Umsätze geraten ins Wanken
Auch in Einsiedeln verzeichnen Betriebe finanzielle Einbussen durch den Coronavirus – vor allem in der Gastronomie und Hotellerie
Der Coronavirus ist nicht nur eine Bedrohung für die Gesundheit. Die Wirtschaft und Gastronomie haben immer mehr unter dem Erreger zu leiden. Auch im Klosterdorf.
WOLFGANG HOLZ
Normalerweise brummt hier über Mittag das Geschäft mit dem Hunger. Doch nun sitzen an den vielen Tischen im Restaurant Tulipan nur vereinzelte Gäste. «Im Schnitt verkaufen wir mittags zwischen 130 und 170 Essen», sagt Pierre Abrahams, Inhaber des wohl belebtesten Einsiedler Restaurants zur Lunchtime. «In der vergangenen Woche hatten wir aber einen Umsatzrückgang von 30 Prozent», verrät der Wirt, der seine Gäste gerne persönlich begrüsst. Grund: der Coronavirus.
Sagts und ein nachdenklicher Zug macht sich in seinem Gesicht bemerkbar. «Auch nachmittags kommen immer weniger Gäste, weil nicht mehr viele Pilger Einsiedeln besuchen», sinniert der 47-Jährige. Abends sei es sehr ruhig. «Wenn das so bleibt, müssen wir schauen, wie es weitergeht», gibt er zu bedenken. «Es ist schon hart: Zuerst die Klosterplatzbaustelle, jetzt der Virus. Wir können nur hoffen, dass die Einheimischen und unsere vielen Stammgäste uns weiterhin die Stange halten.» Ausfälle im Catering-Bereich
Im traditionellen Restaurant Walhalla gegenüber vom Bahnhof spürt man noch keinen Gästerückgang wegen des Coronavirus. «Das ist bei uns noch kein Thema», versichert Inhaber und Seniorchef Heinrich Kälin. Eher das schlechte Wetter. Was die Metzgerei angehe, habe er das Gefühl, dass es derzeit sogar besser laufe. «Man hat den Eindruck, unsere Kunden schätzen es, in diskreterem und kleinerem Rahmen einkaufen zu können », so Kälin. Auf der anderen Seite gebe es im Catering-Bereiche zahlreiche Ausfälle durch Veranstaltungsabsagen zu beklagen. «Das sind rechte Beträge, die da wegfallen.» Öffnungszeiten verkürzt
Im Restaurant St.Georg an der Hauptstrasse im Klosterdorf sind jüngst die Öffnungszeiten des Lokals eingeschränkt worden. Während auf der Internetseite noch Öffnungszeiten von 10 bis 22 Uhr affichiert sind, tönt es am Anrufbeantworter anders: «Wir haben neu von 14 bis 17.30 Uhr geschlossen. Ab 17.30 Uhr nehmen wir gerne ihre Reservationen entgegen.»
Keine Meetings mehr, keine Firmen-Apéros mehr: Auch die Einsiedler Bäckerei Schefer mit rund 150 Mitarbeitern bekommt angesichts des Coronavirus Umsatzrückgänge zu spüren. «Besonders gravierend ist es derzeit bei Firmen mit den Bestellungen von kleinen Meeting-Apéro-Platten: Da haben wir momentan einen Einbruch von rund 50 Prozent zu verzeichnen, weil in vielen Betrieben und Unternehmen sich die Mitarbeiter gar nicht mehr zu Meetings treffen», berichtet Raffael Schefer.
Auch in den Restaurants und Bäckerei- Filialen würde man gegenwärtig bis zu 20 Prozent weniger Gäste und auch in fast allen Produktsegmenten bis zu 20 Prozent Rückgänge verzeichnen: 20 Prozent weniger Brot, 20 Prozent weniger Kaffee. 20 Prozent weniger Mittagsmenüs. «Natürlich fehlen die Touristen.» Auch im «Bären» haben einige Gruppen aktuell ihre Treffen abgesagt. Schefer: «Ich schätze rund 30 Prozent der Anlässe wurden abgesagt. Aber wir konnten auch einen grossen gewinnen, der nicht wie geplant an einem anderen Ort stattfinden konnte.» An die Vorsicht der eigenen Mitarbeiter appelliert Wobei sich Schefer nicht nur Sorgen um ausbleibende Bestellungen und eingebrochene Umsätze durch seine 1000 bis 2000 Kunden macht, sondern auch um Szenarien von Corona-Ansteckungsfällen im eigenen Betrieb. Wenn so etwas eintritt, könnte es sein, dass wir Teile der Produktion oder ganze Filialen schliessen müssten», mag sich der Bäckerei-Besitzer gar nicht vorstellen. Um es nicht so weit kommen zu lassen, habe man an die durch den Umgang mit Lebensmitteln sowieso schon hygienebewussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter appelliert, sich auch im privaten Bereich vorsichtig zu verhalten. «Am besten vorübergehend keine drei Küsschen und keine Umarmungen mehr», sagt Schefer.
007 gibt Forfait Im Einsiedler Kino bereitet das Zurückfahren der Veranstaltungen wegen des Coronavirus bis jetzt noch keine grösseren Probleme. «Selbst mit der neuen Beschränkung auf 150 Personen hatte ich bisher noch keine Probleme, da derzeit kaum 150 Personen denselben Film zur selben Zeit sehen möchten. Ich habe einzig das Gefühl, dass weniger ältere Leute ins Kino kommen», sagt Cineboxx-Inhaber Franz Kälin. Einsiedler Fans des neuen James-Bond-Agentenfilms müssen sich allerdings wie andere auch auf der ganzen Welt bis im November gedulden – der Kinostart wurde bekanntlich wegen des weltweiten Erregers auf den Herbst verschoben.
Hotellerie leidet auch Dagegen harzt es derzeit auch in der Einsiedler Hotellerie bei den Umsätzen aufgrund des Coronavirus. «Wir hatten jüngst vier Absagen von grossen Firmen für drei, vier Tage Seminar inklusive Übernachtung», berichtet Werner Hübscher vom Hotel Drei Könige. Er bestätigt, dass die Umsatzrückgänge im Bereich von 30 Prozent liegen. Auch im Restaurant würden abends derzeit nur wenige zum Essen kommen. «Dabei hatten wir gerade einen sehr guten Abschluss im Januar für Hotel und Restaurant – jetzt ist das wieder weg. Das ist sehr schade.» Noch keine Kurzarbeit Bei den Handwerksbetrieben im Klosterdorf hat sich dagegen der Coronavirus noch nicht so negativ bemerkbar gemacht – folgt man der Einschätzung von Gewerbevereinsprä-sident Carlo Fisch. «Bis jetzt habe ich noch nicht sehr viele Rückmeldungen bekommen», so Fisch. Er habe allerdings gehört, dass so manche unter Zuliefererschwierigkeiten litten. «Ich habe aber auch schon erfahren, dass momentan handkehrum mancher Feinmechanikbetrieb nun plötzlich in die Bresche springen und mehr Aufträge an Land ziehen kann – gerade weil andere ausfallen.» Von Kurzarbeit sei seines Wissens, so Fisch, noch kein Betrieb im Bezirk Einsiedeln betroffen.
Beizen: Andrang noch durchschnittlich, aber … Und wie siehts mit dem Beizen-Besuch im Klosterdorf aus? In der italienischen Sperrzone in Mailand etwa dürfen ja nur noch Bars und Lokale öffnen, die garantieren, dass die Gäste sich mit einem Meter Abstand voneinander aufhalten können. «Momentan habe ich noch keine grossen Rückmeldungen», sagt Damian Bürgi, Co-Präsident von Gastro Einsiedeln, Ybrig und Umgebung. Der Besucherandrang sei bei den kleinen Beizen noch durschnittlich normal, soweit er das einschätzen könne. Die kleineren Betriebe hätten im Augenblick im Vergleich zu den grösseren Gastronomie-Betrieben möglicherweise den Vorteil, dass sich dort keine Massen von Personen aufhalten könnten. «Die Entwicklung mit dem Coronavirus ist sicher schade – man weiss nicht, wie es weitergeht.» Doch eben auch die kleinen Beizen bekommen die Auswirkungen des Corona-Virus zu spüren: «Ja, wir merken das schon», sagt Andrea Schatt vom «Ise Bähnli ». «Vor allem die älteren Gäste kommen plötzlich nicht mehr wie sonst zum Mittagessen und zum Kafi am Nachmittag».
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«Es ist schon hart: Zuerst die Klosterplatzbaustelle, jetzt der Virus.»
Pierre Abrahams, Restaurant Tulipan
«Natürlich fehlen die Touristen.»
Raffael Schefer, Bäckerei
Pierre Abrahams vom «Restaurant Tulipan» am Klosterplatz ist einer von zahlreichen Gastronomen und Beizern, die in Einsiedeln durch den Coronavirus Umsatzeinbussen zu beklagen haben. Foto: Wolfgang Holz