Beschwerde gegen Tempo 60 wird von Behörden abgeschmettert
Der Bezirk Einsiedeln und das Tiefbauamt lehnen die Verwaltungsbeschwerde von Beda Kälin ab. Der Egger will bekanntlich die Einführung von Tempo 60 entlang des nördlichen Sihlseeufers verhindern.
WOLFGANG HOLZ
Erinnern wir uns: Nicht nur in Egg gingen die Wogen hoch, nachdem der Bezirksrat Einsiedeln und das kantonale Tiefbauamt diesen Sommer beschlossen hatten, auf der nördlichen Sihlseeuferstrasse die bestehende Höchstgeschwindigkeit von 80 Kilometer pro Stunde zu kippen und künftig Tempo 60 einzuführen. Grund: Die Sicherheit auf der kurvigen und unübersichtlichen Strecke soll dadurch insbesondere für den zunehmenden Langsamverkehr erhöht werden. Direkt betroffen von Tempo 60
Gegen diesen Beschluss der Behörden vom 10. Juli beziehungsweise 3. September ging der Egger Holzbauunternehmer Beda Kälin auf die Barrikaden. Er reichte am 25. September bekanntlich eine Verwaltungsbeschwerde ein – die sage und schreibe 876 Personen unterzeichneten.
Kälin argumentierte unter anderem damit, dass er und seine zwölf Mitarbeiter direkt von dieser Temporeduzierung betroffen seien und die beruflichen Fahrzeiten verlängern würden. Zudem verwies er in seiner Beschwerde auf die Unfallstatistik, aus der hervorgehe, dass keiner der in einem Gutachten erwähnten Verkehrsunfälle durch überhöhte Geschwindigkeit verursacht worden sei. Nicht zuletzt würden sich Autofahrer jetzt schon gegen Velofahrer rücksichtsvoll verhalten: Kein einziger Unfall mit Velos sei registriert worden. Ebenso würden die meisten Autofahrer entlang der Badi Roblosen Vernunft walten lassen und dort nicht mit 80 Sachen vorbeibrausen. Kälin forderte deshalb die ersatzlose Aufhebung der Beschlüsse.
Mehr Sicherheit
Doch der Bezirk Einsiedeln und das kantonale Tiefbauamt lehnen die Beschwerde des Eggers jeweils ab. Argumentiert wird dabei vor allem mit dem Gewinn an Sicherheit durch Tempo 60 auf der rund fünf Kilometer langen Strecke von der Staumauer-, Sulzel- bis zur Eggerstrasse. Grund: Die zu geringen Sichtweiten und zu kleinen Kurvenradien für eine Höchstgeschwindigkeit von 80 Kilometer pro Stunde. Und infolge der beabsichtigten Aufwertung der Sihlseeuferstrasse Nord für den Tourismus und die Naherholung «entstehen im Vergleich zum Bestand zusätzliche Sicherheitsbedürfnisse für Fussgänger, Radfahrer und dergleichen», wie es im Fazit des drei Seiten langen Beschlusses des Bezirks in der Beschwerdesache Beda Kälin heisst. Fahrzeitverlängerung minimal
Was die ins Feld geführten Fahrzeitverlängerungen angeht, die bei einer Reduktion der Geschwindigkeit auf Tempo 60 entstehen, sieht der Bezirk Einsiedeln ebenfalls «keine gravierenden Nachteile» für die betroffenen Anstösser. Gemessen wurde eine längere Fahrzeit von 28 Sekunden bei Tempo 60 von Egg nach Einsiedeln sowie von rund 21 Sekunden für die ganze Strecke von Einsiedeln nach Willerzell. Und Lastwagen des Holzbauunternehmens könnten auf der Strecke ohnehin nicht mehr als 60 Kilometer pro Stunde fahren. «Die Verhältnismässigkeit und Zweckmässigkeit der Herabsetzung der signalisierten Geschwindigkeit ist gegeben», so der Bezirk.
Das Tiefbauamt empfiehlt ebenfalls, die Beschwerde zu Tempo 60 «vollumfänglich abzuweisen ». Es braucht für seine Ausführungen allerdings zwei Seiten mehr als der Bezirk Einsiedeln. In seiner Vernehmlassung gibt das Tiefbauamt dem Beschwerdeführer sogar an einigen Stellen recht – widerlegt ihn aber im gleichen Atemzug.
Denn, wie der Beschwerdeführer beispielsweise richtig vorbringe, rechtfertige sich die Geschwindigkeitsreduktion nicht allein aufgrund der Tatsache, dass die heutige zulässige Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Autofahrer nicht vollkommen ausgeschöpft werde. «Das ist korrekt», so das kantonale Tiefbauamt. «Jedoch beweist diese Tatsache ebenfalls, dass die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit keinen starken oder deutlich spürbaren Eingriff in das heutige Fahrverhalten bedeutet. » Zumal die gemessenen Fahrgeschwindigkeiten und die gewünschte Höchstgeschwindigkeit nicht weit auseinanderliegen würden. Wobei das Tiefbauamt an manchen Stellen etwas ins Spekulieren gerät, postuliert die Behörde doch eine «potenzielle Gefahr für gewisse Verkehrsteilnehmer », insbesondere für Velofahrer – bedingt durch Tempo 80. Bei einer künftigen Geschwindigkeit von Tempo 60 würden dagegen viel weniger Lastwagen von Autos überholt werden – was ebenfalls einen zusätzlichen Sicherheitsgewinn bedeute. Nicht zuletzt wäre es laut des kantonalen Tiefbauamts sinnvoll, dass auf der Sihlseeuferstrasse bei der Badi Roblosen in Zukunft höchstenfalls nur noch mit 60 Sachen gefahren werden dürfe – seien dort doch Geschwindigkeiten von 76 bzw. 77 Kilometer pro Stunde gemessen worden.
Beda Kälin nimmt Stellung Es sieht also eher nicht so aus, als ob der Beschwerdeführer noch Recht bekäme. Was sagt Beda Kälin zum Beschluss des Bezirksrats, auf die Beschwerde nicht einzutreten? Und will er seine Beschwerde nun noch weiterziehen?
«Ich sage dazu nicht viel und ziehe die Beschwerde auch nicht weiter», nimmt Beda Kälin gegenüber unserer Zeitung Stellung. Das mit Tempo 60 sei jetzt eine beschlossene Sache, das könne man nicht mehr ändern. Der Beschluss ärgert ihn trotzdem. «Es ist frustrierend, wenn sich rund 900 Personen für die Beibehaltung von Tempo 80 aussprechen, und es dann nichts nützt.» Wobei für Beda Kälin die in seiner Beschwerde angeführten Fahrzeitverlängerungen gar nicht so zentral seien. «Es geht mir nicht um die rund 30 Sekunden mehr, die man dann mit Tempo 60 auf der Strecke länger unterwegs ist. Es ist einfach eine Einschränkung mehr für mündige Bürger – die bestens wissen, wie schnell man verantwortungsbewusst am nördlichen Sihlseeufer fahren soll.» «Hintergedanken» Nicht zuletzt gehe es den Behörden mit der Einführung von Tempo 60 ja vor allem um die bessere touristische Ausnutzung des Sihlseeufers. «Da schwirren ganz andere Hintergedanken durch den Raum», so Kälin. Um den Sihlsee aber touristisch besser zu nutzen, müsste man zwingend die Infrastruktur besser ausbauen, als nur Tempo 60 zu verhängen – in Form von Radwegen entlang des Ufers beispielsweise. Doch das sei eben schwierig wegen des Uferschutzes.
«Es ist frustrierend, wenn sich rund 900 Personen für die Beibehaltung von Tempo 80 aussprechen und es dann nichts nützt.»
Beda Kälin, Beschwerdeführer
Tempo 60 gilt künftig wohl am nördlichen Sihlseeufer – nachdem die Verwaltungsbeschwerde von Beda Kälin und 876 Mitunterzeichnern von Bezirk und Kanton abgewiesen wurde. Foto: Lukas Schumacher