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So lebt es sich mit einem Bundesasylzentrum

So lebt es sich mit einem Bundesasylzentrum So lebt es sich mit einem Bundesasylzentrum

Gegen das geplante Bundesasylzentrum in Goldau regt sich lauter Widerstand. Doch wie lebt es sich damit? Das zeigt ein Beispiel im Kanton Solothurn.

«Das Vorhaben war sehr umstritten. » So schildert Benedikt Meier, Gemeinderat von Deitingen, die Stimmung in seinem Dorf, als 2017 bekannt wurde, dass knapp zwei Kilometer vom Dorfzentrum ein Bundesasylzentrum (BAZ) mit 250 Plätzen entstehen soll. Dieses steht zwar auf Flumenthaler Boden, ist aber gleich neben der Gemeindegrenze zu Deitingen. Zu Fuss sind es rund 15 Minuten bis ins Dorfzentrum. Etwas mehr als 2300 Einwohnerinnen und Einwohner leben hier.

Anwohner und die Gemeinde hatten sich damals bis vor Bundesgericht gegen das Asylzentrum gewehrt. «Eine Bevölkerungsumfrage zeigte, dass man das BAZ grossmehrheitlich nicht wollte», erinnert sich Meier. Kriminalität, Diebstähle, Belästigungen, Wertverlust der Liegenschaften – Ängste wie diese seien in der Bevölkerung vorherrschend gewesen. Nicht gänzlich unbegründet. Mehrheitlich mit dem Zentrum arrangiert Rund zehn Autominuten liegen zwischen Deitingen und der Nachbargemeinde Flumenthal. Auch ennet der Aare gab die Planung des Bundesasylzentrums zu reden. Doch gemäss den Schilderungen von Gemeindepräsident Christoph Heiniger ist das BAZ in der Gemeinde und bei der Bevölkerung nie stark umstritten gewesen. «Dies hängt aber auch damit zusammen, dass das BAZ durch die Aare vom Siedlungsgebiet getrennt ist.» Das Zentrum bietet Platz für 250 Personen. Diese Maximalbelegung wurde in der Vergangenheit regelmässig ausgeschöpft. Zurzeit befinden sich rund 220 Personen im Zentrum. Auch rund 4,5 Jahre nach der Inbetriebnahme wünsche sich die Mehrheit der Bevölkerung, dass es kein BAZ in der Region gäbe, weiss der Deitinger Gemeinderat aus Gesprächen mit der Bevölkerung.

Allerdings seien die Anzahl der Vorkommnisse und Delikte mittlerweile dank eingespielter Zentrumsführung deutlich zurückgegangen. Und trotzdem beantwortet er die Frage, ob es viele Konflikte gebe, mit «Ja». Ein Blick in die Kriminalstatistik der Kantonspolizei Solothurn zeigt, wie sich die Straftaten in der Gemeinde Deitingen in den letzten Jahren entwickelten. Sind für das Jahr 2017 111 Straftaten vermerkt, waren es 2022 deren 153 und 2023 173.

Gemäss dem Flumenthaler Gemeindepräsident Heiniger, welcher auch Mitglied der Begleitgruppe ist, konnten Ängste und Vorurteile abgebaut werden. «Aus meiner Sicht ist dies auch in Deitingen weitestgehend gelungen. Auch durch entsprechende Massnahmen des Staatssekretariats für Migration (SEM).» Dank klarer Regeln und Überführungen ins besondere Bundesasylzentrum bei schweren Verstössen sei die Situation aktuell ruhig. «Wo Menschen auf kleinem Raum zusammenleben, gibt es immer wieder kleinere und grössere Konflikte. Diese sind jedoch in unserer Wohngemeinde nicht direkt spürbar.» Die Erfahrung zeige auch, dass die Anzahl und der Grad der Konflikte nicht zwingend mit der Anzahl Asylsuchenden im BAZ zusammenhänge. Es solle aber nicht verschwiegen werden, dass es im Umfeld des BAZ auch schon zu Problemen – Diebstählen, Pöbeleien et cetera – gekommen sei. «Die Zuweisung kann aber sicher nicht ausschliesslich auf die Bewohner des BAZ gemacht werden.» Doch das Zentrum hat auch Vorteile. «Die Gemeinde muss selber keine Asylbewerber aufnehmen, und das BAZ berücksichtigt das lokale Gewerbe», führt der Deitinger Benedikt Meier aus. Neben der Entlastung beim Aufnahmesoll spricht der Flumenthaler Gemeindepräsident Christoph Heiniger auch die Zusammenarbeit mit dem BAZ im Rahmen der Beschäftigungsprogramme an, beispielsweise im Bereich Littering.

SEM nimmt Sorgen ernst

Der Gemeinderat und Vize-Gemeindepräsident von Deitingen, Benedikt Meier, hat einen direkten Draht zur Zentrumsleitung. Er leitet auch die Begleitgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Kanton und Gemeinden, die er situativ einberuft. «Die Zusammenarbeit mit dem SEM funktioniert grundsätzlich gut», so Meier. Dem pflichtet auch der Präsident der Nachbargemeinde bei. «Aus meiner Optik nimmt das SEM die Sorgen der Gemeinden und Anwohnenden sehr ernst und sucht und findet Lösungen», betont Christoph Heiniger.

«Seit der Inbetriebnahme des Bundesasylzentrums in Flumenthal gibt es für die Polizei Mehraufwände, was die Kontrolltätigkeit im Zentrum selbst und den umliegenden Gemeinden, insbesondere der Gemeinde Deitingen anbelangt», so Chantal Wälchli, Mediensprecherin der Polizei Kanton Solothurn, auf Anfrage. Die Kantonspolizei sei eng im Austausch und in Koordination mit dem Migrationsamt, dem Staatssekretariat für Migration, den Verantwortlichen im BAZ Flumenthal sowie den umliegenden Gemeinden. Die aktuelle Lage und die Entwicklung würden laufend analysiert und wo nötig Massnahmen ergriffen.

Zu den Grundaufträgen der Patrouillen während den Schichtdiensten gehören in der zuständigen «Polizeiregion Mitte» die tägliche Präsenz in der Gemeinde Deitingen und zum Teil Kontrollgänge im BAZ. Die Polizeisprecherin erwähnt zudem, dass das BAZ einen eigenen privaten Sicherheitsdienst hat.

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