Vertrauensverlust: Bischof setzt Generalvikar Kopp ab
Die Krise im Bistum Chur spitzt sich zu: Vorgestern Mittwoch hat Interims-Bischof Peter Bürcher den Generalvikar der Urschweiz abgesetzt. Diese protestiert.
VICTOR KÄLIN
«Mit sofortiger Wirkung» Wie Bischof Peter Bürcher am Mittwoch, 18. März, in einem Mailing schreibt, hat das Interview nun Folgen: «Gestützt auf die mir vom Apostolischen Stuhl verliehenen Rechte entziehe ich deshalb mit sofortiger Wirkung Dr. Martin Kopp die Aufgabe des Delegierten des Apostolischen Administrators für die Urschweiz sowie die damit verbundenen Vollmachten, einschliesslich der in dieser Funktion übernommenen Pfarradministraturen, und den Einsitz in diözesanen Gremien und Räten.» Im Interview mit der «NZZ am Sonntag» habe sich Kopp «wertend zur anstehenden Bischofswahl geäussert und ein Eingreifen des Staates begrüsst. Dadurch », so der Churer Bischof, «hat er öffentlich eine Initiative unterstützt, die darauf abzielt, die Freiheit des Apostolischen Stuhls und des Domkapitels bei der Wahl des neuen Bischofs einzuschränken. Durch diese illoyale und gegen meine erwähnte Weisung verstossende Vorgehensweise Das Interview in der «NZZ am Sonntag» war wohl der besagte Tropfen, der das Fass bei Bischof Peter Bürcher in der causa Kopp überlaufen liess: Am 15. März hat sich Martin Kopp, der Generalvikar der Urschweiz, in besagter Zeitung zur Frage der Bischofsnachfolge geäussert. Dies entgegen der bischöflichen Weisung, keine öffentlichen Stellungnahmen abzugeben. Alle Anfragen sollten an den Medienbeauftragten gehen. Zudem hat der Bischof zur Loyalität aufgefordert.
ist jenes Mindestmass an Vertrauen, das notwendig ist, um die Aufgabe eines Delegierten des Apostolischen Administrators ausüben zu können, nicht mehr gegeben.» Dabei soll es sich gemäss Bischof Bürcher «nicht um das erste Vorgehen dieser Art» handeln; worauf er abzielt, wird jedoch nicht erwähnt.
Die Leitung des Büros des Regionalen Generalvikariats Urschweiz ist ab sofort bis zur Amtsübernahme des neuen Bischofs von Chur Pfarrkandidat Peter Camenzind (Schwyz) kommissarisch anvertraut worden. Der Bischof ist «sehr dankbar», dass Camenzind diese Aufgabe übernimmt – zusätzlich zu seinem Amt als Pfarrer von Schwyz. Bestürzung in der Urschweiz
Erwartungsgemäss hat die Absetzung von Generalvikar Martin Kopp in den betroffenen Kantonen zu heftigen Protesten geführt. In einem gemeinsamen Schreiben haben die Vorsitzenden der Römisch-katholischen Landeskirchen der Urschweiz gestern Donnerstag ihrer Bestürzung Ausdruck verliehen.
Dr. Gunthard Orglmeister (Präsident Landeskirche Uri), Werner Inderbitzin (Präsident Kantonalkirche Schwyz), Willi Schmidlin (Präsident Verband der Kirchgemeinden Obwalden) sowie Monika Rebhan Blättler (Präsidentin Landeskirche Nidwalden) protestieren darin gegen die Absetzung von Dr. Martin Kopp als Generalvikar der Urschweiz. «Wir fragen uns, ob sich der Apostolische Administrator Bischof Peter Bürcher bewusst ist, welchen Schaden er der Kirche und dem Bistum, mit diesem Entscheid, zugefügt hat? Statt für Ausgleich zu sorgen, werden neue Gräben aufgeworfen.» «Nichts Unwahres gesagt» Für die Urschweizer Landeskirche ist Martin Kopp «ein hochverdienter und beliebter Kirchenmann, der in unserer Region mit unermesslichem Einsatz für die Kirche gearbeitet hat». Dieser würde nun «auf unchristliche Art abgestraft», weil er mutig seine Meinung zur herrschenden Situation und zum Wahlverfahren im Bistum Chur geäussert habe.
Dr. Martin Kopp habe in seinem Interview in der «NZZ am Sonntag» nichts Unwahres gesagt und lediglich bestätigt, was schon längst bekannt ist: «Nämlich, dass im Bistum Chur nicht Frieden einkehren wird, wenn ein Mann den Bischofsstuhl besteigen sollte, der dem schweizerischen dualen System ablehnend gegenübersteht.» Die Vertreter der Landeskirchen wiederholten in ihrem Schreiben ihre Forderung nach einem Bischof, «mit dem wir zum Wohle des ganzen Bistums vertrauensvoll zusammenarbeiten können». Auch für die Urschweizer Kantonalkirchenvertreter ist unbestritten, «dass die Kurie in Rom mehr aufschreckt, wenn sich Vertreter der politischen Behörde zu Wort melden und ihre Meinung kundtun».
Protest ausgeweitet Ebenfalls gestern Donnerstag hat die Biberbrugger Konferenz offiziell gegen die Absetzung von Martin Kopp protestiert. In einem Schreiben halten sie der katholischen Kirche vor, dass sie «nicht nur ihrem eigenen Kirchenrecht verpflichtet ist, sondern wie alle anderen gesellschaftlichen Kräfte auch staatlichen Gesetzen unterliegt». Und dazu gehören in der Schweiz die staatskirchenrechtlich verfassten kirchlichen Körperschaften. Für die Biberbrugger Konferenz «ist es nicht nur ein Recht der Regierung, beim Heiligen Stuhl darauf hinzuweisen, sondern ihre Pflicht». Mit einer «Einschränkung des Domkapitels und des Heiligen Stuhls bei der Wahl des Bischofs», wie die Bistumsleitung es darstellt, habe das nichts zu tun. «Rom und Domkapitel sind völlig frei, einen geeigneten Kandidaten zu wählen. Er muss nur die staatskirchenrechtlichen Realitäten in unserem Bistum anerkennen.»
«Auf unchristliche Art abgestraft»: Generalvikar Martin Kopp.