Veröffentlicht am

«Panik sieht anders aus»

«Panik sieht anders aus» «Panik sieht anders aus»

Trotz Versorgungsengpässen und so mancher Ungewissheit vor dem Corona-Virus: Die Situation in Einsiedeln wirkt organisiert

Der erste Corona-Virus-Fall ist in der Schweiz diagnostiziert worden. Das führte dazu, dass seit Mittwoch auch in Einsiedeln in den Apotheken keine Hygienemasken und Desinfektionsmittel mehr zu bekommen sind. Das Spital Einsiedeln sieht sich indes gerüstet im Fall einer Epidemie.

WOLFGANG HOLZ

Zurzeit gibt es – Stand: Mittwoch – in Einsiedeln keine Desinfektionsmittel und keine Hygienmasken mehr in den Apotheken. Andere Anbieter aussuchen

«Wir sind seit heute ausverkauft », sagt Judith Robatscher, Geschäftsführerin der Topwell Apotheke Engel. Sprich, es gibt keine Hygieneschutzmasken und keine Desinfektionsmittel mehr zu kaufen. Während der Fasnacht seien noch gewisse Bestände vorhanden gewesen. Doch seit der erste Corona-Virus- Fall im Tessin bekannt geworden sei, gebe es nichts mehr. Wann die Nachbestellungen eintreffen, könne sie noch nicht sagen. «Bei den Desinfektionsmitteln vesuchen wir auf einen anderen Anbieter umzusteigen», meint Robatscher.

Bisher haben sich ihrer Aussage nach die meisten Personen vorbeugend mit Hygienemasken und Desinfektionsmitteln ausgestattet. «Die meisten Kunden wollen gerüstet sein für Flüge und Reisen ins Ausland», so Robatscher. Dringende Fälle gebe es ihres Wissens noch nicht. Sie hat auch nicht den Eindruck, dass die Kunden bisher aus Panik Einkäufe getätigt haben – sondern eher aus Vorsicht. «Panik sieht anders aus.» In den anderen Apotheken in Einsiedeln gleicht sich die Situation. Überall wird versucht, an neue Lieferungen von Hygienemasken und Desinfektionsmitteln zu kommen. Auch in der Paracelsus- Apotheke weiss man nicht genau, wann die nächste Lieferung eintrifft. «Die Situation ändert sich ständig», berichtet die Pharma-Assistentin Rita Noser. Die Versorgungslage sei eben gleich wie bei anderen Epidemien, die hochgepusht werden. «Ich bin noch optimistisch – man muss eben respektvoll mit der augenblicklichen Situation umgehen, nicht jeden umarmen und küssen und sich regelmässig die Hände waschen.» Aufnahmekapazität schwankt

Wie ist eigentlich das Spital Einsiedeln inzwischen für die Aufnahme von Patienten mit Corona- Virus-Ansteckungen gerüstet? Schliesslich war das Klosterdorf im Januar mit einem der ersten Verdachtsfälle landesweit konfrontiert – für den dann Entwarnung gegeben werden konnte.

«Die Aufnahmekapazität von Corona-Virus-Erkrankungen im Spital Einsiedeln hängt immer von der aktuellen Bettenauslastung als auch von der Personalsituation ab», erklärt Kommunikationsverantwortliche Mirjam Panzer. «Grundsätzlich wird bei uns jeder Patient von unseren zuständigen Ärzten individuell beurteilt und dann von Fall zu Fall entschieden.» Ein positiv getesteter Patient mit nur leichten Symptomen könnte beispielsweise wieder ins isolierte häusliche Umfeld entlassen werden. Patienten mit schweren Grippesymptomen würde man dagegen unter strengen Isolationsbedingungen gemäss Richtlinien des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) in der Isolierstation hospitalisieren. «Grundsätzlich können wir festhalten: Am Spital Einsiedeln sind wir sehr gut vorbereitet, sollten wir noch einmal mit Verdachtsfällen auf das Coronavirus konfrontiert werden», sagt Panzer.

Für die Behandlung von Coronavirus- Erkrankten besteht grundsätzlich keine kausale Therapie. «Konkret bedeutet das, die Behandlung ist die gleiche, wie bei der saisonalen Grippe», so Panzer. Da es sich um ein Virus handele, könnten nur die Symptome behandelt werden – und zwar mit fiebersenkenden Medikamenten und genügend Flüssigkeit. «Ebenso könnten wir am Spital Einsiedeln die Patienten beatmen, sollte dies nötig werden», so die Kommunikationsverantwortliche. «Wir verfügen über genügend Masken und Desinfektionsmittel. Zudem haben wir vorausschauend Nachschub bestellt. Wir wären also gerüstet.»

Kein Corona-Fall bis jetzt in Schwyz

Der Kanton Schwyz bereitet sich auf die mögliche weitere Ausbreitung des Coronavirus vor. Ein aus dem Kantonsarzt, der Kantonsapothekerin und Vertretern verschiedener Sicherheitsorganisationen zusammengesetzter Sonderstab Coronavirus hat seine Arbeit bereits vor einigen Tagen aufgenommen. Der Sonderstab orientiert sich bei seiner Arbeit an den Erkenntnissen und den Verhaltensanweisungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). In der Schweiz wurde bisher bei vier Personen das neue Coronavirus nachgewiesen. Im Kanton Schwyz ist bis jetzt kein Fall einer mit dem Coronavirus infizierten Person bekannt. Das Bundesamt für Gesundheit stellt umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung und lanciert heute eine nationale Informationskampagne zu Präventionsmassnahmen und richtigem Verhalten bei Verdachtsfällen. Informationen zum Coronavirus gibt es:

– www.bag-coronavirus.ch – Hotline für die Bevölkerung: 058/463’00’00 – Hotline für Reisende: 058/464’44’88

Nur 19 Fälle mit saisonaler Grippe

Wobei sich seit besagtem Verdachtsfall im Januar kein weiterer Patient mehr mit Corona-Virus- Symptomen im Einsiedler Spital zur Abklärung gemeldet habe. Auch die Zahl der saisonalen Grippefälle, die bislang im Spital Einsiedeln behandelt wurden, scheint überschaubar und die Kapazitäten des Spitals nicht zu belasten. «Alle Patienten, die bei uns in der laufenden Wintersaison mit den klassischen Grippesymptomen wie Husten, Schnupfen und Heiserkeit vorstellig wurden, hat man positiv auf die normale saisonale Grippe des Typs A oder B getestet », gibt Mirjam Panzer Auskunft. Seit dem 1. Januar seien dies bis dato lediglich 19 Fälle gewesen.

Hände mit Seife und Wasser waschen

Der stellvertretende Schwyzer Kantonsarzt Arthur Vogt stuft das Risiko für die Bevölkerung, sich mit dem Corona-Virus anzustecken, als «moderat» ein – analog zu den Äusserungen des Bundesamts für Gesundheit. «In der Schweiz wurde bei einer Person das neue Coronavirus nachgewiesen. Die betroffene Person hat sich in Italien aufgehalten. Die Gesundheitsbehörden verständigen enge Kontaktpersonen. Es ist möglich, dass weitere Erkrankungsfälle auftreten », sagt Vogt. In der Schweiz wurden bisher bei vier Personen das neue Corona-Virus nachgewiesen.

Grundsätzlich gebe es in der gegenwärtigen Situation für die Bevölkerung laut Vogt aber keine spezifischen Empfehlungen – ausser den grundlegenden Hygienemassnahmen. «Man sollte sich die Hände regelmässig mit Wasser und Seife waschen», rät Vogt.

Husten und niesen sollte man in ein Taschentuch und die die Taschentücher nach dem Gebrauch in einem Mülleimer entsorgen – und danach die Hände wieder gründlich mit Wasser und Seife waschen. «Wenn kein Taschentuch zur Verfügung steht, sollte man in die Armbeuge husten und niesen. «Hygienemasken zu tragen, ist im Augenblick », so Vogt, «nicht angebracht – die erwähnten allgemeinen Hygienemassnahmen reichen zur Zeit aus.» Am besten zu Hause bleiben?

Was das Meiden grösserer Veranstaltungen oder Menschenansammlungen betrifft, um sich selbst vor dem Corona-Virus zu schützen beziehungsweise andere nicht damit anzustecken, habe das Bundesamt für Gesundheit keine entsprechenden Einschränkungen in der Schweiz empfohlen. Arthur Vogt: «Beim Corona-Virus gilt der gleiche Grundsatz wie bei einer herkömmlichen Grippe. Solange keine Krankheitssymptome verspürt werden, besteht keine Einschränkung.»

«Man muss respektvoll mit der Situation umgehen, nicht jeden umarmen und küssen und sich regelmässig die Hände waschen.»

Rita Noser, Paracelsus-Apotheke

«Wir wären also gerüstet.»

Mirjam Panzer, Spital Einsiedeln

Hygiene ist extrem wichtig, um Ansteckungen zu verhindern: Die Patientenanweisung innerhalb der Schleuse vor dem Notfallzentrum im Spital Einsiedeln – wo Grippe-Verdachtsfälle untersucht werden. Seit dem Corona-Verdachtsfall im Januar gab es bis jetzt keinen weiteren Fall in Einsiedeln. Fotos: Spital Einsiedeln

Schon am Spitaleingang wird Patienten mit Verdacht auf Grippe oder Corona-Virus der Weg zur Notfallschleuse angezeigt.

Share
LATEST NEWS