Im Schatten der Nachfrage
Die Attraktivität des Taxiservices in Einsiedeln hält sich in Grenzen
Spätnachts mit dem Taxi nach Hause. Oder einen Krankentransport ins Spital Einsiedeln – per Taxi. Offensichtlich ist es nicht immer einfach, in Einsiedeln ein Taxi zu ergattern. Das hat mehrere Gründe.
WOLFGANG HOLZ
«Es ist ein Armutszeugnis für unsere Region, dass es fast ein Ding der Unmöglichkeit ist, ein Taxi zu bestellen – sei es am Tag oder in der Nacht», schimpft eine Einsiedlerin, die anscheinend schon öfters schlechte Erfahrungen mit dem Taxi gemacht hat.
«Wir haben mehr als einmal versucht, am Tag einen Transport ins Spital Einsiedeln zu arrangieren oder per Nacht von A nach B zu kommen – keine Chance! » Wenn man in Einsiedeln ein Taxi brauche, müsse man Taxis von Schindellegi, Wollerau oder Wädenswil anfordern. Das Problem mit Einsiedeln sei dort bekannt, so die erzürnte Kundin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte.
Nur zu zweit unterwegs
Was ist dran an solchen happigen Vorwürfen in Sachen Taxi- Versorgung im und ums Klosterdorf? André Zurbriggen, der das Taxi-Unternehmen André-Taxi in Unteriberg betreibt, sagt klipp und klar: «Wir können nicht alles abdecken!» Er und sein pensionierter Kollege würden von Unteriberg und Schindellegi aus Taxi-Dienste in der Region anbieten. «Wir sind nur zu zweit und fahren sechs Tage in der Woche vom Morgen bis am Abend. Wir müssen ja auch unsere Ruhezeiten einhalten!» Sagts und führt an, dass er wegen Nichteinhaltung der Ruhezeiten von der Polizei schon mit insgesamt 1300 Franken Strafe gebüsst worden sei. «Mal ist mein Partner in den Ferien, mal bin ich in den Ferien», erklärt Zurbriggen. Nicht zuletzt würden so manche Anrufer Fahrten für 10 bis 12 Franken buchen. «Solche Fahrten lohnen sich für uns nur, wenn wir gerade vor Ort sind – denn es gibt ja in Einsiedeln eben auch einen Bus für Kurzstrecken.» Und Taxis würden vom Bezirk eben keine Unterstützung erhalten. Doch Taxis als privates Gewerbe werden eigentlich so gut wie nirgendwo von der öffentlichen Hand subventioniert.
«Die Nachfrage nach Taxis ist in Einsiedeln nicht sehr gross, weil Taxis eben Geld kosten», erklärt der Unteriberger Taxiunternehmer. Wobei man für eine Fahrt von Willerzell nach Einsiedeln rund 25 Franken berappen müsste. In ländlichen Orten selbst würden Taxis sogar erst ganz zuletzt gerufen, wenn ein Fahrdienst nötig sei. «Zuvor fragt man nach einer Mitfahrmöglichkeit in der Familie. Wenn das nicht geht, ruft man bei Freunden an», so Zurbriggen.
Böse Kommentare im Netz Andererseits habe man neulich am 30. Dezember 2019 wegen der vielen Besucher im Hoch-Ybrig die Masse an Taxi-Anfragen gar nicht bewältigen können. Hinterher habe es dann in den sozialen Medien böse Kommentare gehagelt. «Obwohl wir gar nichts für diese Situation konnten», sagt Zurbriggen. Grundsätzlich funktioniere eine Taxifirma erst dann ordentlich, wenn es genügend Fahrgäste gebe – Tag und Nacht –, damit eine Taxiflotte mit mehreren Fahrern, dem Gesetz entsprechend, nach Arbeitszeit und Ruhezeitverordnung eingesetzt werden könne. André Zurbriggen: «Dies ist zurzeit in Einsiedeln und Umgebung nicht möglich!» Eine positive Erfahrung mit dem Taxidienst hatte dagegen neulich eine Rothenthurmerin. Diese war vergangenen Samstag in einer Einsiedler Bar im Ausgang. «Wir verliessen die Bar gegen 1.30 Uhr. Und da uns die Wirtin ein Taxi bestellt hatte, konnten wir mit einem Taxi, das direkt vor dem Lokal wartete, für 60 Franken von Einsiedeln nach Hause fahren», erzählt die Rothenthurmerin, deren Name der Redaktion bekannt ist.
Allerdings – ganz so reibungslos verlief auch dieser Fahrdienst nicht, wie sie im weiteren Gespräch verrät. Denn ursprünglich hatte ein anderer Gast, der ins Gross wollte, das Taxi zuerst gebucht – die Rothenthurmerin musste also erst warten, bis das Taxi aus Gross wieder nach Einsiedeln zurückgekehrt war und sie dann nach Hause chauffierte.
Am Tag fast keine Fahrten Eben doch: Die Nachfrage nach Taxis in Einsiedeln und deren Befriedigung hält sich offenbar stark in Grenzen. Das ist auch anscheinend der Grund, warum das Angebot so begrenzt ist. Das bestätigt Arben Kokale, Taxiunternehmer vom Regio-Taxi Einsiedeln und vom früheren ABC Bahnhof-Taxi.
Er betreibt die beiden Taxi-Stellplätze am Bahnhof und vor der «Waldstatt». Dabei steht sein Taxi vor der «Waldstatt» oft stundenlang still. «Am Tag verdient man mit dem Taxi-Dienst oft kaum mehr als 100 Franken bei ein oder zwei Fahrten», so Kokale. Der Grund für die geringe Nachfrage sei die Konkurrenz durch den Ortsbus, der ja vom Bezirk stark subventioniert werde. Andererseits wollten viele Taxifahrer nur tagsüber arbeiten. Doch das alleine sei eben nicht lohnenswert und würde sich langfristig nicht rentieren. «Deshalb haben viele keine Lust mehr zum Arbeiten und hören auf als Taxifahrer », sagt Kokale.
In der Nacht und am Wochenende sei die Nachfrage nach Taxis dagegen besser. «Ich fahre in der Nacht oft bis zwei, drei Uhr», so Kokale. Zu diesen Zeiten würden dann allerdings auch Taxi- Dienste aus Wollerau, Schindellegi, Wädenswil und Pfäffikon nach Einsiedeln hereindrängen. Kein Wunder. Arben Kokale: «Einsiedeln allein ist für Taxis einfach nicht attraktiv genug.» Viele Anrufe aus Einsiedeln
Ein Taxiservice aus Wädenswil bestätigt: «Wir bekommen schon viele Anrufe von Leuten aus Einsiedeln, die ein Taxi bestellen wollen – aber für Fahrten von 10 bis 15 Franken lohnt es sich für uns nicht, extra nach Einsiedeln hochzufahren.» Anders verhalte es sich natürlich, wenn beispielsweise jemand von Einsiedeln an den Flughafen nach Zürich müsse. «Das machen wir dann schon.»
«Die Nachfrage nach Taxis ist in Einsiedeln nicht sehr gross, weil Taxis eben Geld kosten.»
André Zurbriggen, Taxiunternehmer, Unteriberg
Vereist: Taxis sind offensichtlich nicht ständig nachgefragt in Einsiedeln – selbst auf den Stellplätzen beim Bahnhof nicht.
Foto: Wolfgang Holz