Babyfenster füllt Lücke
KOMMENTAR
Vor 20 Jahren ist im Spital Einsiedeln das erste Babyfenster der Schweiz eröffnet worden. 14 Neugeborene wurden seither im Klosterdorf abgegeben. Dahinter steckt ein Verein, der sich gegen Abtreibung positioniert: Die «Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind» ist eine Organisation, die Frauen ein umstrittenes Verfahren anbietet, um eine Abtreibung rückgängig zu machen.
Rechtlich und moralisch ist das Babyfenster umstritten. Es verstösst gegen das Recht auf Kenntnis der Abstammung und verletzt die Pflicht zur Meldung der Geburt. Allerdings könnte ein Verbot des Fensters dazu führen, dass Mütter ihr Baby im Versteckten aussetzen oder abtreiben. Und hier stellt sich denn die Frage, ob eine Rettung des Kindes die rechtlichen Verletzungen nicht aufwiege. Das Babyfenster kann denn getrost als Erfolg bezeichnet werden.
Die Frage stellt sich vielmehr, wieso seit Jahren kein Baby mehr in das Fenster des Spitals Einsiedeln gelegt worden ist. Gut möglich, dass dies auch am Ort der Klappe liegt: Das Fenster liegt bestens einsehbar und überwacht zwischen Notfallstation und Impfzentrum. Anonymität sieht anders aus. Das Spital wäre gut beraten,einen besseren Ort für die Klappe anzubieten:An dem eine verzweifelte Mutter nicht Angst haben muss, beim Abgeben ihres Babys aufzufliegen.
MAGNUS LEIBUNDGUT