«Junge wollen Imker werden und die Welt retten»
Erwin Ochsner, Imker in Einsiedeln, gibt das Bienenzüchten auf. Viele Insekten sind wegen der Varroamilbe eingegangen. Nun transportiert der 71-Jährige mit dem Rollstuhltaxi Behinderte.
MAGNUS LEIBUNDGUT
Wieso beenden Sie Ihre Tätigkeit als Imker am Sihlsee?
Ich bin mit 71 Jahren unterdessen schlicht zu alt, um noch die schweren Arbeiten eines Imkers ausführen zu können. Immerhin sind die Bienenkisten auf den Wanderwagen 50 Kilogramm schwer. War Imker zu werden ein Bubentraum von Ihnen? Bereits mit fünf Jahren habe ich meinem Grossvater beim Bienenzüchten geholfen und bin da also naturgemäss in diese Aufgabe hineingewachsen. Sind Sie oft von Bienen gestochen worden?
Ja, das kam man sagen – und dies trotz eines Imkeranzugs. Ich hatte ursprünglich sogar eine Bienenallergie, die dann aufgrund der vielen Stiche verschwunden ist. Wenn man den Stachel gleich rausnimmt, ist der Schmerz eines Stichs auch nicht allzu gross. An welchen Krankheiten leiden Bienen am Sihlsee? Im Jahr 2000 hatte ich einen Befall mit Sauerbrut. Das war schlimm. Ich musste ganze Bienenvölker abschwefeln und verbrennen lassen. Generell sind hier wie überall die Bienen von der Varroamilbe betroffen. Mit der müssen wir leben, diese Milbe wird nie mehr verschwinden. Sind denn also die Perspektiven für die Imker schlecht? Nicht unbedingt, die Varroamilbe können Imker mit Ameisenund Oxalsäure bekämpfen. Und für Nachwuchs ist gesorgt: Junge Leute interessieren sich sehr für das Imkerwesen, gerade wegen ihrer Umwelt-Gesinnung. Die wollen die Welt retten.
Wie wirken sich Pestizide auf Bienen aus? Die Pestizide im Ackerbau sind Gift für die Bienen. Wenn diese aus den Maisfeldern kommen, sind sie so besoffen, dass sie den Heimweg nicht mehr finden und sterben. Zum Glück gibt es die Trinkwasser-Initiative. Was würde das Aussterben der Bienen für die Natur bedeuten? Obstbauern müssten die Blüten auf ihren Plantagen mit einem Pinsel selber bestäuben. Für die Pflanzen in der Natur hätte das Aussterben der Bienen katastrophale Folgen.
Was müsste unternommen werden, um den Bienen und den Imkern das Überleben zu sichern? Es braucht ein Umdenken in der Landwirtschaft. Bauern sollten die Wiesen weniger und später mähen, damit Blumen wachsen können. Es braucht mehr Magerwiesen. Intensive Landwirtschaft schädigt Flora und Fauna. Haben Sie viel Honig im Klosterdorf verkauft?
Das ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Manchmal sind es kaum hundert Kilogramm, dann wieder bis fünf Tonnen. Ich verkaufe das Pfund zu 15 Franken. Mögen Sie selber vom Honig naschen?
Und wie (lacht)! Und dies, obwohl ich Diabetiker bin. Zucker aus dem Honig wirkt sich eben im Blut anders aus als künstlicher Süssstoff.
Vom Imker zum Rollstuhltaxifahrer: Wie kommt es zu diesem abrupten Berufswechsel?
Ich bin früher Ambulanzwagen im Spital Einsiedeln gefahren. Von daher lag das auf der Hand. Und ganz früher arbeitete ich als Konditor-Confiseur. Wie hat sich das Berufsleben gewandelt in der letzten Zeit? Da hat sich so manches geändert. Das Arbeitsleben ist viel stressiger geworden. Alles muss pressieren heutzutage und schnell gehen. Man hat keine Zeit mehr für gar nichts.
Foto: Magnus Leibundgut Erwin Ochsner
Jahrgang: 1948 Wohnort: Einsiedeln Beruf: Imker Bieneninspektor Rollstuhltaxi Konditor-Confiseur Hobbys: Modelleisenbahn Gärtnern Städtereisen