Genugtuung von 3000 Franken (statt der geforderten 6000 Franken) aufbürdete. Zudem hat er die Kosten des Verfahrens von über 21’000 Franken zur Hälfte zu tragen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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