Zuhören lautet die Devise
Eröffnungsfeier des Schuljahres 2020/2021 der Stiftsschule Einsiedeln in der Klosterkirche
Am Mittwoch war es so weit: Die Stiftsschule nahm nach den Sommerferien das 182. Schuljahr in Angriff – wegen des Coronavirus mit einer Maskentragepflicht für alle. Pater Cyrill Bürgi stellte im Gottesdienst in der Klosterkirche das neue Schuljahr unter das Motto «Zuhören und still sein».
MAGNUS LEIBUNDGUT
Bereits um acht Uhr in der Früh strömte am Mittwoch viel Volk auf dem Klosterplatz in Einsiedeln zusammen: Schliesslich waren es über 600 Leute, darunter Stiftsschüler, Eltern und Lehrer, welche die Eröffnungsfeier in der vollen Klosterkirche besuchten. Insgesamt nehmen 358 Schüler das neue Schuljahr in Angriff, 22 mehr als Vorjahr. Für 87 Schüler war es der erste Schultag an der Stiftsschule Einsiedeln.
Der Gottesdienst wurde von Pater Thomas Fässler und Pater Cyrill Bürgi geleitet, der das neue Schuljahr an der Stiftsschule Einsiedeln unter das Motto «Zuhören und still sein» stellte: Dank Zuhören werde der Mensch offen und aufmerksam. «Wer ein offenes Ohr hat, der ermöglicht schliesslich Begegnungen auf Augenhöhe», sagte Pater Cyrill.
Ein sanftes, leises Säuseln
In der Lesung aus dem Ersten Buch der Könige ging es um Elia, einen biblischen Propheten, der in der Zeit der Könige Ahab und Ahasja im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts vor Christus im Nordreich Israel wirkte. Elia wandert vierzig Tage und vierzig Nächte durch die Wüste – und wird hierbei von einem starken, heftigen Sturm, einem Erdbeben und einem Feuer heimgesucht. Doch der Herr war weder im Sturm, im Erdbeben oder im Feuer zu finden – sondern in einem sanften, leisen Säuseln.
So dürfte Elia in den gewaltigen Naturphänomenen von Sturm, Erdbeben und Feuer durchaus die Macht Gottes erkannt haben. Aber nicht diese, sondern seine behutsame Zuwendung ruft ihn ins Leben zurück, lässt ihn Gottes Gegenwart spüren und macht ihn bereit, seine Resignation zu überwinden und den Auftrag Gottes wieder anzunehmen und auszuführen.
Die Erzählung schildert mit dem Schicksal des Elia eindrücklich einen Gott, der sich nicht nur seinem Volk als Ganzem, sondern auch dem einzelnen Menschen zuwendet und sich um ihn kümmert. «Denn Gott hat grosse Ohren und ist sensibel. Er ist offen für Zwischentöne», sagte Pater Cyrill: Just dies ermögliche Beziehungen.
Nach der Lesung gingen in der Klosterkirche Experimente über die Bühne, die zum Ausdruck brachten, welche Kraft dem Zuhören innewohnt. In einem ersten Experiment wurde aufgezeigt, was passiert, wenn die Menschen einander nicht zuhören: Dann wird ein Dialog zu führen, in dem man einander versteht, vollends unmöglich. Ohne Stille gibts kein Zuhören
In einem zweiten Experiment liess Pater Cyrill ein Geräusch des Raschelns durch den Kirchenraum gleiten. Das Publikum hatte zu erraten, was es war: Es lief ihm das Wasser im Munde zusammen, denn es handelte sich um Schokoladenpapier.
Pater Cyrill stellte aber nicht nur das Zuhören als aktuelles Motto über das neue Schuljahr, sondern auch das Stillsein: «Denn wenn wir nicht still werden können, hören wir den anderen auch nicht.» Zum Singen kamen die Besucher des Gottesdienstes coronabedingt nicht. Hingegen durfte ein «Vater unser» gemeinsam gebetet werden.
In der Stille wurde schliesslich die Eröffnungsfeier beendet – bevor sich die Stiftsschüler auf den Weg in ihre Klassenzimmer beziehungsweise in den Theatersaal zu einer Eröffnungsveranstaltung begaben, an der sie von Johannes Eichrodt, Rektor der Stiftsschule Einsiedeln, begrüsst wurden.
Während der Eröffnungsfeier in der Klosterkirche gilt eine Maskentragepflicht für alle. Fotos: Magnus Leibundgut
Zahlreich finden sich die Stiftsschüler auf dem Klosterplatz ein, um den Gottesdienst in der Klosterkirche zu besuchen.