Homo homini lupus est
KOMMENTAR
MAGNUS LEIBUNDGUT
Der Wolf ist in aller Munde – und er bringt immer Aufregung mit sich. Das Raubtier ist längst zurück in der Schweiz – und spaltet die Gemüter durch und durch. Vor allem bei den Bauern hat er nicht den bes-ten Ruf, weil er sich bisweilen an ihren Schafen und Ziegen vergreift. Bei den Städtern sieht es anders aus: Für diese ist der Wolf ein Symbol der Freiheit, der Ungezähmtheit, der wilden Natur. Aus dem Röstigraben ist längst ein Wolfsgraben geworden, über den sich hinweg Feinde und Freunde des Wolfes gegenseitig bekriegen: Homo homini lupus est.
Tierschutzorganisationen wiederum setzen sich nachhaltig für den Wolf ein, ohne einem romantisierten Bild von der Natur nachzuhangen: Sie setzen sich in einem Kompromiss zusammen mit dem Bauernverband für eine stärkere, auch präventive Regulierung des Wolfes ein.
Die Frage stellt sich, ob es nützt,Wölfe abzuschiessen, die Nutztiere reissen – denn das nächste Tier folgt sogleich. Viel åmehr wären Lösungen anzustreben, die einen umfassenden Herdenschutz garantieren. Dieser ist naturgemäss mit einem Aufwand verbunden, weswegen sich Landwirte dagegen sträuben: Sie berufen sich auf die Tradition, die Tiere ohne Hirten sömmern zu können. Und vergessen dabei, dass es früher Tradition war, dass ein Hirt die Herde begleitete. Seite 8