Er kocht aus Leidenschaft
Der junge Einsiedler Gourmetkoch Beat Kälin hat schon viele Erfahrungen am Herd gesammelt
Er hat schon einiges in der Welt gesehen. Und er hat auch schon in zahlreichen Restaurants gearbeitet. Sein Job als Koch macht dem weltoffenen 24-jährigen Einsiedler Beat Kälin viel Spass.
WOLFGANG HOLZ
Unter gefechtsmässigen Bedingungen zu kochen – das macht Beat Kälin nichts aus. Im Gegenteil. Er strahlt die Ruhe selbst aus. Wobei er nach seiner Kochlehre zum ersten Mal doch schon ein bisschen ins Staunen geriet, als er Bratwürste quasi in Battalionsstärke auf den Grill legen musste.
«Für 600 Leute und mehr auf einmal zu kochen, das ist schon eine Herausforderung», blickt der junge Einsiedler auf seine Zeit beim Militär zurück. Dort musste er im Team mit sechs bis acht anderen Köchen zusammen den Hunger seiner Kameraden stillen. Das ist ihm und seinen Kollegen in der Kasernenküche gleich so gut gelungen, dass sie eine Auszeichnung beim Wettbewerb zur «Goldenen Gamelle » erhalten haben.
«Weil unseren Kameraden das Essen, das wir kochten, so gut schmeckte, wurde ich im Ausgang sogar fast immer freigehalten », erzählt Kälin. Damit es allen noch besser schmeckte, rekrutierten die Köche bei ihren Kameraden prompt ein paar Stutz und kauften zusätzliche Gewürze für die Militärküche ein – wo es nur Salz, Pfeffer und Paprika gegeben habe. «Und natürlich Aromat», sagt der junge Koch und grinst.
Noch im «Adler» in Hurden Stress hat der 24-Jährige als Koch auch heute noch in seinem Job. Allerdings steht er inzwischen in edlen Häusern am Herd. Seit zwei Jahren ist er Koch im Gourmet-Restaurant «Adler» in Hurden, einem Traditionslokal zwischen Pfäffikon und Rapperswil. Das Restaurant hat einen Stern im Guide Michelin und 17 Gault Millau-Punkte.
«Hier war ich im ersten Jahr für die kalte Küche zuständig, für alle Vorspeisen», erklärt er und zählt gleich einige feine «Hors d’oeuvres» auf: Tatar, Carpaccio, kalte Suppen, salzige Crèmes, «Amuse bouches», raffinierte Blätterteigkreationen. «Wir arbeiten sehr eng mit der hauseigenen Patisserie zusammen und backen auch unser eigenes Brot», meint Kälin.
Mittlerweile ist er Chef de Partie Entremetier, das heisst für alle Beilagen zuständig. «Ich habe viel gelernt, hier ist es cool. Wir arbeiten zu fünft in der Küche. Zu uns kommen auch viele Gastronomen zum Essen.» Jedoch ist nun am 23. Dezember Schluss. Dann schliesst das Restaurant, weil der neue Besitzer der Immobilie andere Pläne mit dem Haus verfolge.
Neue Stelle hat er schon in der Tasche Doch um eine neue Stelle muss Beat Kälin nicht bangen. Den nächsten Anstellungsvertrag hat er schon in der Tasche. Ab März 2020 wird er im Restaurant Adelboden in Steinen arbeiten – einem weiteren Gourmet- Restaurant, das sogar zwei Michelin-Sterne und 18 Gault Millau-Punkte aufweist. Ob er sich bis dahin in einem Wintersporthotel verpflichtet oder auf Reisen geht, weiss er noch nicht.
«Köche sind enorm gesucht», sagt er selbstbewusst. Dass er in seinem Beruf oft stundenlang in der Küche stehen muss, alles andere als ein Nobel-Salär einstreicht und vor allem auch immer dann arbeiten muss, wenn andere gerade frei haben, macht ihm nichts aus.
«Ich liebe den Stress und ich weiss ja gar nicht, wie es anders ist.» Ausserdem habe er seinen Beruf viel zu gerne. Und wenn er dann mal Freizeit habe und beispielsweise an einem Montag oder Dienstag zum Skifahren gehe, könne er im Gegensatz zu anderen leere Pisten geniessen. «Ich habe nicht das Gefühl, dass ich bis jetzt etwas verpasst habe.»
Macht gerne Reisen: Australien und Kanada
Dabei ist Beat Kälin alles andere als ein Workaholic. In seiner bisherigen Karriere hat er stets Wert gelegt auf eine Work-Life- Balance. Nach seiner Zeit beim Militär verbrachte er beispielsweise drei Monate in Australien. Reisen plus Sprachkurs. «Allerdings war ich unterm Strich wohl ein bisschen mehr auf Reisen », sagts und schwärmt im Nachhinein nochmal vom Tauchen am Great Barrier Reef und vom ersten Fallschirmsprung in seinem Leben – «obwohl ich Höhenangst habe.» Auch nach einer stressigen Wintersaison im Hotel Seehof in Davos vor drei Jahren, als er nicht nur den Hunger von HC Davos-Fans und «WEF-Besuchern » mit Pommes-Portionen im Akkord zu befriedigen hatte – «Ich habe dabei selbst nur noch wie ein Pommes frite gerochen » – suchte Beat Kälin zusammen mit Kollegen das Weite.
Er erholte sich zweieinhalb Monate auf einer Rundreise durch Kanada und die USA. «Abends haben wir auf der Reise oft selbst gekocht, indem wir Fische gefangen und gebraten haben», berichtet der abenteuerlustige Twen, der früher sieben Jahre lang in Jugendmannschaften des FC Einsiedeln kickte. Auf seinen Reisen ist der 24-Jährige auch immer sehr offen gegenüber fremdländischer Küche: «Ich probiere alles.» Aber was isst der junge Koch eigentlich selbst am liebsten? Die Gretchenfrage für jeden Koch. In den letzten Jahren hat der Cuisinier, der zumeist für die Beilagen in der Küche verantwortlich war, in Restaurants in Gstaad («Le Grand Bellevue ») und Pfäffikon («Schiff») schliesslich allerhand Köstlichkeiten auf seiner Zunge zergehen lassen können.
«Eine richtige Lieblingsspeise habe ich nicht – aber ich esse sehr gerne selbstgemachte Pasta wie Ravioli und Cannelloni», bekennt Kälin. Auf der anderen Seite muss man dem Nachwuchs- Gourmetkoch schon einen reifen Geschmack attestieren – mundet ihm ein geschmortes Kalbsbäckchen oder ein gut durchgekochtes Ossobuco doch viel besser als ein saftig gegrilltes Rindsfilet.
Und wie geht’s in Zukunft weiter? Träumt er etwa schon vom eigenen Speiselokal? «Ich plane eigentlich nicht zu weit in die Zukunft», sagt der bodenständig wirkende junge Mann. Irgendwann werde er sicher mal eine Souschef-Stelle antreten. Oder vielleicht sogar mal ein eigenes Restaurant eröffnen. «Aber das ist jetzt noch viel zu früh.» Sagts und lächelt entspannt.
«Weil unseren Kameraden das Essen, das wir kochten, so gut schmeckte, wurde ich im Ausgang sogar fast immer freigehalten.»
Beat Kälin, Koch
«Ich liebe den Stress und ich weiss gar nicht, wie es anders ist.» «Eine richtige Lieblingsspeise habe ich nicht.»
Ihm macht sein Beruf Spass: Jungkoch Beat Kälin beim Herstellen von Nudelteig. Foto: zvg