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«Viele Vermieter geben die Senkung von sich aus weiter»

«Viele Vermieter geben die Senkung  von sich aus weiter» «Viele Vermieter geben die Senkung  von sich aus weiter»

Der hypothekarische Referenzzinssatz beträgt neu 1,25 Prozent und liegt damit 0,25 Prozentpunkte unterhalb des letztmals publizierten Satzes. Erich Blöchliger, Präsident des Hauseigentümerverbands (HEV) Region Einsiedeln, gibt Auskunft, was die Senkung bedeutet.

MAGNUS LEIBUNDGUT

Was empfehlen Sie den Vermietern im Umgang mit der Senkung des Referenzzinssatzes?

Ich empfehle den Vermietern, ganz objektiv, das heisst aufgrund der Mietzinsbasis, eine Überprüfung nach Obligationenrecht vorzunehmen. Wer hat Anrecht auf eine Senkung des Mietzinses? Nicht alle Mieter haben generell Anrecht auf eine Senkung des Nettomietzinses bei einer Senkung des Referenzzinssatzes – so wie dies Andreas Marty, Arther SP-Kantonsrat und Präsident des Mieterverbands Schwyz, behauptet. Das Obligationenrecht sieht verschiedene Arten von Mietverträgen vor. Ein auf mindestens fünf Jahre abgeschlossener indexierter Mietvertrag oder ein auf mindestens drei Jahre abgeschlossener gestaffelter Mietvertrag richtet sich nicht nach dem Referenzzinssatz.

Gibt es weitere Ausnahmen?

Zudem sind Mietverträge, die dem Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz unterstehen, ebenfalls davon ausgeschlossen, da der Nettomietzins vom Bundesamt für Wohnungswesen festgelegt wird. Unbefristete Mietverträge, zum Beispiel für Wohnräume, richten sich nach den Veränderungen des Referenzzinssatzes, des Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) sowie der allgemeinen Kostensteigerung und haben allenfalls Anrecht auf eine Nettomietzinsanpassung.

Können Vermieter eine Senkung des Begehrens ablehnen? Ja, das können sie. Für die Nettomietzinsanpassung ist nicht nur der Referenzzinssatz massgeblich, sondern weitere relative Kostenfaktoren. So können zum Beispiel im Mietvertrag angebrachte Vorbehalte bezüglich nicht ausgeschöpfter Mietzinsreserven, 40 Prozent der Teuerung gemäss LIK oder die allgemeine Kostensteigerung (Anstieg von Unterhalts- und Verwaltungskosten, Gebühren, Liegenschaftssteuern, Versicherungsprämien und ähnliche Ausgaben, die nicht über die Heizund Nebenkostenabrechnung mit den Mietern abgerechnet werden) verrechnet werden. Was bedeutet das konkret?

Die allgemeine Kostensteigerung soll berücksichtigt werden, da die Unterhaltskosten für Liegenschaften mit den Jahren zunehmen. Bei neueren Liegenschaften bis zehn Jahre wird von einer Kostensteigerung von einem halben Prozent respektive bei Liegenschaften, die älter als zehn Jahre sind, gar von einem Prozent pro Jahr ausgegangen. Durchwegs lohnt es sich, die Kostensteigerung anhand einer Vergleichsrechnung zu berechnen. So wurde bereits mehrfach in der Vergangenheit eine jährliche Kostensteigerung von über 1 Prozent anlässlich einer Schlichtungsverhandlung akzeptiert.

Müssen Vermieter von sich aus die Senkung weitergeben?

Die Mieter haben das Recht, eine Senkung des Mietzinses zu verlangen. Die Vermieter stehen nicht in der Pflicht, von sich aus aktiv zu werden und die Senkung oder Erhöhung des Nettomietzinses weiterzugeben. Viele Vermieter machen das aber von sich aus und freiwillig, das heisst, sie passen den Nettomietzins an.

Gilt der einmal abgemachte Referenzzinssatz grundsätzlich?

Der abgemachte Referenzzinssatz im Mietvertrag respektive die letzte Mietvertragsänderung gilt als Basis für die Berechnung einer Nettomietzinsüberprüfung.

Wie reagieren Vermieter, wenn der Referenzzinssatz erhöht wird? Genau gleich, wie wenn der Referenzzinssatz gesenkt würde: Es gibt Vermieter, die nicht reagieren und den Nettomietzins nicht erhöhen. Andere reagieren auf die Erhöhung des Referenzzinssatzes und erhöhen die Nettomiete dementsprechend. Festzuhalten gilt generell, dass sich die Nettomieten, wie von Mieterorganisationen behauptet, keineswegs in den vergangenen Jahren verdoppelt haben, sondern dass sie moderat angestiegen sind. Was sich verdoppelt hat, sind die Heiz- und Nebenkosten. Welche Konsequenzen hat das vom Bundesrat verordnete Notrecht auf Mietverträge? Der Bundesrat hat erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg Notrecht in Kraft gesetzt. Die durch das Coronavirus ausgelöste Lage und die darauffolgenden Anordnungen durch den Bundesrat sind einschneidend. Sie fordern unsere Bevölkerung, die Wirtschaft und ebenso die Vermieter und Mieter. Gültige Verträge bleiben, soweit das Notrecht nichts anderes vorsieht, bestehen.

Gilt das in jedem Fall?

Dies gilt auch für die vertraglichen Pflichten der Parteien. So bleiben namentlich auch Mietverträge in der Krise weiterhin verbindlich. Dies gilt bei Wohnungs- wie auch bei Geschäftsraum- Mietverträgen. Der Vermieter muss das vertraglich vereinbarte Mietobjekt dem Mieter weiterhin zur Verfügung stellen. Ebenso bleibt die Zahlungspflicht des Mieters für dieses Gebrauchsrecht ungeschmälert bestehen. Was geschieht in Härtefällen?

Der Bundesrat hat Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft und für Härtefälle angekündigt. Infolge von notrechtlich erzwungenen Betriebsbeschränkungen und -verboten wird es durch umsatzabhängige Geschäftsraummieten und Zahlungsausfälle von Mietern auch auf der Vermieterseite zu einschneidenden Einbussen kommen. Der Hauseigentümerverband Schweiz hat deshalb den Bundesrat dazu aufgefordert, bei seinen Unterstützungsmassnahmen insbesondere auch stark betroffene Mieter und Vermieter zu berücksichtigen.

Erich Blöchliger ist Präsident des Hauseigentümerverbands (HEV) Region Einsiedeln. Foto: Victor Kälin

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