«Die Schweiz ist ein Land, wie es sich die Kurden wünschen»
In Einsiedeln lebt er schon seit über 30 Jahren. Viele kennen Mehmet Kara von seinem Kebab-Lokal an der Tankstelle. Nun hat der 47-jährige Kurde, der schon seit über zehn Jahren Schweizer ist, ein grosses Imbiss-Café am Bahnhofplatz eröffnet.
WOLFGANG HOLZ
Es war damals eine Odyssee für Mehmet Kara. Als Fünfzehnjähriger flüchtete er mit seinen Eltern und seinen zwei Geschwistern 1987 aus der Osttürkei. «Wir durften nicht unsere kurdische Sprache und Kultur pflegen, ja ich musste deshalb sogar einen türkischen Namen annehmen», erzählt er. Um der staatlichen Unterdrückung zu entkommen, kehrte seine Familie schliesslich wie Tausende andere Kurden seiner Heimat den Rücken, um in der Schweiz Asyl zu suchen. Zwei Monate auf der Flucht
«Wir waren zwei Monate lang durch mehrere Länder unterwegs und mussten dabei zahlreiche Grenzen schwarz überqueren », erinnert sich «Memo», wie sich Mehmet Kara gerne nennt – und wie auch sein neues Imbiss & Café am Einsiedler Bahnhofplatz heisst. Vor einigen Tagen hat er das Selbstbedienungsrestaurant im früheren Café Musfalle eröffnet, das mehrere Monate lang leerstand.
Während er damals auf der Flucht mit seiner Familie zum Teil im Freien übernachten musste und oft Angst hatte – «Die Flucht hätte uns das Leben kosten können» – scheint der sympathische Kurde jetzt endgültig in seiner neuen Heimat Einsiedeln angekommen. Zufrieden sitzt er in seinem neuen Lokal am Tisch und lächelt.
Kein Wunder. Denn eigentlich begann für den heranwachsenden Kurden nach seiner Ankunft in Einsiedeln, wo Verwandte lebten, gleich die nächste Odyssee. «Weil unsere Verwandten nicht wollten, dass wir länger bei ihnen wohnten, mussten wir erst einmal ein neues Zuhause finden », schildert der inzwischen 47-jährige Familienvater von zwei Kindern.
Zunächst logierte er mit seinen Eltern 40 Tage lang im Hotel St. Georg – was damals der Bezirk bezahlt habe. Danach seien sie in dem alten Gebäude in der Schmiedenstrasse 9 sechs Jahre lang untergekommen. Sein Vater arbeitete auf Abbruchbaustellen – und Mehmet wollte eigentlich einen Beruf erlernen. «Doch da wir das selbst hätten finanzieren müssen, aber kein Geld hatten, gab es für mich keine Möglichkeit.» In mehreren Jobs tätig
Doch «Memo» liess sich nicht unterkriegen. Zunächst arbeitete er fünf Jahre in der Küche im Café Tulipan. Dann nahm er Jobs in Fabriken an – in der Plastikherstellung. Und 13 Jahre lang bediente er Kunden als Tankwart der Garage Füchslin – bis er sich schliesslich dazu entschloss, sich selbstständig zu machen. 2016 eröffnete er an der kleinen Tankstelle an der Zürcherstrasse ein Imbiss- Café.
«Da es dort gut lief und langsam eng wurde, habe ich in Einsiedeln nun ein grösseres Lokal gefunden und neu eingerichtet – Memo’s Imbiss & Café», erzählt Mehmet und lächelt. Zu zweit arbeitet er dort. Kebab, Dürüm und noch viel mehr an Leckerem aus der türkisch-kurdischen Küche stehen auf der Menükarte. Das Spezielle an seinem Kebab sei, dass er das Fleisch jeweils nochmals grilliere. Die Saucen seien selbstgemacht.
Kurdische Namen für seine Kinder «Mir gefällt es sehr gut in der Schweiz. Hier bin ich frei und kann leben, wie ich will. Die Schweiz mit seinen vier Sprachen ist ein Land, wie es sich die Kurden wünschen», schwärmt Mehmet.
Seinen beiden Kindern,die in Einsiedeln geboren wurden, konnte er kurdische Namen geben. Seine 19-jährige Tochter heisst Zilan und macht derzeit eine Lehre als Erzieherin, sein 15-jähriger Sohn Agit ist in der Oberstufe. Ehefrau Altun arbeitet als Arzthelferin. Zu seiner früheren kurdischen Heimat hält er Kontakt über die kurdischen Kulturvereine in Zürich und Rapperswil. «Meine Tochter macht kurdischen Volkstanz», sagt «Memo» stolz.
Und wie mundet ihm eigentlich die Schweizer Küche? «Rösti und Bratwurst habe ich sehr gerne», sagt Mehmet Kara und lächelt wieder sanft.
«Rösti und Bratwurst habe ich sehr gerne.»
Mehmet Kara, «Memo’s Imbiss & Café»
Mehmet Kara serviert einen Kebab in seinem neuen Imbiss & Café am Bahnhofplatz. Foto: Wolfgang Holz