«In der Schwyzer Gastronomie muss ein Umdenken stattfinden»
Personal fehlt an allen Ecken und Enden: Die Gastrobranche kämpft mit dem Fachkräftemangel und befindet sich mitten in einem schwierigen Umbruch. Kreativität ist gefragt.
ANDREAS SEEHOLZER
Die Gastrobranche befindet sich in einem strukturellen Wandel. Seit der Pandemie kommen viele Betriebe nur schlep-pend wieder auf Touren. Hinzu kommt ein Fachkräftemangel, wie ihn die Branche noch nie gesehen hat.
Der Präsident von Gastro Schwyz, Marco Heinzer, hat dies selbst erfahren: «Ich habe seit Anfang Jahr eine Küchenhilfe und eine Köchin oder einen Koch EFZ ausgeschrieben – und erhalte nur wenige oder schlechte Bewerbungen. » Seit der Pandemie habe sich einiges geändert.
«Wir hoffen, dass sich die Situation nach den Ferien wieder etwas entspannt, weil dann allenfalls Lehrabgänger, ehemalige Gastromitarbeitende oder Quereinsteiger ins Gastgewerbe kommen.» «Ein Umdenken muss stattfinden» Für Heinzer ist klar: «Die Gastrobranche ist kein Zuckerschlecken. » Viele aus dem Gastrobereich sind in andere Branchen mit festen Arbeitszeiten und höheren Löhnen abgewandert. «Sie haben nun bessere Stellen gefunden in den Spitälern und Heimen. Die haben andere Ressourcen und ein besseres Arbeitsumfeld. » Für den Präsident von Gastro Schwyz ist denn auch klar, dass ein Umdenken in der Branche stattfinden muss, zum Beispiel bei den Öffnungszeiten und der Zimmerstunde, der Schichtarbeit oder Viertagewoche. «Jeder Betrieb muss seinen eigenen Weg finden und diesen mit den Mitarbeitern absprechen.» In seinem Betrieb beispielsweise, dem Landgasthof Seeblick in Gross, arbeiten die Mitarbeitenden vier Tage, dann ha-ben sie drei Tage frei.
Die Nachwirkungen der Pandemie drücken dem Alltag der Wirtinnen und Wirte nach wie vor den Stempel auf. Besonders der anhaltende Fachkräftemangel, der das Tagesgeschäft stark beeinflusst, macht zu schaffen. Denn viele Mitarbeitende haben nach zwei Jahren Pandemie die Branche verlassen, anderweitig einen Job gesucht und so der Gastronomie den Rücken zugekehrt.
Gastro-Unternehmer Sacha Burgert aus Schwyz führt nebst Gastrobetrieben auch die Gastro- Büro GmbH und kennt damit die Personaladministration verschiedener Betriebe. Inserate kosteten, und auch über die sozialen Medien melde sich niemand, sagt Burgert.
«Es läuft sehr viel über den Bekanntenkreis» Burgert hat darum die «Thematik ständig auf dem Radar» und fragt alle Personen aus seinem Umfeld. Er frage Leute, die aus dem Ausland zurückkehren oder gerade das Studium abgeschlossen haben.
«Bei mir läuft sehr viel über den Bekanntenkreis. So konnte ich gerade eine 100-Prozent- Stelle besetzen.» In den Betrieben werde zurzeit sehr viel improvisiert.
Er wisse auch von einem Betrieb, der am Sonntag geschlossen habe, weil sich keine Mitarbeitenden finden lassen. Es gel-te also, reduziert und mit weniger Personal zu arbeiten und auf das Verständnis der Gäste zu hoffen, dass es etwas länger dauern könne. Das Angebot an sich zu reduzieren, bringt laut Burgert nichts, denn «wenn die Küche einmal läuft, bringt eine Reduktion auf der Karte nichts».
«Es gilt, als Arbeitgeber attraktiver zu werden»
Der umtriebige Gastronom André Schöpfer aus Brunnen fasst es zukunftsgerichtet zusammen: «Es gilt, als Arbeitgeber attraktiver zu werden.» Dies sei nicht nur eine Frage des Lohns, «der ist nicht matchentscheidend». Vielmehr seien es die Arbeitszeiten. Die Zimmerstunde sei ein Auslaufmodell und Teilzeitangebote der Weg in die Zukunft. «Wir versuchen, noch mehr auf die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugehen. Dabei gilt es, die Interessen der Kunden, der Unternehmer und des Personals unter einen Hut zu bringen.» Schöpfer ist zusammen mit Aloys von Reding vom Seehotel Waldstätterhof in Brunnen im Schlosshotel Münchenwiler bei Murten und auf der Insel Schwanau engagiert, er führt das Hotel Weisses Rössli in Brunnen, sein Hauptgeschäft ist aber das Catering.
Schöpfer lässt auch für andere Gastronomen kochen, die keine Köche mehr finden. «Für unsere Produktionsküche für das Catering und für andere Gastrobetriebe finden wir Köche. Dies zeigt, dass es um die Arbeitszeiten geht, dass viele an den Wochenenden nicht mehr arbeiten wollen und Zimmerstunden unattraktiv sind.»
Aufbau eines Mitarbeiteraustausches
Weiter ist Schöpfer zusammen mit den Verantwortlichen des «Waldstätterhofs» am Aufbau eines Mitarbeiteraustausches: «Mit dem Austausch von Mitarbeitern zu Stosszeiten können wir die Spitzen brechen und uns gegenseitig unterstützen.» Die Zusammenarbeit zu fin-den, sei wichtig. Der falsche Ansatz sei «Ablösesummen wie beim Fussball zu bezahlen». So einen Vertrag habe er erst kürzlich in den Händen gehalten.
Im schlimmsten Fall komme es dazu, dass das Angebot angepasst werden müsse, «und wir gewisse Dienstleistungen nicht mehr anbieten können ». Dass Öffnungszeiten gekürzt werden müssen, schliesst Schöpfer als letztes Mittel nicht aus.