Achthundert Slalomstangen
Nachdem andere Speedfahrerinnen im Weltcup punkten, hat Wendy Holdener auch wieder Lust auf Abfahrt und Super-G
Bansko. Sotschi. Garmisch. Auf dem Weltcup- Programm der Frauen stehen derzeit nur Abfahrt und Super-G. Während die Weltcup-Spitze um Punkte fightet, lässt Allrounderin Wendy Holdener fünf Rennen sausen. Warum?
WOLFGANG HOLZ
Wendy Holdener, der 26-jährige Skistar aus Unteriberg, ist derzeit bei den Weltcup-Rennen, die im Schweizer Fernsehen live übertragen werden, nur in der Werbung zu sehen gewesen. Sie beäugt sorgenvoll und mit ernstem Blick schwindende Gletscherzungen. Auf der Skipiste sucht man sie derzeit vergebens.
«Keine Rennen die nächsten zwei Wochen – jedoch fleissig am Trainieren», ist denn auch auf der Facebook-Seite von Wendy Holdener zu lesen. Dabei gab es in den letzten Weltcup-Rennen eine Menge Weltcup-Punkte zu gewinnen – Weltcup-Punkte, die sie auch gut gebrauchen könnte.
Fünf Rennen in Folge
Doch Wendy Holdener, die Technikerin mit Qualitäten als Allrounderin, die in der Alpinen Kombination ja durchaus sehr erfolgreich Abfahrt fährt, war in Bansko nicht dabei und wird in Russland auch nicht am Start sein. Wendy verzichtet damit auf fünf Weltcup-Rennen in Folge. Auch Mikaela Shiffrin wird die Rennen in Sotschi nicht bestreiten. Im Dezember hat Wendy nicht an den beiden Abfahrten und dem Super-G in Lake Louise teilgenommen. Beim heimischen Super- G in St. Moritz fuhr sie dann mit – und wurde Zwölfte.
In Garmisch wohl mit dabei
Am zweiten Februarwochenende steht nun erneut eine Abfahrt und ein Super-G in Garmisch- Partenkirchen auf dem Programm. Wird Wendy da wieder nicht dabei sein – die nächsten technischen Rennen mit einem Slalom und einem Riesenslalom finden ja erst Mitte Februar in Maribor statt?
«Garmisch-Partenkirchen haben wir auf dem Plan», versichert Kevin Holdener, Bruder und Manager des 26-jährigen Skistars aus Unteriberg, auf Anfrage unserer Zeitung. Will heissen: Man könne davon ausgehen, dass Wendy sowohl die Abfahrt und den Super-G bestreiten werde. Garmisch liege nicht so weit entfernt.
«Intensiv Kondition trainieren» «Die Bedingungen dieses Jahr in Bansko hätten Wendy vielleicht auch gelegen», räumt Kevin Holdener ein. Aber die Trainer haben sich mit Wendy zur Saisonhälfte für die Trainingsstrategie entschieden. «Wendy wollte sich nach den letzten vier anstrengenden Rennen mit dem abschliessenden Riesenslalom und Parallel-Rennen in Sestriere kurz erholen und dann nochmals intensiv Kondition und die technischen Disziplinen trainieren. Dadurch wird sie hoffentlich bestens vorbereitet die zweite Saisonhälfte in Angriff nehmen», erklärt ihr Manager.
Wendy konzentriere sich weiter auf die technischen Disziplinen Slalom und Riesenslalom – in denen sie in dieser Saison bereits Podestplätze herausgefahren habe. Dies sei weiterhin das Ziel. Ein Rang 10 sei für Wendy ein gutes Resultat in einem Speedrennen, jedoch wolle sie Podestplätze erreichen, so Holdener, und mit guten Trainings habe sie in den technischen Disziplinen die grösseren Chancen dazu.
«Rennprogramm ist dicht» «Sie trainiert zurzeit deshalb intensiv und hat letzte Woche in zwei Tagen rund 800 Slalomtore gefahren», sagt Holdener. Trainingstage seien insbesondere für die Technikerinnen enorm wichtig. Und sie könne auf diese Weise «frisch und munter» und mit hoffentlich viel Selbstvertrauen aus den Trainings in der zweiten Saisonhälfte durchstarten.
«Das Rennprogramm im Februar und März ist nämlich sehr dicht. Und vielleicht wird eine der anderen Fahrerinnen plötzlich müde – dann ist Wendy durch ihre Erholungsphase im Vorteil», so Holdener. Nicht zuletzt wolle Wendy natürlich auch noch mitkämpfen um eine Kristallkugel in der Disziplinenwertung – insbesondere in der Alpinen Kombination.
«Richtige Entscheidung« Aber andere Allrounderinnen fahren doch auch regelmässig an möglichst vielen Weltcup- Rennen mit? Ausserdem geht es ja auch noch um die Nationenwertungen, wo Wendy Holdener ein wichtiger Trumpf für die Schweiz ist.
«Es ist kaum eine Athletin alle Rennen gefahren, so machen alle punktuell Pausen und trainieren », erklärt Kevin Holdener. «Für uns war es die richtige Entscheidung, die vielen Reisekilometer nach Lake Louise, Bansko und Sotschi auszulassen und so mehr Zeit für wichtige Trainings aufzubringen. Die letzten Jahre hat Wendy mit einer ähnlichen Saisonplanung unter anderem drei Weltmeistertitel, drei Olympiamedaillen und viele Podestplätze herausgefahren.» Für den Unteriberger Manuel Marty, den Präsidenten des Wendy Holdener Fanclubs, ist es zwar eine «gute Frage», warum Wendy die jüngsten Rennen nicht bestritten hat. «Meiner Meinung nach ist aber die Priorisierung auf die technischen Disziplinen inklusive Kombi zum jetzigen Zeitpunkt ihrer Karriere richtig.» Eine kurze Verschnaufpause mit einigen wichtigen Trainings in den Fokusdisziplinen sei sicherlich taktisch wichtig, damit Wendy Holdener mit vollen Batterien und einigen guten Trainings die zweite Saisonhälfte in Angriff nehmen könne.
«Keine Rennen die nächsten zwei Wochen – jedoch fleissig am Trainieren.»
Wendy Holdener, Facebook
«Vielleicht wird eine der anderen Fahrerinnen plötzlich müde – dann ist Wendy durch ihre Erholungsphase im Vorteil.»
Kevin Holdener, Manager
«Meiner Meinung nach ist die Priorisierung auf die technischen Disziplinen inklusive Kombi zum jetzigen Zeitpunkt ihrer Karriere richtig.»
Manuel Marty, Präsident Wendy Holdener Fanclub
In Garmisch im Super-G und in der Abfahrt ist sie wohl am Start: Wendy Holdener. Foto: ap